· Fachbeitrag · Betriebsprüfung
So bereitet sich der Prüfer bereits im Finanzamt auf die Betriebsprüfung vor
| Weil die staatlichen Kassen ziemlich leer sind, sind die Betriebsprüfer in der Pflicht, noch effektiver zu prüfen. So soll sich die Betriebsprüfung mehr als bisher auf Sachverhalte beschränken, die zu endgültigen Steuerausfällen oder zu erheblichen Gewinnverlagerungen führen können. AH zeigt auf, wie sich die Betriebsprüfer schon im Finanzamt selbst auf die Prüfung vorbereiten und wie sie versuchen, bereits im Vorfeld Prüfungsschwerpunkte herauszufiltern. Ein Fallbeispiel erläutert die Vorgehensweise Schritt für Schritt. |
Ausgangsinformationen des Betriebsprüfers
Der Betriebsprüfer wird zunächst die Betriebsprüfungskartei „Apotheken“ genau durcharbeiten, in der er erste Hinweise für seine Prüfung erhält. Dann sieht er zur weiteren Vorbereitung die Steuerakte der zu prüfenden Apotheke mit den Steuerfestsetzungen und den Jahresabschlüssen durch, um Auffälligkeiten und Abweichungen zu entdecken. Da der Prüfer nicht mehr Beleg für Beleg sichten kann, legt er nach dem Studium der Steuerakten bereits vor Beginn einer Prüfung sogenannte „Prüfungsschwerpunkte“ fest. Das sind Prüfungsfelder, mit denen er sich später gründlich beschäftigen will.
Fallbeispiel Hirsch-Apotheke
Aus der Steuerakte, dem Betriebsprüfungsbericht und der Arbeitsakte über die Vorprüfung erkennt der Prüfer die folgende Fallkonstellation.
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Die Hirsch-Apotheke wird seit Jahren vom Apotheker F. Mayer in gepachteten Räumen geführt. Sie liegt im Zentrum der etwa 40.000 Einwohner großen A-Stadt in der Fußgängerzone. In direkter Nähe liegen ein Ärztehaus und weitere fünf Facharztpraxen. Zwei andere Apotheken bilden die direkte Konkurrenz. Mitte des Jahres 2010 hat in unmittelbarer Nähe eine HNO-Praxis eröffnet. Das Wirtschaftsjahr stimmt mit dem Kalenderjahr überein. Die Betriebsprüfung der Hirsch-Apotheke soll im Jahr 2013 durchgeführt werden. Die Prüfungsanordnung erstreckt sich auf die Jahre 2009 bis 2011. Die Einkommensteuerbescheide für die Prüfjahre sind „unter dem Vorbehalt der Nachprüfung“ ergangen. |
Beachten Sie | Nur wenn die Steuerfestsetzungen „unter dem Vorbehalt der Nachprüfung“ (VdN) sind - etwa weil die Betriebsprüfung schon seit einiger Zeit geplant ist -, bleibt der Steuerfall in seiner Gesamtheit offen. Der Betriebsprüfer kann dann ohne Einschränkung sowohl zu Ihren Gunsten als auch zu Ihren Ungunsten Änderungen vornehmen. Liegen bestandskräftige Steuerbescheide vor, kann das Finanzamt nur ändern, wenn der Prüfer neue Tatsachen feststellt. Eine Änderung durch den Prüfer ist nicht mehr möglich, wenn die sogenannte Festsetzungsverjährung eingetreten ist. Diese beträgt vier Jahre und beginnt mit dem Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung abgegeben worden ist.
Der Prüfer stellt Ihre Einkünfte zusammen
In einem ersten Reihenvergleich stellt der Prüfer die Einkünfte der Eheleute Mayer aus den Einkommensteuer-Festsetzungen der Prüfjahre zusammen. Um einen noch besseren Überblick zu gewinnen, nimmt er in seinen Reihenvergleich auch noch das nicht zum Prüfungszeitraum gehörende Kalenderjahr 2008 auf.
