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  • · Zahnersatz

    Abrechnung einer Totalprothese ‒ medizinische Aspekte und Honoraroptionen

    Bild: ©rh2010 - stock.adobe.com

    | Nach Verlust der Zähne und der nachfolgenden Resorption des Alveolarfortsatzes sowie einer gewissen Atrophie der Kaumuskulatur kommt es zu einer Reihe charakteristischer Veränderungen des Gesichts, die man mit Alterung verbindet. Der folgende Praxisfall zeigt, welche Gebühren und Leistungsziffern bei einer Rehabilitation mit einer Totalprothese ansetzbar sind. |

    Der Praxisfall

    Eine 64-jährige gesetzlich versicherte Neupatientin stellt sich in der Praxis vor. Der teilbezahnte Oberkiefer (Zähne 15, 13‒23 vorhanden) ist mit einer partiellen Modellgussprothese und der zahnlose Unterkiefer (UK) mit einer insuffizienten Kunststoffprothese versorgt. Der radiologische Befund zeigt einen Wurzelrest regio 46, der vor Herstellung einer neuen Prothese entfernt werden muss. Die Patientin leidet an einem reduzierten Speichelfluss aufgrund ihrer Medikation; Funktions- und Sprachprobleme treten seit einiger Zeit auf.

     

    Im Unterkiefer wünscht die Patientin einen neuen Zahnersatz, der neben einer einwandfreien Funktion eine optimale Ästhetik bieten soll. Aufgrund der guten Knochenverhältnisse soll erneut eine totale Kunststoffprothese gefertigt werden.

    Festzuschuss und Versorgungsart

    Für die Totalprothese wird einmal der Festzuschuss 4.4 gewährt. Aufgrund der funktionsanalytischen und -therapeutischen Leistungen (FAL/FTL) liegt eine gleichartige Versorgung vor.

     

    • Behandlungsablauf
    Datum
    Region
    Leistungsbeschreibung
    BEMA
    GOZ

    03.09.

    OK/UK

    Eingehende Untersuchung

    01

    Anamnese

    Beratung über Befund, Diagnose, Therapievarianten und Kosten

    OK/UK

    Orthopantomogramm

    Ä935d

    OK

    Zahnsteinentfernung

    107 (Zst)

    Aufklärung über Privatleistungen mit Kosten; Privatvereinbarung gemäß § 8 Abs. 7 BMV-Z

    Privater Therapieplan

    0040

    BEMA-HKP Totalprothese im UK

    04.09.

    Konsiliarische Erörterung mit Hausarzt

    181a (Ksla)

    05.09.

    48

    Leitungsanästhesie

    41a (L1)

    46

    Entfernung Wurzelrest

    44 (X2)

    10.09.

    46

    Nachbehandlung

    38 (N)

    OK/UK

    Abformung beider Kiefer für Arbeitsmodelle

    Wachsbiss

    12.09.

    UK

    Registrieren der gelenkbezüglichen Zentrallage des Unterkiefers

    8010

    OK

    Arbiträre Scharnierachsenbestimmung

    8020

    UK

    Funktionslöffel mit Stopps individualisieren

    UK

    Funktionsabformung

    98c

    UK

    Bissregistrat

    14, 25

    Beseitigen grober Okklusionsstörungen

    89

    19.09.

    UK

    Einprobe Prothese, Phonetiktest

    43‒33

    Zahnstellung nicht optimal, erneute Bissnahme und Umstellen der Frontzähne in der Praxis

    17, 16, 26, 27

    Prothesenzahn einschleifen zum Artikulationsausgleich

    106 (sK)

    24.09.

    UK

    Einprobe Prothese, Phonetiktest

    28.09.

    OK

    Prothesenreinigung

    § 9 GOZ

    1040

    Professionelle Zahnreinigung

    7 x 1040

    UK

    Eingliederung Totalprothese

    97b

    29.09.

    UK

    Kontrolluntersuchung mit Einschleifmaßnahmen

    10.10.

    31‒41

    Druckstellen entfernen

    31‒41

    Mundschleimhautbehandlung

    Weitere flankierende Leistungen sind individuell zu ergänzen

     

    Erläuterungen zum 03.09.

