· Fachbeitrag · Craniomandibuläre Dysfunktion
CMD: Wie ist die schmerzbezogene psychosoziale Diagnostik (Achse-II) ?
| Bei persistierenden Schmerzen ist es erforderlich, das Ausmaß psychosozialer Belastungen der Patienten zu erfassen. Vier für diesen Zweck empfehlenswerte deutschsprachige Filterfragebögen werden in diesem Beitrag vorgestellt. |
Zweiachsiges Diagnose-System bei CMD
Bei chronifizierten CMD-Schmerzen sind aufwendige Untersuchungen notwendig, sowohl auf somatischer als auch auf psychosozialer Ebene. Das Screening mit speziellen Fragebögen ist aber zeitökonomisch und zuverlässig. Diese lassen sich ohne Mühe in den zahnärztlichen Praxisablauf integrieren.
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ACHSE I: Somatische Diagnosen
Bereich I: Schmerzhafte Beschwerden im Bereich der Kaumuskulatur
Bereich II: Anteriore Verlagerung des Discus articularis
Bereich III: Arthralgie, aktivierte Arthrose, Arthrose
ACHSE II: Schmerzbezogene psychosoziale Diagnostik
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* nach: Research Diagnostic Criteria for Temporomandibular Disorders (RDC/TMD)
Als Achse I wird bei den „Research Diagnostic Criteria for Temporomandibular Disorders (RDC/TMD)“ die somatische Ebene definiert, bei der Schmerz anhand seiner Intensität, seiner Qualität und den klinischen Befunden beschrieben wird.
Die Achse II ist die psychosoziale Ebene, die schmerzbezogene Beeinträchtigungen darstellt. Dabei werden kognitive, emotionale und verhaltensbezogene Einschränkungen des Patienten berücksichtigt, die meist die Folge, nicht die Ursache von einer chronischen Schmerzerkrankung sind. Diese Achse II kann mit einfachen psychologischen Filterfragebögen quantifiziert und beurteilt werden, ohne gleich einen Psychologen hinzuziehen zu müssen.
Das RDC/TMD-Screening hat sich als einfaches und übertragbares Instrument in der Praxis bewährt, da aus jeder Diagnose eine klare Therapie resultiert. Es ermöglicht eine bessere Kommunikation mit Patienten und Ko-Therapeuten und kann nur jedem Zahnarzt, der dem Diagnostik-Dschungel bei CMD entrinnen möchte, empfohlen werden.
Achse-II-Diagnostik ‒ die speziellen Fragebögen
Für die Achse-II-Diagnostik können verschiedene Fragebögen genutzt werden, die jeweils unterschiedliche Schwerpunkte haben:
- Einschränkungen bei der Verrichtung von Alltagshandlungen und eine damit einhergehende Schmerzchronifizierung werden mit der Graduierung Chronischer Schmerzen (GCS) ermittelt. Es hat sich insbesondere der vierstufige Graded Chronic Pain Scale (GCPS, von Korff 1992, Türp 2000) zur Einschätzung des Chronifizierungsgrads etabliert.
- Zur Abschätzung des Vorliegens von Depressivität, Angst und Disstress eignet sich die deutsche Übersetzung der Depression, Anxiety and Stress Scale.
- Die Belastung durch unspezifische körperliche Beschwerden wird mit der revidierten Fassung der Beschwerdenliste (B-L revidiert) beurteilt.
- In der Praxis von Dr. Horst Kares hat sich zusätzlich das Befragen nach dem aktuellen Stresspegel bewährt. Denn auch die Stressbelastung gibt Hinweise auf das aktuelle psychische Befinden des Patienten. [2]
Die Verwendung dieser validen diagnostischen Instrumente ist zeitökonomisch und zuverlässig. Sie lassen sich ohne Mühe in den zahnärztlichen Praxisablauf integrieren. In Zusammenarbeit mit anderen Fachrichtungen und einer multimodalen Strategie kann diesen Patienten oftmals geholfen und eine bessere Lebensqualität geboten werden. Von irreversiblen zahnärztlichen Maßnahmen ist primär abzuraten, insbesondere mit dem Versprechen einer endgültigen Heilung!
PRAXISHINWEIS | Sie finden Fragebögen mit Ausfüll- und Auswertungsanleitung auf zr.iww.de unter „Downloads“. Sie können diese zur Basis Ihrer einfachen und schnellen Achse-II-Diagnostik nehmen. |
Quellen
- [1] Roldán-Barraza C et al. Achse II-Faktoren bei der Behandlung von CMD. Eine Literatursuche zu den Erfassungsmethoden. 49. Jahrestagung der DGFDT, Bad Homburg, 24.-26. November 2016.
Literatur