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2008(in Euro) | 2009(in Euro) | 2010(in Euro) | 2011(in Euro) | ||
Gewinn Apotheke | EM* | 100.640 | 97.840 | 84.410 | 85.800 |
Nichtselbstständige Arbeit | EF* | 12.480 | 12.480 | 13.180 | 13.600 |
Kapitalvermögen | EM | 4.090 | - | - | - |
Kapitalvermögen | EF | 150 | - | - | - |
Vermietung + Verpachtung | EM | 2.700 | 2.400 | - 8.030 | 2.010 |
Vermietung + Verpachtung | EF | 300 | 390 | 210 | 140 |
Gesamtbetrag der Einkünfte | 120.360 | 113.110 | 89.770 | 101.550 | |
Sonderausgaben | 15.100 | 18.500 | 15.950 | 16.670 | |
Zu versteuernder ?Einkommensbetrag | 105.260 | 94.610 | 73.820 | 84.880 | |
VdN | VdN | VdN | VdN | ||
Steuererklärungen beim Finanzamt eingegangen | 13.08.2009 | 06.10.2010 | 04.10.2011 | 07.11.2012 | |
Festsetzungsverjährung eingetreten | 31.12.2013 | 31.12.2014 | 31.12.2015 | 31.12.2016 | |
Auswertung:
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* EM = Ehemann, EF = Ehefrau
Ausgabenüberprüfung der Apotheke
Als nächstes analysiert der Prüfer die Betriebsausgaben für den Prüfungszeitraum. In einem Reihenvergleich stellt er auf seiner Suche nach Prüfungsschwerpunkten steuerlich interessierende Zahlenwerte der Apotheke zusammen und vergleicht sie miteinander (interner Betriebsausgaben-Vergleich). Das Zahlenmaterial dafür entnimmt er den Gewinn- und Verlustrechnungen, die der Steuerberater dem Finanzamt alljährlich mit der Steuererklärung und den Abschlussunterlagen vorlegt. Häufig erkennt der Prüfer dabei bereits erste Auffälligkeiten und Abweichungen für seine spätere Prüfung in der Apotheke. Vielfach ergänzen die Betriebsprüfer diesen Betriebsausgaben-Vergleich mit Kenn- und Richtzahlen, die sie aus Prüfungen anderer Apotheken oder veröffentlichten Statistiken gesammelt haben (externer Betriebsausgaben-Vergleich).
Der Vorteil für den Prüfer liegt auf der Hand: Zieht sich in der zu prüfenden Apotheke nämlich ein Fehler durch die Gewinnermittlungen aller Wirtschaftsjahre - beispielsweise in den Zinsen enthaltene Aufwendungen für private Anschaffungsdarlehen - so wird er beim internen Betriebsausgaben-Vergleich kaum bemerkbar sein.
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Stat.* | 2008 | 2009 | 2010 | 2011 | |||||||||||
% | Euro | % | Euro | % | Euro | % | Euro | % | |||||||
Erlöse | 100,0 | 1.589.200 | 100,00 | 1.625.900 | 100,00 | 1.712.200 | 100,00 | 1.777.900 | 100,00 | ||||||
Wareneinsatz | 72,0 | 1.173.800 | 73,86 | 1.202.230 | 73,94 | 1.268.740 | 74,10 | 1.319.200 | 74,20 | ||||||
Rohgewinn | 28,0 | 415.400 | 26,14 | 423.670 | 26,06 | 443.460 | 25,90 | 458.700 | 25,80 | ||||||
Betriebsausgaben | |||||||||||||||
Personalaufwand | 10,7 | 187.560 | 11,80 | 194.660 | 11,97 | 209.670 | 12,25 | 228.520 | 12,85 | ||||||
Raumkosten (Miete, Energie) |
1,7 |
33.320 |
2,10 |
36.090 |
2,22 |
55.440 |
3,24 |
39.290 |
2,21 | ||||||
Kfz-Kosten | 0,4 | 6.550 | 0,41 | 10.440 | 0,64 | 6.850 | 0,40 | 7.310 | 0,41 | ||||||
Werbekosten, Marketing | 1,3 | 19.230 | 1,21 | 15.120 | 0,93 | 14.890 | 0,86 | 25.240 | 1,42 | ||||||
Absetzung für Abnutzung, Geringwertige ?Wirtschaftsgüter (GwG) | 1,2 | 15.900 | 1,00 | 17.900 | 1,10 | 15.400 | 0,90 | 12.400 | 0,70 | ||||||
Zwischensumme | 15,3 | 262.560 | 16,52 | 274.210 | 16,87 | 302.250 | 17,65 | 312.760 | 17,59 | ||||||
(Summe) Sonstige ?Betriebsausgaben | 4,3 | 52.200 | 3,28 | 51.620 | 3,17 | 56.800 | 3,32 | 60.140 | 3,38 | ||||||
Gebühren Rezeptstelle | 9.050 | 9.260 | 9.750 | 10.130 | |||||||||||
