· Fachbeitrag · Personal
Die neue Mitarbeiterin - so holen Sie sie ins Boot
von Dr. Doortje Cramer-Scharnagl, Edewecht
| In der Regel sind die Erwartungen hochgesteckt, wenn eine neue Mitarbeiterin zum Apothekenteam stößt. Meistens wird die neue Kraft dringend erwartet, um kurz- oder langfristige Personallücken zu schließen. Je früher sie voll durchstarten kann, desto besser! Doch wie gelingen Einarbeitung und Integration ins Team - neudeutsch „Onboarding“ genannt - möglichst schnell und effizient? |
Ein Plan muss her!
Für einen effektiven Einstieg neuer Mitarbeiter haben sich Einarbeitungspläne bewährt, ähnlich den „Standard Operating Procedures“ (SOPs) der pharmazeutischen Industrie. Das Ziel ist es, nach kurzer Zeit strukturiert mitarbeiten zu können und Reibungsverluste im Team zu vermeiden. Folgende Aspekte sind dabei wichtig:
- Genaue Aufgabenbeschreibung
- Genaue Beschreibung der Einarbeitungsschritte
- Beschreibung der Zuständigkeiten
- Kommunikation und Dokumentation
Einarbeitungsschritte
Eine optimale Grundlage für die Einarbeitung bietet eine fundierte Stellenbeschreibung. Hier sind Aufgaben und Ziele, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten klar definiert. Auch die Stellung im Organisationsplan (Vorgesetzte, Unterstellte) sowie Stellvertretungen sind Bestandteil der Beschreibung.
Vorbereitung
Kurz bevor die neue Mitarbeiterin ihre Arbeit antritt, werden ihre Unterlagen noch einmal genau gesichtet. Je nach Ausbildung und Berufserfahrung wird ein detaillierter Einarbeitungsplan mit konkreten Ziel- und Zeitvorgaben erstellt (ggf. im Austausch mit der neuen Mitarbeiterin). Die Apothekenleitung informiert alle Mitarbeiter über die neue Teamkollegin und bespricht deren Einarbeitung. Unter den „alten Hasen“ wird eine Patin gefunden, die sich der „Neuen“ besonders annimmt. Ebenfalls im Vorfeld wird für die neue Kollegin ein persönliches Fach eingerichtet und ein Namensschild im Corporate Design bereitgelegt.
PRAXISHINWEIS | Zum guten Ton gehört es, dass die Apothekenleitung die neue Mitarbeiterin vor Arbeitsaufnahme persönlich anruft, nochmals auf den vereinbarten Starttermin, eventuell mitzubringende Dokumente wie Lohnsteuerkarte etc. hinweist und sich versichert, dass alle unmittelbar anstehenden Fragen (z. B. zu Parkmöglichkeiten) geklärt sind. |
Begrüßung, Kurzvorstellung und Formalitäten
Idealerweise begrüßt die Apothekenleitung (notfalls eine Vertretung) die neue Kollegin bei der Ankunft persönlich und stellt sie dem Team vor. Dabei ist zu beachten, dass die Vorstellung nicht nur einseitig erfolgt: Zumindest die Namen aller Kollegen sollten hier bereits erwähnt werden. Der Vorstellung der Patin wird besondere Aufmerksamkeit gewidmet.
PRAXISHINWEIS | Mit der ersten Vorstellung ist es nicht getan. Denken Sie im Laufe der nächsten Wochen daran, die neue Kollegin auch wichtigen Zulieferern und Geschäftspartnern vorzustellen, mit denen sie nicht jeden Tag zu tun hat. |
Es folgt ein persönliches Gespräch, bei dem die wichtigsten Informationen zur Apotheke vermittelt werden. Hierzu gehören u. a. (auch wenn die Punkte zum Teil sicher schon im Bewerbungsgespräch Erwähnung gefunden haben):
- Leitbild, Schwerpunkte, Corporate Identity
- Arbeitszeiten, ggf. Zeiterfassung
- Urlaubsregelungen
- Telefongepflogenheiten wie die Art der Namensnennung
Noch ausstehende Formalitäten können jetzt erledigt werden. Abschließend werden der neuen Kollegin eventuelle schriftliche Informationen ausgehändigt, ihr Fach gezeigt und das Namensschild übergeben.
