· Nachricht · Arzneimittelversorgung
Gefährdungsbeurteilungen beim Umgang mit Arzneimitteln - auch ein Thema in der Pflege
von Apothekerin Dr. Constanze Schäfer MHA, Düsseldorf
| Der tagtägliche Kontakt mit Arzneimitteln aller Art beim Stellen, Vorbereiten der Gabe oder Verabreichen stellt je nach Wirkstoff ein Risiko für das Pflegepersonal dar. Diesem muss der Heimträger Rechnung tragen. Er hat entsprechende gefahrstoffrechtliche und berufsgenossenschaftliche Auflagen zu erfüllen. |
Gefahrstoffrechtliche Vorgaben
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Exposition und die damit verbundenen Risiken im Umgang mit Gefahrstoffen für die von ihm beschäftigten Mitarbeiter so gering wie möglich zu halten. Als weitere gefahrstoffrechtliche Vorgaben sind angemessene Schutzmaßnahmen und eventuell arbeitsmedizinische Maßnahmen zu treffen sowie Gefährdungsbeurteilungen und Schulungen der Mitarbeiter durchzuführen (siehe Tabelle 1).
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Gesetzliche Quelle | Was ist zu tun? | Aufbewahrungsfristen |
Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) |
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Jugendarbeitsschutzgesetz | Mitarbeiterunterweisung |
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Mutterschutzgesetz |
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Risikobeurteilung von Wirkstoffen durch die BGW
Vor einigen Jahren wurden im Auftrag der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) 500 Wirkstoffe mithilfe verschiedener Datenbanken hinsichtlich ihrer Risiken beim Umgang beurteilt. Dabei zeigte sich, dass
- ca. 45 Prozent der Arzneistoffe ein möglicherweise teratogenes Risiko haben,
- ca. 20 Prozent unter Verdacht stehen, sensibilisierende Eigenschaften zu haben, und
- rund 6 Prozent als kanzerogen einzustufen sind.
Das ist Grund genug, auch im Pflegebereich genauer hinzuschauen. Die Gefahren von Zytostatika, Glucokortikoiden oder Thalidomid sind präsent. Unter anderem sind aber auch Antibiotika, Diclofenac sowie einige Diuretika das Pflegepersonal potenziell gefährdende Wirkstoffe.
Kennzeichnung der Gefahrstoffe mit dem BAK-Farbcode
In der Apotheke haben sich inzwischen Gefährdungsbeurteilung und Vorgaben bezüglich der persönlichen Schutzausrüstung sowie Schulungen etabliert. Besonders praktisch ist die Kennzeichnung der Gefahrstoffe mit dem BAK-Farbcode (siehe Tabelle 2). Auf diese Weise erkennt jeder Mitarbeiter in der Apotheke auf einen Blick, ob er neben Kittel und Handschuhen noch weitere Schutzvorkehrungen treffen muss.
Beachten Sie | In Pflegeeinrichtungen wäre ein analoges Verfahren anzuraten, um die Umsetzung so einfach wie möglich zu gestalten.
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Farbe | Potenzielle Gefahr | Persönliche Schutzausrüstung (PSA) |
Gelb | Gefahr durch Hautkontakt | Schutzhandschuhe |
Orange | Gefahr durch Einatmen | Atemschutz |
Hellblau | Gefahr für die Augen | Schutzbrille |
Rot | Gefahr durch Kontakt (CMR-Stoffe Kat. 1A, 1B) | Schutzhandschuhe, Atemschutz und Schutzbrille |
Quelle: www.abda.de
Beachten Sie | Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass Arzneimittel gegenüber den Patienten nicht als „gefährlich“ kommuniziert werden. Am besten sollte bei Nachfragen bezüglich Handschuhe und Kittel auf hygienische Aspekte hingewiesen werden, die im Sinne aller sind. Etwas schwieriger ist dies bei der Gabe von CMR-Substanzen per Sonde, wo das Tragen eines Mundschutzes sinnvoll ist.
Beratung von Pflegeeinrichtungen und ambulanten Pflegediensten
Bei der Beratung von Pflegeeinrichtungen oder auch ambulanten Pflegediensten sollte auf geeignete Arbeitsplätze und Unterlagen beim Stellen, Teilen und Mörsern von Arzneimitteln hingewiesen werden. Die Oberflächen müssen leicht zu reinigen und spezielle Einweg-Unterlagen ohne Aufwirbelungen von Stäuben einfach über den Hausmüll entsorgbar sein. Und auch bei der Auswahl von Arbeitsgeräten kann die Apotheke weiterhelfen: Das Mörsern in geschlossenen Mörsern senkt die Belastungen mit Stäuben.
Die Apotheke kann die Implementierung von Gefährdungsschutzmaßnahmen beratend unterstützen und durch Schulungen begleiten. Auch bei der Beurteilung der Risiken der einzelnen Arzneimittel sind die pharmazeutischen Mitarbeiter der Apotheke wichtige Ansprechpartner, da zum einen Zugang zu zahlreichen Informationen über die Gefährlichkeitsbeurteilung von Wirkstoffen besteht, zum anderen Erfahrungen im Umgang mit Gefahrstoffen vorhanden sind. Vonseiten der BGW ist ebenfalls eine Vielzahl an unterstützenden Materialien und Empfehlungen für die Vorgehensweise bei der Versorgung von Patienten mit Arzneimitteln erstellt worden (siehe auch Kasten). So findet sich z. B. als Hinweis zum Mörsern von Tabletten, dass überprüft werden soll, ob die Tablette statt des Mörserns eventuell auch in Wasser zerfallen oder aufgelöst werden kann. Das Mörsern sollte auf einem Einmaltuch erfolgen, damit die Arbeitsfläche möglichst nicht kontaminiert wird. Bei der Reinigung des Mörsers sollen die Hinweise des Herstellers beachtet werden.
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