· Fachbeitrag · Abrechnung
Revision einer Wurzelfüllung - wann ist das eine Kassenleistung?
von Isabel Baumann, Mülsen, www.praxiskonzept-baumann.de
| Die Revision einer bereits durchgeführten Wurzelfüllung kann bei einer Reinfektion des Kanals indiziert sein. Doch ist sie immer Kassenleistung? Wie ist die Behandlungsrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zu interpretieren und was ist bei der Abrechnung zu beachten? |
Abgrenzung Kassen- und Privatleistung
Für die Abgrenzung, wann die Revision einer bereits durchgeführten Wurzelfüllung als Kassenleistung berechnet werden kann, ist in der Behandlungsrichtlinie (Rili) der Punkt 9.4 im Abschnitt B III heranzuziehen:
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„Bei pulpentoten Zähnen mit im Röntgenbild diagnostizierter pathologischer Veränderung an der Wurzelspitze ist bei der Prognose kritisch zu überprüfen, ob der Versuch der Erhaltung des Zahns durch konservierende oder konservierend-chirurgische Behandlung unternommen wird. Für die Therapie von Zähnen mit Wurzelkanalfüllungen und apikaler Veränderung sind primär chirurgische Maßnahmen angezeigt. Lediglich bei im Röntgenbild erkennbaren nicht randständigen oder undichten Wurzelkanalfüllungen ist die Revision in der Regel angezeigt, wenn damit
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Grundsätzlich ist bei einer pathologischen Veränderung an der Wurzelspitze, aber röntgenologisch einwandfrei erscheinender Wurzelfüllung eine Wurzelspitzenrevision - also eine chirurgische Maßnahme angezeigt. Lediglich im Fall einer apikalen Entzündung an einem wurzelbehandelten Zahn mit unzureichender Wurzelfüllung, die nicht randständig ist oder den Wurzelkanal nicht über die gesamte Länge ausfüllt, darf eine Revision über die gesetzliche Krankenkasse abgerechnet werden. Dabei ist mindestens ein Kriterium (Erhalt geschlossener Zahnreihe, Vermeidung einseitiger Freiendsituation oder Erhalt von funktionstüchtigem Zahnersatz) zu erfüllen. Die Kriterien gelten nicht nur für den Molarenbereich, sondern für sämtliche Zähne. Für den Fall, dass keine der genannten Voraussetzungen zutrifft, ist die Revision mit dem Patienten privat nach § 4 Abs. 5 BMV-Z bzw. § 7 Abs. 7 EKV-Z zu vereinbaren.
Abrechnungsbeispiel: Revision als Kassenleistung
Ein neuer Patient erscheint mit Beschwerden regio 24-26. Nach symptombezogener Untersuchung, Vitalitätsprobe (II. Quadrant) und röntgenologischer Untersuchung wird eine apikale Veränderung an 25 bei nicht randständiger vorhandener Wurzelfüllung diagnostiziert. Die Wurzelfüllung ist laut Angaben des Patienten ca. vier Jahre alt.
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f | k | b | k | c | |||||||||||
8 | 7 | 6 | 5 | 4 | 3 | 2 | 1 | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 |
Das Kriterium „Erhalt einer geschlossenen Zahnreihe“ ist erfüllt. Ferner wurde röntgenologisch ein nicht bis zum Apex abgefüllter Wurzelkanal bei gleichzeitigem Vorliegen einer pathologischen Veränderung an der Wurzelspitze diagnostiziert. Damit ist die Revision hier Kassenleistung. Eine BEMA-Position für das Entfernen einer insuffizienten Wurzelfüllung gibt es nicht!
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Datum | Leistung | BEMA | GOZ |
01.09. | Vitalitätsprobe 23-27 | Vipr | - |
Röntgenaufnahme 24-26 | Rö2 | - | |
Beratung - Erläuterung der Diagnose und des weiteren Behandlungsverlaufs sowie der Therapiealternativen | Ä1 | - | |
Oberflächenanästhesie | 0080* | ||
Infiltrationsanästhesie 25 | I | - | |
Anlegen von Kofferdam | bMF | - | |
Trepanation definitiver Füllung | Trep1 | - | |
Entfernung der insuffizienten Wurzelfüllung, je Kanal | - | - | |
Wurzelkanalaufbereitung, je Kanal | WK | ||
Elektrometrische Längenbestimmung, je Kanal | - | 2400* | |
Anwendung elektrophysikalisch-chemischer Methoden, je Kanal | - | 2420* | |
Röntgenmessaufnahme | Rö2 | - | |
Wurzelfüllung, je Kanal | WF | - | |
Röntgenkontrollaufnahmen der Wurzelfüllung | Rö2 | - | |
Provisorischer Verschluss | - | - | |
Aufklärung und Beratung über weitere Therapie | - | - |
* Diese Leistungen müssen mit dem Kassenpatienten privat vereinbart werden.
