· Fachbeitrag · Vertragsarztrecht
BSG: Fallzahlbegrenzung durch HVM bei zahnärztlichen Praxisgemeinschaften zulässig
von RA, FA für MedR Dr. Paul Harneit, CausaConcilio, Rechtsanwälte, Notare, Kiel, www.causaconcilio.de
| Honorarbegrenzungen in Honorarverteilungsmaßstäben (HVM) sind zulässig, wenn sie Mehrfacheinlesungen von Krankenversicherungskarten innerhalb einer zahnärztlichen Praxisgemeinschaft betreffen. Dies hat das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 27. Juni 2012 (Az. B 6 KA 37/11 R, Abruf-Nr. 123590 ) entschieden. |
Der Fall
Der Kläger war Zahnarzt in einer Praxisgemeinschaft mit mehreren Zahnärzten sowie einem Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen. Der HVM der Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV) sah eine fallzahlabhängige Honorarverteilung vor; bei einer Praxisgemeinschaft wurde die Fallzahl auf maximal fünf Prozent der Gesamtfallzahl der jeweiligen Praxis begrenzt, wenn ein Patient im selben Quartal auch in einer anderen Praxis der Praxisgemeinschaft behandelt wurde. Überschreitungsfälle wurden nur mit dem Faktor 0,5 berücksichtigt. Diese Toleranzgrenze von fünf Prozent sollte Doppeleinlesungen von Krankenversicherungskarten aus Vertretungen oder Überweisungen innerhalb der Praxisgemeinschaft abgelten. Wegen dieser Regel kürzte die KZV das Honorar des Zahnarztes für 2005 um rund 15.000 Euro.
Die Entscheidung
Das BSG wies die Klage ab und gab der KZV recht: Die Kürzung des Honorars sei zu Recht erfolgt. Nach Auffassung der Richter verstößt die Regelung im HVM weder gegen den Grundsatz der leistungsproportionalen Verteilung, noch gegen das Prinzip der Honorarverteilungsgerechtigkeit. Nach der im HVM festgelegten Honorarverteilung kommt der Fallzahl erhebliche Bedeutung zu, weil jeder Praxis rechnerisch ein Punktzahlvolumen pro Fall zur Verfügung steht. Eine Fallzahlsteigerung kann jedoch nicht nur durch neue Patienten erfolgen, sondern auch durch die Aufspaltung eines Behandlungsfalles, wie dies bei der Behandlung eines Patienten in mehreren Praxen innerhalb eines Quartals der Fall ist. Die Kooperationsform der Praxisgemeinschaft gibt in besonderem Maße Gelegenheit hierzu.
Wegen der rechtlichen Selbstständigkeit der einzelnen Praxen wird dadurch die Fallzahl jeder Praxis erhöht, ohne dass die Zahl der insgesamt behandelten Patienten und deren Behandlungsbedarf steigen. Die Gefahr einer solchen Fallzahlvermehrung ist nur bei Praxisgemeinschaften gegeben, weil nur bei ihnen die räumlich und organisatorisch verbundene Personenmehrheit auch mit einer Mehrheit der abrechnenden Praxen korreliert. Zur Begrenzung einer solchen organisationsbedingten Fallzahlsteigerung ist die im HVM geregelte Toleranzgrenze von nur fünf Prozent der Überschneidungsfälle nicht zu beanstanden, weil im zahnärztlichen Bereich Überweisungen, etwa an Kieferchirurgen, verhältnismäßig selten sind.