    Die eingehende Untersuchung zur Feststellung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten enthält im Leistungstext bereits eine Beratung. Die Beratungsinhalte sind zu dokumentieren, um die Abrechenbarkeit der BEMA-Nr. 01 zu gewährleisten. Im Rahmen der röntgenologischen Untersuchung gilt es zu klären, ob pathologische Prozesse vorliegen, die eine chirurgische Vorbehandlung erforderlich machen, insbesondere wenn keine entsprechenden aktuelleren Aufnahmen vorliegen. Alle erforderlichen Behandlungsunterlagen werden erstellt.

     

    PRAXISTIPP | Standardverfahren für die Röntgendiagnostik bei zahnlosen Menschen ist das Orthopantomogramm (OPG). Diagnostik- und Planungsmodelle nach der BEMA-Nr. 7b sind bei wiederholter Herstellung einer Totalprothese in der Regel nicht erforderlich und daher bei Notwendigkeit ggf. zu ergänzen.

     

    Erläuterungen zum 04.09.

    Nach der ersten Abrechnungsbestimmung ist die BEMA-Nr. 181a für die konsiliarische Erörterung von Ärzten und Zahnärzten nur abrechenbar, wenn es sich um eine versichertenbezogene Fragestellung handelt. Der Zahnarzt muss sich zuvor oder in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dieser Erörterung persönlich mit dem Versicherten und dessen Erkrankung befassen. Die Berechnung der BEMA-Nr. 181a ist für Zahnarzt und Arzt nur berechnungsfähig, wenn die Patientin aktuell auch beim Arzt in Behandlung ist.

     

    Erläuterungen zum 05.09.

    Das Entfernen des Wurzelrests regio 46 nach Anästhesie wird nach der BEMA-Nr. 44 abgerechnet. Maßgeblich ist nicht der Wurzelrest selbst, sondern die für das Entfernen des betreffenden Zahnes zutreffende Gebührenziffer.

     

    Erläuterungen zum 10.09.

    Die Nachbehandlung nach einem chirurgischen Eingriff kann z. B. für Tamponieren, Spülungen, Aufbringen von Salben und das Entfernen von Nähten berechnet werden. Da sich regio 46 noch eine leichte Entzündung der Gingiva zeigt, wird Kamistad Gel aufgetragen.

     

    Die UK-Abformung muss alle für die spätere Prothesengestaltung relevanten Strukturen umfassen. Eine einfache Wachsbissnahme löst weder eine BEMA- noch eine BEL II-Leistung aus. Alle berechenbaren Materialien sind produktbezogen zu erfassen und später in Rechnung zu stellen.

     

    Erläuterungen zum 12.09.

    Das Zentrikregistrat zur Feststellung der Lagebeziehung des Unterkiefers zum Oberkiefer wird nach Nr. 8010 GOZ zzgl. Materialkosten berechnet. Die arbiträre Scharnierachsenbestimmung ist nach Nr. 8020 GOZ zzgl. der Materialkosten ansatzfähig und dient der schädelbezüglichen Montage des Oberkiefermodells in einem halbindividuellen Artikulator. Mithilfe der Bissschablone wird die Kieferrelation ermittelt; das dient der Montage des UK-Modells in den Artikulator. Der Festzuschuss 4.9 (Schwierig zu bestimmende Lagebeziehung der Kiefer ...) kann nur dann angesetzt werden, wenn ein Stützstiftregistrat nach BEMA-Nr. 98d anstelle der Leistung nach Nr. 8010 GOZ erfolgt.

     

    Ist das Individualisieren des Funktionslöffels ‒ z. B. Anbringen von Stopps ‒ erforderlich, so kann diese Leistung nicht über die GKV berechnet werden. Die Funktionsabformung verfolgt mehrere Ziele: Die Basisflächen der Abformungen sollen kongruent zum Kiefer-Tegument sein, um eine Abdichtung des Raumes unter der Prothesenbasis zu erzielen. Und die Ausdehnung der Löffel wird dem Bewegungsspiel der Muskulatur von Lippe, Zunge und Wange angepasst und soll so groß wie möglich sein, ohne jedoch die Bewegungen zu stören.