Abrechnungsbeispiel: Revision als Privatleistung
Ein Patient erscheint mit Beschwerden an der UK-Front. Nach symptombezogener Untersuchung (Befund 43, 45 kariös, insuffiziente Brücke), Vitalitätsprobe (III. und IV. Quadrant) und röntgenologischer Untersuchung wird eine apikale Veränderung an 43 bei nicht randständig vorhandener Wurzelfüllung diagnostiziert. Die Wurzelfüllung ist laut Patientenangaben ca. vier Jahre alt.
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f | |||||||||||||||
8 | 7 | 6 | 5 | 4 | 3 | 2 | 1 | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 |
kw | b | kw |
Die Richtlinie B III 9.4 ist nicht erfüllt, da das Kriterium „zum Erhalt von funktionstüchtigem Zahnersatz“ nicht gegeben ist. Die vorhandene Brücke ist laut Befund nicht erhaltungswürdig. Die gesamte Wurzelrevision und erneute Aufbereitung und Wurzelfüllung ist mit dem Patienten privat zu vereinbaren.
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Datum | Leistung | BEMA | GOZ |
01.09. | Vitalitätsprobe 45-35 | Vipr | - |
Röntgenaufnahme 43-32 | Rö2 | - | |
Beratung - Erläuterung der Diagnose und des weiteren Behandlungsverlaufs sowie der Therapiealternativen | Ä1 | - | |
Oberflächenanästhesie | - | 0080 | |
Leitungsanästhesie | - | 0100 | |
Anlegen von Kofferdam | - | 2040 | |
Zugang zum endodontischen System - Entfernung der vorhandenen definitiven Füllung | - | 2390 | |
Entfernung der insuffizienten Wurzelfüllung, je Kanal | - | § 6 Abs. 1 | |
Wurzelkanalaufbereitung, je Kanal | - | 2410 | |
Elektrometrische Längenbestimmung, je Kanal | - | 2400 | |
Anwendung elektrophysikalisch-chemischer Methoden, je Kanal | - | 2420 | |
Röntgenmessaufnahme | - | Ä5000 | |
Wurzelfüllung, je Kanal | - | 2440 | |
Röntgenkontrollaufnahmen der Wurzelfüllung | - | Ä5000 | |
Provisorischer Verschluss adhäsiv befestigt | - | 2020 2197 | |
Aufklärung und Beratung über weitere Therapie | - | Ä1 |
* Die Liste der zu berechnenden Leistungen ist nicht abschließend.
Die diagnostischen Leistungen wie die Vitalitätsprobe, die erste Beratung zur Diagnose und Therapie sowie die röntgenologische Untersuchung sind nach BEMA berechenbar. Alle weiteren Leistungen werden nach der GOZ abgerechnet. Diese Leistungen sind keine Vertragsleistung mehr, da die Behandlungsrichtlinie III 9.4 nicht erfüllt ist.
Die Trepanation kann neben der Revision zusätzlich berechnet werden. Dazu heißt es im Kommentar der BZÄK: „Die Wiedereröffnung eines definitiv verschlossenen Zahns zur weitergehenden Wurzelkanalbehandlung oder zur Revision einer vorhandenen Wurzelfüllung kann erneut berechnet werden.“
Die Entfernung von altem definitivem Wurzelfüllmaterial ist in der GOZ nicht geregelt und darf nach § 6 Abs. 1 GOZ analog berechnet werden.
PRAXISHINWEIS | Würde die Revision an einem pathologisch veränderten Zahn bei intakter vollständiger Wurzelfüllung erfolgen, läge zwar eine Entzündung der Wurzelspitze vor. Dennoch wären die Kriterien der Rili 9.4 nicht erfüllt, da die vorhandene Wurzelfüllung vollständig ist. Demzufolge wäre dem chirurgischen Verfahren der Vorrang zu geben oder die Revision müsste mit dem GKV-Patienten privat nach § 4 Abs. 5 BMV-Z bzw. § 7 Abs. 7 EKV-Z vereinbart werden. |