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  • · Fachbeitrag · Strafrecht

    BGH: Das Inverkehrbringen von Zytostatika ohne Zulassung ist strafbar

    von RA Prof. Dr. Carsten Wegner, FA für Strafrecht, Krause & Kollegen, Berlin

    | Der Bundesgerichtshof (BGH) hat erstmals - und mit Auswirkungen für eine Vielzahl vergleichbarer Fälle im Bundesgebiet - über die Reichweite der Zulassungspflicht für das Inverkehrbringen von Arzneimitteln zur Behandlung krebskranker Patienten (Zytostatika) entschieden und die Strafbarkeit des Apothekers bejaht ( BGH, Urteil vom 4.9.2012, Az: 1 StR 534/11, Abruf-Nr. 122931 ). |

     

    Sachverhalt

    Ein Apotheker soll in den Jahren 2006 und 2007 im Labor der von ihm geleiteten Apotheke auf Rezept Zytostatika-Lösungen auf der Basis des Fertigarzneimittels Gemzar® zubereitet haben. Obwohl es ihm jederzeit möglich gewesen wäre, hierzu auf das in Deutschland zugelassene Medikament zurückzugreifen, bezog er in einer Vielzahl von Fällen eine stoffgleiche, nur in einigen anderen Staaten der Welt zugelassene Herstellung. Hierdurch sparte er 58.500 Euro. Bei der Abrechnung legte er nicht offen, dass das von ihm verwendete Arzneimittel nicht zugelassen war. Er rechnete vielmehr nach dem Listenpreis ab, was von den Patienten nicht bemerkt und bei stichprobenhaften Rechnungsprüfungen der Krankenkassen auch nicht beanstandet wurde. Das Landgericht München sprach den Angeklagten von den Vorwürfen des Inverkehrbringens von Fertigarzneimitteln ohne die erforderliche Zulassung (§ 96 Nr. 5 AMG), der unerlaubten Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel ohne Verschreibung (§ 96 Nr. 13 AMG) und des Betrugs (§ 263 StGB) frei.

     

    Entscheidungsgründe

    Der BGH hat diese Entscheidung revidiert. Die Zulassungspflicht entfalle nicht dadurch, dass aus dem Arzneimittel Gemzar® durch Hinzugabe von Kochsalzlösung eine Injektionslösung zubereitet wird. Die Verbringung eines Fertigarzneimittels in seine anwendungsbereite Form mache aus ihm kein Rezepturarzneimittel; hierfür bedürfe es vielmehr der Durchführung wesentlicher Herstellungsschritte in der Apotheke. Die Pflicht zur Zulassung bestehe damit fort. Damit komme eine Strafbarkeit gemäß § 96 Nr. 5 AMG in Betracht. Der BGH lässt offen, ob auch § 96 Nr. 13 AMG verwirklicht ist. Jedenfalls trete diese Strafvorschrift im vorliegenden Fall hinter § 96 Nr. 5 AMG zurück.

     

    Nach Ansicht des BGH kommt auch eine Strafbarkeit wegen Betrugs in Betracht, weil für nicht zugelassene Medikamente kein Erstattungsanspruch besteht. Damit läge ein Schaden in voller Höhe der von den Krankenkassen und privat versicherten Patienten zu Unrecht erstatteten Beträge vor.

     

    Hinweis | Auch wenn der BGH kein abschließendes Urteil sprechen konnte und der Sachverhalt an das Landgericht zurückverwiesen worden ist, besteht für den betroffenen Apotheker kaum noch Aussicht auf Erfolg. Die Vorgaben des BGH bieten wenig Spielraum.

    Quelle: Ausgabe 11 / 2012 | Seite 15 | ID 35531660