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  • · Wettbewerbsrecht

    Aligner-Behandlung: Vorsicht bei der Werbung mit unverbindlichen Beratungen!

    Bild: ©Andrey Popov - adobe.stock.com

    von RA, FA für MedR und Zahnarzt Dr. Stefan Droste, LL.M., Kanzlei am Ärztehaus, Münster, kanzlei-am-aerztehaus.de

    | Werbung auf einer Praxiswebsite für eine kostenlose bzw. unverbindliche Beratung zur Korrektur von Zahnfehlstellungen mittels Aligner ist dann unzulässig, wenn der Werbeempfänger von einer individuellen Beratung zur kieferorthopädischen Behandlung ausgehen darf und die Werbung damit über eine Beratung zur Beantwortung ganz grundsätzlicher (Kosten-)Fragen hinausgeht (Verwaltungsgericht [VG] Münster, Urteil vom 03.03.2022, Az. 5 K 3488/21). |

     

    Der Fall

    Die zuständige Zahnärztekammer untersagte einer zahnärztlichen Gemeinschaftspraxis die Werbung auf ihrer Homepage zu einer unverbindlichen und kostenlosen individuellen Beratung zur Korrektur von Zahnfehlstellungen mittels Aligner. Die Anfertigung einer Sofortsimulation des zukünftigen Ergebnisses wurde in diesem Zuge direkt mitbeworben. Nach Ansicht der Kammer handelte es sich um eine anpreisende und irreführende Werbung, die berufsrechtswidrig ist. Das gerichtliche Vorgehen der Gemeinschaftspraxis gegen die Untersagung bliebt ohne Erfolg.

     

    Die Entscheidung

    Das Gericht war der Meinung, dass aus dem Kontext der Internetwerbung ein Angebot einer individuellen Beratung hervorgeht, das weit über eine reine Beantwortung ganz grundsätzlicher (Kosten-)Fragen hinausgeht. Ein Patient verstehe die Werbung dahin gehend, dass die „unverbindliche Beratung“ die umfassende Erklärung seiner individuellen Behandlung mit der Aligner-Therapie enthalte. Er erwarte eine umfassende, mit einer zumindest groben Untersuchung und Befunderhebung einhergehende, individuelle zahnärztliche Beratung. Auch der Einwand der Praxis, dass der behandelnde Zahnarzt den Patienten vor Beginn der Behandlung im Rahmen seiner Pflicht zur wirtschaftlichen Aufklärung nach § 630c Abs. 3 BGB informieren müsse, wies das Gericht zurück. Bei dieser wirtschaftlichen Informationspflicht handele es sich nicht um eine ‒ ggf. kostenlose ‒ vorvertragliche Verpflichtung des behandelnden Arztes, sondern um eine vertragliche Nebenpflicht hinsichtlich der konkret ins Auge gefassten Behandlung im Rahmen des durch den Behandlungsvertrag gegründeten Behandlungsverhältnisses. Es handelt sich nicht lediglich um eine rein kosmetische zahnärztliche Behandlung, sondern um kieferorthopädische Leistungen, die nach der GOZ bzw. dem BEMA angemessen zu vergüten sind.

     

    FAZIT | Trotz der vorangeschrittenen und weiter voranschreitenden Liberalisierung des zahnärztlichen Werberechts verdeutlicht die vorliegende Entscheidung auch deren Grenzen. Kostenlose Beratungen, die individuelle Untersuchungen und Befundungen voraussetzen und über die Beantwortung allgemeiner grundsätzlicher Fragen hinausgehen, sind unzulässig. Geplante Werbeauftritte sollten juristisch geprüft werden, um Fallstricke zu vermeiden.

     
    Quelle: Ausgabe 04 / 2022 | Seite 2 | ID 48087689