· Fachbeitrag · Steuergestaltung
Die Schenkungsteuerreform steht kurz bevor - lohnt sich kurzfristiges Handeln?
von Steuerberater Björn Ziegler, Kanzlei LZS Steuerberater, Würzburg
| Die Schenkung- und Erbschaftsteuer ist ein hoch umstrittenes Thema. Bis 30. Juni dieses Jahres muss der Gesetzgeber seine Reform aus dem Jahr 2009 nochmals nachbessern - und ist, wie so oft, spät dran. Über die Folgen ergebnislosen Fristablaufs wird bereits diskutiert. Es zeichnet sich ab, dass bei Vorliegen bestimmter Konstellationen kurfristiges Handeln angezeigt sein kann. |
Schenkung- und Erbschaftsteuer - das Grundprinzip
Die Schenkungsteuer und die Erbschaftsteuer sind thematisch dasselbe und unterscheiden sich fast nur im Anlass der Vermögensübertragung. Es gibt das „Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz“ (kurz ErbStG), das die Besteuerung regelt, und das Bewertungsgesetz (BewG), das Vorschriften zur Wertfindung für das übertragene Vermögen enthält. Es legt die Bemessungsgrundlage für die Steuer fest. Wie viel Steuer anfällt, hängt vom Wert der Übertragung und vom Verwandtschaftsgrad ab, nach dem sich der persönliche Freibetrag und der Steuersatz richten. Konkret gelten aktuell folgende steuerlichen Freibeträge für Schenkungen und Erbschaften:
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1. Ehegatten und Lebenspartner | 500.000 Euro |
2. Kinder und Enkel, deren Eltern schon verstorben sind | 400.000 Euro |
3. Enkel, wenn deren Eltern noch leben | 200.000 Euro |
4. Eltern (nur im Erbfall) | 100.000 Euro |
5. Schwiegerkinder und alle anderen mit Wohnsitz im Inland | 20.000 Euro |
Für den Ehepartner und die Kinder gibt es darüber hinaus im Erbfall noch einen Versorgungsfreibetrag.
Aktuelle Steuerbefreiungen
Ziel der Generationennachfolge im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht ist es immer, so wenig Erbschaft- und Schenkungsteuer wie möglich auszulösen. Dabei hilft, dass bestimmtes Vermögen ggf. mit einem stark reduzierten Wert oder gar nicht in die Steuerbemessung einfließt, wenn eine Steuerbefreiung greift. Befreit sind insbesondere z. B. der Zugewinnausgleich des Ehepartners, ein Großteil des Hausrats, Teile des beweglichen Vermögens (z. B. Kfz), das Familienwohnheim bei Weiternutzung sowie - unter bestimmten Voraussetzungen - große Teile des Betriebsvermögens wie z. B. der Zahnarztpraxis.
Für das steuerliche Betriebsvermögen hat das ErbStG eine sehr weitreichende Steuerbefreiung in petto. Diese ist an verschiedene Voraussetzungen geknüpft:
- Im Betriebsvermögen darf sich nur bedingt sogenanntes Verwaltungsvermögen befinden, das für die Praxis nicht benötigt wird (z. B. Kunstgegenstände, sehr hohe Finanzmittel).
- Die übertragene Praxis oder der Anteil daran muss vom Übernehmer einige Jahre behalten werden (sog. Behaltefrist).
- Die Personalkosten dürfen nicht nennenswert zurückgehen. Das wird geprüft, indem die Personalkosten (genau: die Lohnsumme) während der Behaltefrist dem gegenüber gestellt werden, was im Durchschnitt der letzten fünf Jahre vor der Schenkung angefallen ist.
Für das Betriebsvermögen gibt es aktuell zwei Modelle:
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Regelverschonung - von Amts wegen | Optionsverschonung - auf Antrag |
Voraussetzungen | Voraussetzungen |
Die Praxis oder der Anteil muss fünf Jahre fortgeführt werden. | Die Praxis oder der Anteil muss sieben Jahre fortgeführt werden. |
In diesen fünf Jahren müssen sich die Personalkosten (genau: die Lohnsumme) insgesamt auf mindestens 400 % der durchschnittlichen Jahreslohnsumme vor der Übertragung belaufen. | In diesen sieben Jahren müssen sich die Personalkosten (genau: die Lohnsumme) insgesamt auf mindestens 700 % der durchschnittlichen Jahreslohnsumme vor der Übertragung belaufen. |
Es sind höchstens 50 % Verwaltungsvermögen vorhanden | Es sind höchstens 10 % Verwaltungsvermögen vorhanden |
Steuerbefreiung | Steuerbefreiung |
85 % des errechneten Werts der Praxis und auf den Rest bis zu 150.000 Euro zusätzlichen Abschlag | 100 % des errechneten Werts der Praxis |
Wird die Lohnsumme unterschritten oder die Praxis bzw. der Anteil vor Ablauf der Behaltefrist verkauft, entfällt die Steuerbefreiung teilweise.
Die Planungen des Gesetzgebers - und die Konsequenzen
Die wohl gravierendste Änderung durch die Erbschaftsteuerreform betrifft die Lohnsummenregelung. Diese gilt aktuell nur für Praxen mit mehr als 20 Mitarbeitern. Dazu zählen mindestens bis zur Reform auch Auszubildende, Langzeiterkrankte sowie Angestellte in Mutterschutz oder Elternzeit. Zukünftig wird die Lohnsumme schon ab 3, vielleicht auch ab 5 Arbeitnehmern zu überwachen sein. Die meisten Zahnarztpraxen werden daher zukünftig von der Lohnsummenklausel betroffen sein. Das erschwert es, die Begünstigungen für das steuerliche Betriebsvermögen in Anspruch zu nehmen.
PRAXISHINWEIS | Haben Sie die Praxisübertragung schon in Planung und droht Ihnen nach der Reform die Lohnsummenklausel, könnten Sie der Gesetzesänderung zuvorkommen. Es zählt nach derzeit herrschender Meinung der Übertragungsstichtag. Wenn beispielsweise Ihr Kind, das in die Praxis einsteigt, in der Vergangenheit auf der Lohnliste stand, ist der Rückschritt in den Personalkosten vorprogrammiert und die Lohnsumme würde zum Problem. Sie sollten daher prüfen lassen, ob eine geplante Beteiligung Ihres Kindes an der Praxis oder gar die gesamte Übergabe noch kurzfristig erfolgen sollte. Unabhängig von der Reform sollten Sie Ihren Steuerberater kontaktieren, wenn Sie über sogenannte Oderkonten mit Ihrem Ehepartner verfügen. Denn hier lösen Geldtransfers ohne gesonderte Zusatzvereinbarung ungewollt den Verbrauch der oben beschriebenen Freibeträge zwischen den Ehegatten aus. |