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  • · Fachbeitrag · Apothekenentwicklung

    Schwerpunktapotheke Onkologie: Spezialisierung auf Medikamente für Krebspatienten

    von Iris Brendt, Medienbüro Medizin (MbMed), Hamburg

    | Die Zahl der Krebsdiagnosen in Deutschland steigt seit Jahren kontinuierlich an - unter anderem, weil die Erkrankung dank moderner Methoden immer früher erkannt wird. Das verbessert die Heilungschancen für die Betroffenen, sorgt aber auch für einen steigenden Bedarf an individuell hergestellten Medikamenten zur Krebsbekämpfung oder begleitenden Therapien. Für Apotheken kann es sich deshalb lohnen, sich auf den Schwerpunkt Onkologie zu spezialisieren. Dafür muss jedoch eine Reihe von räumlichen und personellen Voraussetzungen geschaffen werden. |

    Helfer im Kampf gegen den Krebs

    Apotheken mit dem Schwerpunkt Onkologie stellen Medikamente her, die in der Behandlung von Krebserkrankungen zum Einsatz kommen. Dazu zählen vor allem applikationsfertige Zytostatika-Lösungen, die nach der Vorgabe des behandelnden Arztes für jeden Patienten individuell angefertigt und innerhalb kürzester Zeit verabreicht werden müssen. Auch speziell angepasste Medikamente zur Begleittherapie - beispielsweise Schmerzmittel, anti-allergische Wirkstoffe oder andere Mittel zur Linderung von Nebenwirkungen - sowie sterile Ernährungslösungen gehören zum üblichen Leistungsspektrum. Darüber hinaus fungieren onkologische Schwerpunktapotheken als wichtige Ansprechpartner für Betroffene, die oft eine intensive Beratung zu ihrer Therapie benötigen.

    Was macht die Konkurrenz?

    Eine Spezialisierung zur onkologischen Schwerpunktapotheke erfordert erhebliche Investitionen in Ausstattung und Personal. Ob sich diese rentieren, hängt maßgeblich davon ab, ob Sie das Interesse der verordnenden Ärzte wecken können. Denn der Weg zu Aufträgen führt bei Krebserkrankungen nicht primär über die Patienten, sondern über die Behandler. Aus diesem Grund ist es wichtig, vorab die Konkurrenzsituation zu analysieren: Wenn Sie lediglich eine von vielen Apotheken in der Umgebung sind, die Zytostatika herstellen, sind die Aussichten auf Erfolg deutlich geringer, als wenn Sie mit Ihrer Spezialisierung eine Versorgungslücke schließen. Bringen Sie daher in Erfahrung, wie die derzeitige Versorgung aussieht und wo sich die nächsten onkologischen Schwerpunktapotheken befinden. Parallel können Sie Kontakt zu den Ärzten in Ihrer Umgebung aufnehmen und sich erkundigen, ob Bedarf und Interesse an entsprechenden Leistungen Ihrer Apotheke besteht. Das hilft Ihnen, einzuschätzen, ob eine Spezialisierung an Ihrem Standort sinnvoll ist.

     

    PRAXISHINWEIS | Beachten Sie bei Ihren Werbemaßnahmen für Ärzte unbedingt die rechtlichen Vorgaben wie das Heilmittelwerbegesetz (HWG) und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).

     

    Räumliche Voraussetzungen

    Bei der Herstellung von Zytostatika müssen Sie zahlreiche räumliche und technische Anforderungen beachten. Diese sind in den entsprechenden Zytostatika-Richtlinien der Länder zusammengefasst und durch die Apothekenbetriebsordnung, das Arzneimittelgesetz sowie die Anforderungen des EG-GMP(Good Manufacturing Practice)-Leitfadens einschließlich Annex 1 (Herstellung steriler Produkte) geregelt. Grundvoraussetzung für die Fertigung von Infusionen und Injektionen für die Krebstherapie ist ein spezielles Sterillabor. Dieses muss unter anderem eine vorgeschriebene Mindestgröße, Höhe sowie Durchgangsbreite erfüllen und vor unbefugtem Betreten geschützt sein. Zusätzlich sind Schleusen für Personal und Materialien sowie Werkbänke der Reinraumklasse A für aseptische Herstellungsschritte vorgeschrieben. Die Reinraumqualität des Sterillabors muss durch geeignete raumlufttechnische Anlagen gewährleistet und kontinuierlich durch Partikelmessungen sowie mikrobiologische Methoden überwacht werden.

    Schulungen für das Personal

    Mit der richtigen Ausstattung ist es aber noch nicht getan: Auch die Mitarbeiter, die mit der Herstellung der Lösungen betraut sind, sollten intensiv geschult und in höchstem Maße zuverlässig sein. Die behandelnden Ärzte müssen sich hundertprozentig auf die korrekte Herstellung und Dosierung verlassen können. Da die Therapielösungen innerhalb kürzester Zeit verwendet werden müssen, bleibt keine Zeit, diese vor der Verabreichung noch einmal zu prüfen. Fehler dürfen also nicht passieren.