     

    Es erfolgt daher eine funktionelle Abformung nach BEMA-Nr. 98c, also unter Bewegung der Muskulatur ‒ im Gegensatz zu einer individuellen Abformung nach BEMA-Nr. 98a, wo feste Elemente abgeformt werden. Die Abrechnung einer Funktionsabformung mit individuellem Löffel im Unterkiefer erfolgt bei einer Regel- und gleichartigen Versorgung nach der BEMA-Nr. 98c.

     

    PRAXISTIPP | Ist jedoch eine zusätzliche Funktionsabformung notwendig, die über den Herstellungsablauf einer totalen Prothese (z. B. bei Fertigung einer gnathologischen Prothese) als vertragszahnärztliche Leistung hinausgeht, kann zusätzlich zur BEMA-Nr. 98c die Nr. 5190 GOZ (Funktionelle Abformung des Unterkiefers mit individuellem Löffel) auf HKP Teil 2 (Anlage) abgerechnet werden.

     

    Sowohl das Einschleifen des natürlichen Gebisses als auch das Einschleifen an vorhandenen Einzelkronen und festsitzendem Zahnersatz erfüllt den Leistungsinhalt der BEMA-Nr. 89. Diese Leistung muss vor Eingliederung der Prothese stattfinden.

     

    Erläuterungen zum 19.09.

    Die Umstellung konfektionierter Zähne ist nur nach einer erneuten Bissnahme nach BEL-Nr. 302 0 abrechenbar. Dies kann auch durch den Zahnarzt über den zahntechnischen Eigenbeleg erfolgen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 12 Sozialgesetzbuch (SGB) V ist dabei zu beachten.

     

    Zum Artikulationsausgleich ist für das Beschleifen von Prothesenzähnen im Oberkiefer die BEMA-Nr. 106 einmal je Kiefer abrechenbar. Neben der Nr. 106 kann die BEMA-Nr. 89 in derselben Sitzung für denselben Kiefer nicht abgerechnet werden (Bestimmung Nr. 1 zur BEMA-Nr. 106).

     

    Erläuterungen zum 24.09.

    Bei der zweiten Einprobe werden wiederholt Zentrik, vertikale Dimension, Ästhetik und Phonetik geprüft, wobei auch das natürliche Aussehen und die Kooperation des Patienten zu berücksichtigen ist.

     

    Erläuterungen zum 28.09.

    Das Reinigen der Oberkieferprothese kann auf Empfehlung der BZÄK entsprechend § 6 Abs. 1 GOZ oder alternativ als zahntechnische Leistung (z. B. nach Nr. 8123 BEB) berechnet werden. Nach der PZR der vorhandenen Restzähne wird die fertiggestellte Totalprothese im Unterkiefer eingegliedert.

     

    Erläuterungen zum 29.09.

    Die Kontrolluntersuchung am nächsten Tag führt zu minimalen Einschleifmaßnahmen, die aufgrund der Abrechnungsbestimmungen der BEMA-Nr. 97b kostenfrei zu erbringen sind.

     

    Erläuterungen zum 10.10.

    Auch bei einer einwandfrei gefertigten Vollprothese lässt sich das Auftreten eines Dekubitus (Druckstelle) schon allein deswegen nicht sicher vermeiden, weil während der Funktionsabformung nicht alle Bewegungen der oralen Muskulatur simuliert werden können. Der Patient muss daher informiert werden, dass „Druckstellen“ auftreten können, aber weder ein Problem noch eine unbrauchbare Prothese darstellen.

     

    Gemäß der Bestimmung zu den BEMA-Nrn. 106 (sK) und Nr. 105 (Mu) sind beide Leistungen innerhalb von drei Monaten nach dem Eingliedern einer neuen Prothese mit der zugrunde liegenden Gebühr abgegolten. Dies gilt jedoch nicht bei der Behandlung von fremden Patienten im Not- und Vertretungsdienst.

    Quelle: Ausgabe 10 / 2021 | Seite 15 | ID 47562133