· Fachbeitrag · Parodontologie
Systematische Behandlung der Parodontitis: Vorteil bei einigen Therapieansätzen
| Welche Therapieansätze haben wirklich einen Nutzen bei der Behandlung der Parodontitis? Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) zeigt in seinem Abschlussbericht: Für 6 Therapieansätze gibt es einen Hinweis oder Anhaltspunkte für einen (höheren) Nutzen, meist im Hinblick auf den sogenannten Attachmentlevel. |
Expertenprotest löste Nachbesserung aus
Der IQWiG-Vorbericht zu Vor- und Nachteilen der verschiedenen Parodontitis-Behandlungen hatte in der zahnmedizinischen Fachwelt Kopfschütteln ausgelöst: Bei diesem Vorbericht waren lediglich 2 Behandlungsarten von Nutzen gewesen. Das Bewertungsergebnis fällt nun deutlich besser aus, weil dem Institut zusätzliche Studien zur Verfügung standen und weitere Auswertungen möglich waren.
Therapieansätze sind vielfältig
Inzwischen gibt es in der Parodontitistherapie eine breite Vielfalt von Therapieansätzen: Neben mechanischen und chirurgischen Verfahren werden u. a. Antibiotika, Lasertherapie, fotodynamische Verfahren oder Air-Polishing-Systeme eingesetzt. Dabei werden die Zahnfleischtaschen gereinigt, die Wurzeloberflächen geglättet und Bakterien abgetötet oder entfernt.
Nicht alle diese Verfahren werden zurzeit von der gesetzlichen Krankenversicherung erstattet. Und für die Erstattung ist Voraussetzung, dass die Patienten aktiv mitarbeiten, d. h. ihre Mundhygiene verbessern (Zähne putzen, Zahnseide verwenden usw.).
Mehr Studienergebnisse verwertbar
In den Abschlussbericht konnten die Wissenschaftler zum einen zusätzliche randomisierte kontrollierte Studien (RCT) einbeziehen. Zum anderen konnten sie Daten aus bereits eingeschlossenen Studien erstmals verwerten.
Möglich war das aus 2 Gründen: Bei der Recherche zum Vorbericht hatte das IQWiG eine ganze Reihe von Studien identifiziert, die die passende Fragestellung untersuchten. Allerdings waren die Ergebnisse in der Art, wie sie in den Publikationen dargestellt waren, bei vielen Studien nicht für die Nutzenbewertung verwertbar. Für den Abschlussbericht konnte das nachträglich korrigiert werden. Grundlage dafür war ein statistischer Faktor, den ein Team der Universität Greifswald eigens für diesen Zweck aus einer seiner großen epidemiologischen Studien berechnete.
Wurzelreinigung und -glättung: Hinweis ‒ statt nur Anhaltspunkt ‒ für einen Nutzen
Einen Nutzen sehen die verfügbaren Studien in der geschlossenen mechanischen Therapie (GMT ‒ auch: Wurzelreinigung und -glättung oder „scaling and root planing/SRP“) im Vergleich zu keiner Behandlung. Bei der GMT werden Zahnstein und Bakterien mit geeigneten Instrumenten aus den Zahnfleischtaschen entfernt und die Wurzeloberflächen geglättet. Hier sieht das IQWiG angesichts des höheren Attachmentgewinns einen Hinweis auf einen Nutzen. Im Vorbericht war es lediglich ein Anhaltspunkt gewesen.
Kombiniert mit einer systemischen Antibiotikatherapie sind die Behandlungsergebnisse besser als bei einer alleinigen GMT. Auch hier ist das Attachmentlevel ausschlaggebend für den Hinweis auf einen höheren Nutzen. Bei lokal verabreichten Antibiotika sind dagegen keine Unterschiede zwischen den Studienarmen erkennbar.
Chirurgische Maßnahmen ohne Vorteil
Jeweils einen Anhaltspunkt für einen höheren Nutzen lassen vier weitere Vergleiche erkennen, wobei Laserbehandlung und ein spezielles fotodynamisches Verfahren sowie Mundhygiene-Schulungen zum Einsatz kommen, meist zusätzlich zur GMT.
Lediglich bei der chirurgischen Taschenelimination (CTE) manifestiert sich in den Studienergebnissen ein Nachteil (geringerer Nutzen) der Behandlung. Das gilt für die Kombination Chirurgie plus GMT gegenüber der GMT allein.
Weiterhin kaum Daten zu Zahnverlust oder Nebenwirkungen
Auch die neu verfügbaren Daten, aus denen sich Aussagen zu Nutzen oder Schaden ableiten lassen, beziehen sich ausschließlich auf „Gingivitis“ und „Attachmentlevel“. Zu wichtigen anderen Kriterien ‒ wie etwa Zahnverlust, Nebenwirkungen der Behandlung oder Lebensqualität ‒ enthalten die Studien nur vereinzelte Angaben.
Welchen Nutzen haben Unterweisung und professionelle Zahnreinigung?
Und weiterhin gibt es keine Evidenz zur strukturierten Nachsorge in Form von Unterweisungen zur Mundhygiene und einer regelmäßigen instrumentellen Reinigung. Für das Jahr 2018 ist jedoch die Publikation einer ‒ mit über 1.800 Teilnehmern auch relativ großen ‒ multizentrischen 5-Jahres-Studie angekündigt (IQuaD Dental Trial). Hiervon erwarten sich die Wissenschaftler weitere Erkenntnisse.
Quelle
- IQWiG-Bericht Nr. 602. Systematische Behandlung von Parodontopathien Abschlussbericht (N15-01), Stand: 05.03.2018.
Literatur