Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Zahnarzthaftung

    Wann kann der Zahnarzt die Herausgabe einer misslungenen Prothese verlangen?

    von Rechtsanwalt und Notar Frank Ihde, Rechtsanwälte lhde & Coll., Hannover, www.ihde-coll.de 

    | Weist der Patient nach, dass die vom Zahnarzt eingegliederte prothetische Arbeit für ihn komplett wertlos ist, hat er die Wahl: Er kann entweder den von ihm geleisteten Eigenanteil vom Zahnarzt zurückverlangen oder aber die gesamten (und notwendigen!) Kosten des Nachbehandlers geltend machen - soweit sie seinen Eigenanteil übersteigen. Manche Zahnärzte argwöhnen nun, der Patient nutze die alte Arbeit trotzdem weiter und stecke sich den zurückgeforderten Eigenanteil in die eigene Tasche. Kann also der Zahnarzt verlangen, dass der Patient die Prothese herausgibt? |

    Der rechtliche Hintergrund

    Darf der Zahnarzt dem Patienten seinen Ersatzanspruch solange verweigern, bis er von ihm die Prothese zurückerhält? Zur Erinnerung: Der Eingliederung prothetischer Arbeiten liegt nach herrschender Meinung Dienstvertragsrecht - und nicht Werkvertragsrecht - zugrunde. Die entsprechenden Regelungen finden sich in den §§ 611 ff. BGB. Dort ist die Frage der Rückgabe des Materials allerdings nicht geregelt.

     

    Der geschilderte Ersatzanspruch des Patienten beruht auf einem Schadenersatzanspruch. Voraussetzung hierfür ist ein Behandlungsfehler des Zahnarztes, der seine Arbeit komplett wertlos macht. Das Schadenersatzrecht selbst ist ebenfalls im BGB - in den §§ 249 ff. - geregelt. Aber auch dort steht nichts zur Frage, ob derjenige, der Schadenersatz leisten muss, auch einen Anspruch auf Rückgabe des von ihm selbst eingegliederten Materials hat.

    Die Lösung der Frage

    Die Lösung unserer Frage richtet sich nach der Rechtsfigur der sogenannten Vorteilsausgleichung. Hat danach das schädigende Ereignis (hier: die fehlerhafte Eingliederung von Zahnersatz) auch Vorteile gebracht, sind diese 
vom Geschädigten auszugleichen. Voraussetzung: Zwischen schädigendem Ereignis und dem Vorteil besteht ein adäquater Kausalzusammenhang. Im vorliegenden Fall liegt ein solcher unzweifelhaft vor: Ohne die fehlerhafte Arbeit des Zahnarztes hätte der Patient den Vorteil des Ersatzanspruchs nicht geltend machen können. Auch die weitere Voraussetzung, dass nämlich die Ausgleichspflicht - also die Rückgabe der Prothese - den Schädiger (Patienten) nicht unzumutbar belastet, ist vorliegend gegeben.

     

    FAZIT |  Die Rechnung des nachbehandelnden Zahnarztes muss der ursprünglich behandelnde Zahnarzt erst dann begleichen, wenn der Patient ihm die alte Arbeit herausgegeben hat, also wenn die alte Prothese ausgegliedert ist.

    Quelle: Ausgabe 10 / 2013 | Seite 16 | ID 42315434