· Fachbeitrag · Berufsrecht
Widerruf der Apothekenbetriebserlaubnis wegen Unzuverlässigkeit: übermäßiger Verkauf von Ephedrin
von RA, FA für StrafR Sascha Lübbersmann, Münster, www.kanzlei-akb.de
| Eine den Widerruf der Apothekenbetriebserlaubnis begründende „strafrechtliche Verfehlung“ (§ 4 Abs. 2 i.V. mit § 2 Abs. 1 Nr. 4 Apothekengesetz [ApoG]) setzt keine strafrechtliche Schuldfeststellung voraus (Oberverwaltungsgericht [OVG] Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30.9.2013, Az. OVG 5 N 21.09, Beschluss unter www.dejure.org ). |
Sachverhalt
Der klagende Apotheker erwarb von Pharmagroßhändlern mindestens 24 kg Ephedrin(-Hydrochlorid) und veräußerte diese in Lieferungen von meistens 2 kg an einen Kunden. Ephedrin und seine Salze, seit 1984 verschreibungspflichtig, dienen als Grundstoff zur Synthese des in Deutschland verbotenen Betäubungsmittels Methamphetamin. Ausweislich staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen wurde das Ephedrin überwiegend nach Tschechien verbracht und dort in illegalen Laboren zur sogenannten Partydroge Crystal umgewandelt. Der darin liegende strafrechtliche Verstoß gegen das Grundstoffüberwachungsgesetz (GÜG) konnte aber wegen einer temporären Strafbarkeitslücke strafrechtlich nicht geahndet werden. Der Widerruf der Apothekenbetriebserlaubnis unter Anordnung der sofortigen Vollziehung wurde vom OVG bestätigt.
Entscheidungsgründe
Das OVG bekräftigte zunächst, dass der Kläger Ephedrin ohne Erlaubnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte und damit unter Verstoß gegen das GÜG erworben und veräußert hat. Von der dem Kläger erteilten Apothekenbetriebserlaubnis seien nur die - hier evident überschrittenen - apothekenüblichen Grundstoffmengen erfasst, in diesem Fall eine Menge von bis zu 100 mg. Daran anknüpfend betonte das Gericht, dass demjenigen die für die Apothekenleitung erforderliche Zuverlässigkeit fehle, der unter Ausnutzung seiner Apothekenbetriebserlaubnis Drogenaustauschstoffe in großem Umfang willfährig in den Verkehr gebracht hat. Der Betriebserlaubniswiderruf gegen den Kläger sei auch zulässigerweise auf die Annahme einer „strafrechtlichen Verfehlung“ (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 ApoG) gegen ein strafrechtliches Verbot nach dem GÜG gestützt. Dem stehe das Ausbleiben einer strafgerichtlichen Verurteilung des Klägers nicht entgegen, da die einschlägigen Bestimmungen des ApoG allein präventiven Zwecken, nicht hingegen der Ahndung von Schuld dienen und keinen Strafcharakter haben.
PRAXISHINWEIS | Die Entscheidung verdeutlicht, dass eine erfolgreiche Verteidigung gegen strafrechtliche Vorwürfe das Ergebnis der verwaltungsrechtlichen Prüfung eines Betriebserlaubniswiderrufs nicht präjudizieren muss. Strafverfahren und Verwaltungsverfahren dienen unterschiedlichen Zwecken und unterliegen divergierenden Maximen. Für die „strafrechtliche Verfehlung“ i.S. des Widerrufsverfahrens genügt deshalb der tatbestandsmäßige Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz oder GÜG als solcher. |