     

    PRAXISHINWEIS | Ein guter Ausgangspunkt, um Mitarbeiter auf diese verantwortungsvolle Aufgabe vorzubereiten, ist beispielsweise die Zusatzschulung „Onkologische Pharmazie“ der Landesapothekerkammern. Diese ist eigentlich eine Zertifizierungsmaßnahme für Apotheker. Aber auch PTA können daran teilnehmen - sie bekommen nur keine Zertifizierungsurkunde. Die Schulung verbindet konzentrierte Wissensvermittlung mit praxisrelevanten Übungen. Die Deutsche Gesellschaft für Onkologische Pharmazie e.V. (DGOP) bietet ebenfalls Fort- und Weiterbildungen für Apotheker und PTA an.

     

    Übung macht den Meister

    Auch nach einer Grundlagenschulung ist häufig noch viel Training erforderlich, bis die Mitarbeiter eigenverantwortlich Lösungen herstellen können. Wann sie dafür bereit sind, ist nicht gesetzlich geregelt. Dies zu entscheiden, fällt also in den Verantwortungsbereich der Apothekeninhaber. Sinnvoll ist es, einen festen Ablauf zu definieren, der Mitarbeiter schrittweise an die neue Aufgabe heranführt. Sie könnten beispielsweise zunächst eine Einweisung für das Sterillabor erhalten, dann eine Zeitlang bei der Erstellung zusehen, anschließend unter der Anleitung eines Kollegen arbeiten und erst im vierten Schritt selbstständig Lösungen herstellen. Bei besonders sensiblen Lösungen wird ohnehin stets nach dem Vier-Augen-Prinzip gearbeitet: Ein Mitarbeiter stellt das Medikament her, ein anderer ist dabei und kontrolliert jeden Arbeitsschritt. Unerlässlich ist eine sorgfältige Dokumentation, die alle Abläufe festhält und damit im Zweifelsfall einen Verdacht auf einen Fehler widerlegen kann. All das erfordert Zeit und damit zusätzliche personelle Kapazitäten, die Sie von Anfang an einplanen müssen.

    Service nach „Dienstschluss“

    Die Versorgung von Krebspatienten kann sich nicht nach allgemeinen Öffnungszeiten richten: Immer wieder gibt es Notfälle, bei denen die Patienten nicht bis zum nächsten Morgen oder bis Montag warten können. Das verlangt von den Mitarbeitern eine hohe Flexibilität und die Bereitschaft, auch nach Feierabend oder am Wochenende spontan ins Labor zu fahren, um ein Medikament herzustellen und anschließend auszuliefern. Besprechen Sie diese Notwendigkeit am besten vorab im Team und beziehen Sie Ihre Mitarbeiter in die Planung ein: Eine Lösung, die die Vorstellungen Ihrer Mitarbeiter berücksichtigt, ist deutlich tragfähiger als ein von oben diktierter Notfallplan.

    Die Spezialisierung präsentieren - aber richtig!

    Wenn Sie alle Faktoren abgewogen und sich für den Schwerpunkt Onkologie entschieden haben, sollten Sie das publik machen. Im Gegensatz zu vielen anderen Apotheken-Schwerpunkten eignet sich diese Spezialisierung allerdings nicht für die direkte Kundenansprache: Da die meisten Menschen das angstbesetzte Thema Krebs meiden, wäre es sicher nicht sinnvoll, etwa die Gestaltung der Offizin darauf auszurichten - zumal Sie Kunden in diesem Bereich ohnehin nicht über die Laufkundschaft akquirieren. Wichtiger ist es, sich als kompetenter Partner bei den verordnenden Ärzten ins Gespräch zu bringen.

     

    Eine gute Möglichkeit bietet Ihre Website: Präsentieren Sie Ihren neuen Schwerpunkt dort in einer eigenen Rubrik und führen Sie alle Informationen auf, die für Ärzte relevant sind. Schauen Sie sich dafür ruhig bei der Konkurrenz um: Apotheken, die bei Google & Co. unter dem Suchbegriff „Zytostatika“ oder „Schwerpunkt Onkologie“ weit vorn auftauchen, dürfen gern als Muster dafür dienen, wie eine solche Seite gestaltet werden kann. Für die Platzierung in der Ergebnisliste sind aber nicht nur die sichtbaren Inhalte auf der Webseite wichtig, sondern auch sogenannte Meta-Informationen im Hintergrund. Diese lassen sich mithilfe einer Suchmaschinenoptimierung (Search Engine Optimization, kurz SEO) so anpassen, dass Ihre Seite in den Ergebnislisten möglichst weit vorn landet und von suchenden Ärzten gefunden wird.

     

    Hinweis | Sollten Sie die Dienste eines SEO-Anbieters in Anspruch nehmen, wählen Sie möglichst einen Dienstleister, der sich mit den speziellen Anforderungen in der Medizinbranche auskennt.

     

    Wichtig ist aber auch der direkte Kontakt zu den umliegenden Ärzten. Informieren Sie diese gezielt über Ihren neuen onkologischen Schwerpunkt, beispielsweise mit einem entsprechenden Rundschreiben. In der Regel ist die Konkurrenz auf dem Gebiet der Onkologie geringer. Daher wird sich Ihr neues Angebot in der Ärzteschaft mit der Zeit weiter herumsprechen. Und wenn Sie sich als kompetenter und zuverlässiger Partner in der Krebsbehandlung erweisen, setzt sich die Mund-zu-Mund-Propaganda umso wirkungsvoller fort.

    Quelle: Ausgabe 06 / 2014 | Seite 11 | ID 42579793