Ein erster Überblick: Einweisung
Ebenfalls noch am ersten Arbeitstag kommt die Patin zum Einsatz: Sie stellt die einzelnen Mitarbeiter mit ihren Arbeitsschwerpunkten vor, macht mit der „Neuen“ einen Rundgang durch die Apotheke und erläutert alle Funktionsbereiche sowie Räumlichkeiten. Wichtige Themen dieser Einweisung in den Arbeitsplatz sind z. B. die Telefonliste, Ärzte und Apotheken im Umfeld, das Schwarze Brett, Zugriffsmöglichkeiten auf wichtige Unterlagen (online und offline), die Kittelaufbewahrung und der Wäscheplan. Aber auch Fortbildungsmöglichkeiten, Geburtstagsgepflogenheiten, Möglichkeiten, in der Umgebung einen Mittagsimbiss zu besorgen, und ähnliche Dinge sind Themen für den ersten Tag.
In die Tiefe: Einarbeitung
Im Laufe der ersten Woche(n) wird die neue Kollegin von der Patin bzw. den jeweiligen Fachkolleginnen eingearbeitet, und zwar ebenfalls nach dem vorher festgelegten Einarbeitungsplan. Je nach Stellenbeschreibung und Qualifikation gehört dazu z. B.
- Erläuterung der EDV (Rezeptablage, Kassenfunktionen, Nachlieferungsbestellung etc.)
- Kundenkarten, Empfehlungsmarketing, Sonderkunden wie Altenheime
- Wareneingangsbearbeitung, Bestellrhythmen, Großhandels- und Direktbezug, Lager- und Datenpflege
- Rezeptur/Defektur/Labor
- Bürotätigkeiten, Telefondienst, Rechnungsbearbeitung
In dieser Phase geht es also um konkrete Inhalte, genaue Abläufe und Zusammenhänge, aber auch um Befugnisse und Ansprechpartner im Einzelnen.
PRAXISHINWEIS | Alle Einarbeitungsschritte sollten von den Beteiligten auf dem Einarbeitungsplan abgezeichnet werden. Relevante Informationen sind zudem übersichtlich zu dokumentieren, sodass sie für die neue Mitarbeiterin jederzeit nachlesbar sind. Sonst wird der Input schnell zu umfangreich, um ihn sich wirklich zuverlässig merken zu können. Ein gutes Qualitätsmanagementsystem liefert dabei wertvolle Grundlagen. |
Weiter am Ball bleiben
Mit dieser systematischen Vorgehensweise ist in kurzer Zeit eine strukturierte und zielgerichtete Zusammenarbeit möglich. Die durchdachte Kombination von Kommunikation und Dokumentation verhindert zudem Überforderung.
Während der Probezeit sollten regelmäßige „Kontrollgespräche“ eingeplant werden: Besprechen Sie z. B. nach einer Woche und nach einem Monat, was schon gut läuft und wo noch Informations- oder Nachschulungsbedarf besteht. Nach der halben Probezeit ist der richtige Zeitpunkt für die erste offizielle Leistungsbeurteilung. Drei Wochen vor Abschluss der Probezeit sollte die zweite Leistungsbeurteilung erfolgen.
Gruppendynamik nicht vergessen
Mindestens ebenso wichtig wie die fachliche Einarbeitung ist es, ein gutes Teamgefühl zu ermöglichen. Förderlich können dafür z. B. eine Teamsitzung und/oder ein gemeinsames Essen gleich in der ersten Einarbeitungszeit sein.
Fragen Sie die neue Mitarbeiterin aktiv nach besonderen Interessen und Vorlieben, die sie einbringen möchte. Sprechen Sie über individuelle oder gemeinsame Verantwortungsbereiche und ob eine Anpassung sinnvoll bzw. gewünscht ist. Vielleicht ist eine Kollegin froh, endlich die Regalbestückung und die Dekoration abgeben zu können, und die „Neue“ hat ein Faible dafür? Ist die Verantwortung auf mehrere Mitarbeiter verteilt und gibt es auf diese Weise sowohl Freiräume als auch Raum für Eigeninitiative, erhöht das die Motivation und die Verbundenheit des Teams.
PRAXISHINWEIS | Die Einarbeitung ist kein Prozess nur in eine Richtung. Ermuntern Sie die neue Kraft aktiv, Rückmeldungen zur Einarbeitung zu geben. Ihre Anregungen und Ideen können für die Optimierung bestehender Prozesse und Unterlagen wertvoll sein. |
Weiterführende Hinweise
- „So gelingt die Personalgewinnung: Steigern Sie Ihre Attraktivität als Arbeitgeber“ in AH 09/2016, Seite 7
- „So gelingt die Personalgewinnung: Vom Stellenprofil bis zur Personalsuche im Netz“ in AH 10/2016, Seite 9