Rechts- und Beratungskosten | 10.320 | 10.570 | 11.130 | 11.500 | |||||||||||
Finanzierungskosten | 1.700 | 2.780 | 4.410 | 2.000 | |||||||||||
Beiträge, Versicherungen | 6.360 | 6.500 | 6.840 | 8.110 | |||||||||||
Porto, Telefon, Fax, Internet | 3.650 | 3.740 | 3.930 | 4.090 | |||||||||||
Reisekosten, Fortbildung | 350 | 4.810 | 280 | 1.240 | |||||||||||
Abschreibungen auf unverkäufliche Ware | 6.040 | 3.260 | 3.500 | 3.760 | |||||||||||
Übrige Kosten | 14.730 | 10.700 | 16.960 | 19.310 | |||||||||||
Summe ?Betriebsausgaben | 19,6 | 314.760 | 19,80 | 325.830 | 20,04 | 359.050 | 20,97 | 372.900 | 20,97 | ||||||
Gewinn | 8,4 | 100.640 | 6,33 | 97.840 | 6,03 | 84.410 | 4,93 | 85.800 | 4,83 | ||||||
Auswertung:
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*Statistische Werte
Weiter auffällig ist der geringe Reingewinnsatz für die Hirsch-Apotheke mit etwa fünf bis sechs Prozent der Einnahmen, während die Richtsatzsammlung des Bundesfinanzministeriums einen mittleren Rahmenwert von neun Prozent für 2009 und 2010 sowie von acht Prozent für 2011 vorsieht. Allerdings wird der untere Rahmenwert von fünf Prozent (2009/2010) und von vier Prozent (2011) vom Apotheker Mayer gerade noch erreicht. Damit kann sich der Prüfer zufrieden geben.
Einnahmenüberprüfung der Apotheke
Für die Betriebsprüfung ist ausschließlich die Aufschlagskalkulation vorgeschrieben.
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2008(in Euro) | 2009(in Euro) | 2010(in Euro) | 2011(in Euro) | |
Erlöse | 1.589.200 | 1.625.900 | 1.712.200 | 1.777.900 |
Wareneinsatz | 1.173.800 | 1.202.230 | 1.268.740 | 1.319.200 |
Rohgewinn | 415.400 | 423.670 | 443.460 | 458.700 |
Rohgewinnaufschlagsatz | 35,39 % | 35,24 % | 34,95 % | 34,77 % |
Rohgewinnaufschlagsatz laut Richtsatzsammlung | 33 - 39 - 45 | 33 - 39 - 45 | 33 - 39 - 45 | 30 - 35 - 41 |
Auswertung: Die Hirsch-Apotheke liegt mit ihren Rohgewinnaufschlagsätzen in 2009 und 2010 deutlich unter dem - hier fett gedruckten - mittleren Rahmenwert, aber noch über dem unteren Rahmenwert. Aus seinen Prüfungen anderer Apotheken weiß der Prüfer, dass die Rohgewinnaufschlagsätze der Richtsatzsammlung für 2009 und 2010 zu hoch angesetzt sind. Sie betragen beim mittleren Wert nur etwa 35 bis 36 Prozent. Im Jahr 2011 hat das Bundesfinanzministerium seine Werte endlich dem aktuellen Markt angepasst. Daher erreicht die Hirsch-Apotheke hier auch etwa den mittleren Rahmenwert. |
Weitere Prüffelder
Neben branchenspezifischen Prüfungsschwerpunkten muss der Prüfer auch noch regional festgelegte Prüfungsfelder bearbeiten. In einigen Bundesländern werden diese Prüffelder von den Oberfinanzdirektionen sogar gesondert für jedes Finanzamt festgelegt. Sie sind von den Veranlagungsdienststellen verpflichtend zu prüfen. Die Steuerfestsetzungen für die Mayers stehen in Hinblick auf die anstehende Betriebsprüfung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. In solchen Fällen verzichtet die Veranlagungsstelle auf die vorgeschriebene Überprüfung und überlässt diese lieber dem Betriebsprüfer. Solche Prüffelder können unter anderem sein:
- Beiträge zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen
- Beitrittsspenden an gemeinnützige Vereine
- Pkw in Betriebsvermögen/private Kfz-Nutzung
- Heimunterbringung/Pflegekosten als außergewöhnliche Belastung
Weiterführender Hinweis
- „Apotheken wieder im Fokus der Finanzämter: Wie gehen die Betriebsprüfer vor?“ in ?AH 09/2012, Seite 17