01.08.2005 | Umsatzsteuer
Das Umsatzsteuer-ABC in der Apotheke
Die Apotheke erhält mit jedem Verkauf Umsatzsteuer und bezahlt mit jeder Zahlung an einen anderen Unternehmer Umsatzsteuer. Wirtschaftlich betrachtet sind die Umsatzsteuereinnahmen und -ausgaben in der Apotheke nur durchlaufende Posten. Der Apotheker muss jedoch die Steuer für das Finanzamt vereinnahmen und fristgerecht in der richtigen Höhe abführen. Der folgende Beitrag erläutert grundsätzliche Fragen der Umsatzsteuer, das Mehrwertsteuersystem und die Behandlung der Umsatzsteuer in der Apotheke.
Wann sind Umsätze steuerbar?
Der Umsatzsteuer unterliegen sämtliche Umsätze eines Unternehmer-Apothekers, die dieser im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Sofern die vier folgenden Voraussetzungen erfüllt sind, handelt es sich um einen steuerbaren Umsatz:
- Umsatz ist jede Warenlieferung oder Dienstleistung, für die eine Gegenleistung gezahlt wird
- Unternehmer ist jeder, der nachhaltig und nicht nur einmalig am wirtschaftlichen Waren- und Dienstleistungsverkehr teilnimmt
- Der Apotheker muss im Rahmen seines Unternehmens handeln
Vermietet der Apotheker beispielsweise Räumlichkeiten an Arztpraxen, nimmt er am allgemeinen Waren- und Dienstleistungsverkehr teil und erzielt monatlich Umsätze. Diese Vermietungsumsätze werden genauso wie die Apothekenumsätze dem Unternehmen zugeordnet. Verkauft der Apotheker jedoch ein privates Fahrrad, wird er nicht für sein Unternehmen tätig. Vielmehr handelt es sich hier um die einmalige Veräußerung eines Privatvermögens. Eine Umsatzsteuerpflicht ist nicht gegeben. |
- Die Umsätze müssen im Inland getätigt werden. So ist beispielsweise die Vermietung eines Gegenstandes, der sich in der Schweiz befindet, nicht der deutschen Umsatzsteuer zu unterwerfen
Wann sind Umsätze steuerfrei?
Liegt ein steuerbarer Umsatz vor, muss geprüft werden, ob dieser Umsatz auch tatsächlich der Umsatzsteuer zu unterwerfen ist. Insgesamt sieht das Umsatzsteuergesetz 30 Steuerbefreiungstatbestände vor. Von der Umsatzbesteuerung sind insbesondere die folgenden (steuerbaren) Umsätze befreit:
- Umsätze, die als besonders wichtig angesehen werden (wie Heilbehandlungen von Ärzten, die Vermietung von Wohnraum)
- Umsätze, die bereits von einer anderen Steuer belegt sind (wie Grunderwerbsteuer) und aus diesem Grunde nicht noch einmal zusätzlich der Umsatzsteuer unterworfen werden
Wann sind Umsätze steuerpflichtig?
Unterliegen die steuerbaren Umsätze keiner Steuerbefreiung, muss der Unternehmer zusätzlich zu dem von ihm kalkulierten Verkaufspreis die Umsatzsteuer erheben. Die Steuerhöhe richtet sich nach der Art des Geschäftes. Der Regelsteuersatz beträgt aktuell 16 Prozent des Netto-Umsatzes. Darüber hinaus gibt es einen ermäßigten Steuersatz von derzeit 7 Prozent, der in erster Linie für Lieferungen von Lebensmitteln oder Druckerzeugnissen, Leistungen im kulturellen Bereich sowie die Beförderung im öffentlichen Personenverkehr gilt.
Anmerkung: Die Lieferung von Arzneimitteln wird in Deutschland nicht als förderungswürdig angesehen. Somit wird hier ein Umsatzsteuersatz von 16 Prozent erhoben. Im europäischen Vergleich ist dies nicht die Regel. Die meisten EU-Mitgliedstaaten haben auf Arzneimittel einen ermäßigten Steuersatz bzw. stellen die Lieferung von Arzneimitteln unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei.
Welche Umsatzsteuer wird als Vorsteuer abgezogen?
Die Unternehmer sind auf Grund des Vorsteuerabzugs von der Umsatzsteuer für ihr Unternehmen wirtschaftlich nicht betroffen. Lediglich der Endabnehmer hat die Umsatzsteuer zu tragen. Der Unternehmer kann die für das Unternehmen gezahlte Umsatzsteuer geltend machen. Im Rahmen des Vorsteuerabzugsverfahrens wandelt sich die für das Unternehmen gezahlte Umsatzsteuer in gezahlte Vorsteuer um. Diese kann der Unternehmer von der vereinnahmten und an das Finanzamt abzuführenden Umsatzsteuer abziehen.
Beispiel 1: Einfache Vertriebskette
Apotheker A hat beim Großhändler einen OTC-Artikel für brutto 23,20 Euro erworben (= 20 Euro + 16 Prozent Umsatzsteuer). A möchte für den Verkauf dieses Artikels einen Preis von 25 Euro erzielen. Darauf müssen nun 16 Prozent Umsatzsteuer, also 4 Euro aufgeschlagen werden, so dass der Ladenverkaufspreis 29 Euro beträgt. Die 4 Euro stellen für den Apotheker fremdes Geld dar und müssen von ihm an das Finanzamt abgeführt werden.
