Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Antibiotikaeinsatz

    Endodontische Infektionen: Manchmal sind systemische Antibiotika indiziert

    Bild: ©megaflopp - stock.adobe.com

    | Die meisten endodontischen Infektionen können durch eine konventionelle Wurzelkanalbehandlung unter Entfernung des nekrotischen und irreversibel entzündeten Pulpagewebes und eine suffiziente Desinfektion erfolgreich behandelt werden. Bei Hinweisen auf eine systemische Beteiligung, eine schnelle Ausbreitung der Infektion oder bei Risikopatienten kann eine systemische Antibiotikabehandlung indiziert sein. |

    Indikationen und Kontraindikationen

    Ein im Swiss Dental Journal erschienener Artikel (Neuhaus und Connert, 2020) [1] fasst die Indikationen und Kontraindikationen für den systemischen Antibiotika-Einsatz in der Endodontie nach dem Positionspapier der European Society of Endodontology (ESE) zusammen.

     

    Grundsätzlich kommen die folgenden antibiotischen Wirkstoffe infrage: Penicillin V, Amoxicillin, Amoxicillin mit Clavulansäure, Clindamycin, Clarithromycin, Azithromycin oder Metronidazol.

     

    Nach SeguraEgea et al. (2018) [2] sind systemische Antibiotika in der Endodontie indiziert bei:

     

    • einem akuten Abszess in medizinisch kompromittierten Patienten
    • einem akuten apikalen Abszess mit systemischer Beteiligung (lokalisierte, fluktuierende Schwellung, Fieber über 38 °C, reduzierter Allgemeinzustand, geschwollenen Lymphknoten, eingeschränkte Mundöffnung)
    • progredienten Infektionen (schneller Verlauf < 24 Std., Zellulitis, Osteomyelitis), bei denen eine Überweisung an einen Oralchirurgen notwendig sein könnte
    • der Replantation avulsierter Zähne (evtl. ist eine topische Applikation ausreichend)
    • einem behandlungswürdigen Weichgewebstrauma (Nähen, Debridement)

     

    In aller Regel sind systemische Antibiotika-Gaben in folgenden Situationen nicht indiziert (SeguraEgea et al. 2018):

     

    • symptomatische irreversible Pulpitis
    • Pulpanekrose
    • chronischer apikaler Abszess
    • symptomatische apikale Parodontitis
    • akuter apikaler Abszess ohne systemische Beteiligung
    • Zahnfraktur, Konkussion, Subluxation, Luxation, Extrusion

     

    Folgende Patientengruppen sollten auch bei konventioneller (nicht chirurgischer) Endodontie und insbesondere bei Endochirurgie eine Antibiose erhalten (SeguraEgea et al. 2018):

     

    • Eingeschränkte Immunkompetenz (Leukämie, HIV/Aids, Niereninsuffizienz im Endstadium, Dialyse, nicht eingestellter Diabetes, Chemotherapie, Glukocorticoide oder Immunsuppressiva nach Transplantation oder bei erblich bedingten Gendefekten)
    • Risiko einer infektiösen Endokarditis (Patienten mit komplexen angeborenen Herzfehlern, Herzklappenersatz oder Zustand nach infektiöser Endokarditis)
    • Patienten nach Gelenksersatz (im Zweifel Rücksprache mit dem Hausarzt)
    • Patienten vor Radiotherapie im Kieferbereich

     

    FAZIT | Solange die Infektion begrenzt ist und keine Ausbreitungstendenz zu beobachten ist, ist die Gabe systemischer Antibiotika kontraindiziert. Anders ist die Situation bei progredienten Infektionen und immunkompromittierten Patienten. Eine iatrogene Keimverschleppung über die Blutbahn kann schwerwiegende Komplikationen verursachen.

     

    Quellen

    • [1] Neuhaus KW, Connert T. Systemic use of antibiotics in endodontics. Swiss Dent J. 2020 Feb 10; 130 (2): 153‒156. iww.de/s5027
    • [2] Segura-Egea JJ, Gould K, Şen BH, Jonasson P, Cotti E, Mazzoni A, Sunay H, Tjäderhane L, Dummer PMH. European Society of Endodontology position statement: the use of antibiotics in endodontics. Int Endod J. 2018 Jan; 51 (1): 20‒25. doi.org/10.1111/iej.12781.
    Quelle: Ausgabe 07 / 2021 | Seite 13 | ID 47442714