Die gezahlte Umsatzsteuer von 3,20 Euro kann A beim Finanzamt geltend machen, indem er den Betrag von der vereinnahmten Umsatzsteuer abziehen darf. Er darf also die vereinnahmte Umsatzsteuer von 4,00 Euro um die gezahlte Vorsteuer von 3,20 Euro kürzen und muss lediglich 0,80 Euro an das Finanzamt abführen. |
Beispiel 2: Mehrgliedrige Vertriebskette
Der pharmazeutische Hersteller H verkauft einen Artikel zum Verkaufspreis von netto 50 Euro zuzüglich 8 Euro Umsatzsteuer an den Großhändler G. G verkauft den Artikel für netto 60 Euro zuzüglich 9,60 Euro Umsatzsteuer weiter an Apotheker A. A verkauft das Produkt schließlich für netto 70 Euro zuzüglich 11,20 Euro Umsatzsteuer an den Patienten P. Diese Vertriebskette wirkt sich umsatzsteuerlich wie folgt aus:
Der Patient hat keinen Vorsteuerabzug, da er nicht Unternehmer ist. Er muss die an den Apotheker A gezahlte Umsatzsteuer von 11,20 Euro tatsächlich tragen. Das Finanzamt erhält die Umsatzsteuer in folgenden Teilbeträgen
Insoweit führt jeder Unternehmer nur den jeweils von ihm geschaffenen Mehrwert an dem Artikel an das Finanzamt ab. Daher resultiert auch der übliche Begriff „Mehrwertsteuer“. |
Wie wird die Umsatzsteuer angemeldet?
Der Apotheker muss monatlich eine Umsatzsteuervoranmeldung abgeben. Darin werden die in dem Monat getätigten Umsätze und die darauf entfallende Umsatzsteuer aufgeführt. Gleichzeitig werden alle in dem Monat gezahlten Vorsteuerbeträge angegeben und diese von den Umsatzsteuerbeträgen abgezogen. Die sich daraus ergebende Zahllast muss an das Finanzamt abgeführt werden.
Laut Umsatzsteuergesetz müssen die Umsatzsteuervoranmeldung und das Abführen der Zahllast bis zum 10. des nachfolgenden Monats erfolgt sein. Dies stößt in Apotheken wie auch in anderen Unternehmen zu erheblichen technischen Schwierigkeiten. Aus diesem Grund gibt es im Rahmen eines Dauerfristverlängerungsverfahrens die Möglichkeit, die Abgabe- und Zahlungsfrist um jeweils einen Monat zu verlängern. Hierfür sind ein Antrag und Anfang des Jahres eine Sondervorauszahlung zu leisten. Die Vorauszahlung wird am Ende des Jahres mit der tatsächlichen Zahllast verrechnet und für das nächste Jahr neu gebildet. Als Folge dieses Dauerfristverlängerungsantrags muss beispielsweise die Umsatzsteuervoranmeldung für September 2005 nicht bereits am 10. Oktober, sondern erst zum 10. November 2005 abgegeben werden.
Wie werden andere Umsätze der Apotheke behandelt?
Zu den Umsätzen der Apotheke gehören nicht nur die Warenumsätze selbst, sondern auch alle anderen Umsätze, die in der Apotheke erzielt werden. Dies können zum Beispiel Beratungsleistungen sein, die ein Apotheker einem Computerhersteller gegenüber erbringt. Auch hier ist die Teilnahme am allgemeinen Waren- und Dienstleistungsverkehr im Rahmen seines Unternehmens zu bejahen. Auf das Beratungshonorar ist zusätzlichUmsatzsteuer festzusetzen; diese ist an das Finanzamt abzuführen.
Ebenso stellen Umsätze aus Anlageverkäufen Umsätze der Apotheke dar. Umsatzsteuerlich gilt hier:
Beispiel
Apotheker A veräußert einen gebrauchten Computer an seine Tochter für einen üblichen Preis von 300 Euro. Der Computer gehört zum Unternehmensvermögen der Apotheke. Der Umsatz stellt deshalb einen Umsatz der Apotheke dar und ist der Umsatzsteuer zu unterwerfen. A muss daher die in dem Betrag von 300 Euro enthaltene Umsatzsteuer herausrechnen, um die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer zu ermitteln. Dazu ist der Bruttopreis durch 1,16 zu teilen (also 300 Euro : 1,16 = 258,62 Euro). Die Differenz zum Bruttopreis (also 300 Euro ./. 258,62 Euro) ergibt eine Umsatzsteuer von 41,38 Euro. |
Wie werden Privatentnahmen behandelt?
Auch wenn der Apotheker als Unternehmer die Umsatzsteuer in der Regel wirtschaftlich nicht zu tragen hat, gibt es Ausnahmen. Dies ist der Fall, wenn der Apotheker Leistungen aus der Apotheke für private Zwecke nutzt. Hiervon sind vor allem die private Warenentnahme, Nutzung des Betriebs-Pkw und des Apothekentelefons betroffen. In diesen Fällen gilt:
Der Apotheker ist Endabnehmer von Medikamenten oder sonstigen Artikeln und zahlt deshalb die Umsatzsteuer wie jeder Verbraucher. Werden für die Nutzung des Pkws oder des Telefons die gesamten Vorsteuerbeträge geltend gemacht, ist der Apotheker hinsichtlich des privaten Nutzungsanteils wie ein Endabnehmer zu behandeln. Auf die Privatanteile ist also Umsatzsteuer festzusetzen und an das Finanzamt abzuführen.