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  • · Fachbeitrag · Editorial AK 05/2022

    Prüfen Sie unbedingt bisher gewohnte Arbeitsabläufe in Ihrer Kanzlei!

    | Liebe Kolleginnen und Kollegen, schauen Sie bitte einmal ganz genau hin: Wie sieht Ihr elektronisches Dokument aus, das Sie an Gerichte, Staatsanwaltschaften oder Kollegen versenden? Steht z. B. immer noch einfach nur „Rechtsanwalt“ darunter, weil Sie davon ausgehen, dass dies wegen Ihres Briefkopfes und weiterer Angaben eindeutig ist? Und haben Sie für Abwesenheitszeiten wirklich alles so vorbereitet, damit ein Kollege aus seinem Postfach für Sie versenden kann? |

     

    Im beA-Zeitalter sollten Sie alle bisher in der Kanzlei gewohnten Verhaltensweisen und Arbeitsprozesse überdenken und auf die neuen Erfordernisse anpassen. Das zeigt jetzt auch wieder eine aktuelle Entscheidung des BSG vom 16.2.22 (B 5 R 198/21 B, Abruf-Nr. 228650):

     

    Dort hatte Kollege S die Nichtzulassungsbeschwerde zum BSG vorbereitet, maschinenschriftlich mit „S Rechtsanwalt“ unterzeichnet und handschriftlich ergänzt: „für den verhinderten RA “. Das Dokument enthielt zwei unleserliche Namenskürzel, mit dem Zusatz „RA“. Versandt wurde der Schriftsatz über das beA aus dem Postfach des Rechtsanwalts H. Das BSG verwarf die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig, da Verfasser und Versender nicht übereinstimmten. Es sei nicht erkennbar, wer die Verantwortung für den Schriftsatz trage: RA S habe den Schriftsatz nicht übermittelt. Es sei nicht erkennbar, dass RA H die Unterschrift geleistet habe. Der versendende RA H sei nicht als inhaltlicher Verfasser erkennbar, da es für ihn an einer erkennbaren eigenen einfachen Signatur fehle. Dieser Anwaltshaftungsfall wäre eindeutig vermeidbar gewesen (wenn die Sache Aussicht auf Erfolg gehabt hätte). Diese Punkte hätten beachtet werden müssen:

     

    • Der Unterzeichner des Schriftsatzes (m. E. am besten mit vollem Namen und eingescannter Unterschrift) und Versender über das beA müssen gleich sein. Dies dient auch der Klarheit im Rechtsverkehr.
    • Die Formulierung „für den abwesenden RA“ ist heute überholt. Hier hätte besser der vertretende Kollege selbst lesbar mit vollem Namen unterzeichnet und aus seinem Postfach versendet.

     

    Prüfen Sie deshalb unbedingt die Arbeitsabläufe in Ihrer Kanzlei. Sorgen Sie für entsprechende Anweisungen. Veranlassen Sie eine Korrektur in einem Schriftsatz, müssen Sie vor dem Versand selbst überprüfen, ob dieser wieder vollständig ist (Seiten, „Unterschrift“, Signatur ...). Fehlt hier etwas, können Sie keine Wiedereinsetzung verlangen. Diese Kontrolle können Sie nicht delegieren (vgl. BGH 8.3.22, VI ZB 78/21, Abruf-Nr. 228611; Kurzinformation Abruf-Nr. 48193643). Seien Sie sorgfältig ‒ nur so vermeiden Sie Haftungsfälle! Die Mai-Schwerpunkt-Ausgabe von AK gibt auch insofern viele rechtssichere Praxistipps!

     

    Mit besten kollegialen Grüßen

    Ihr Martin W. Huff

    Quelle: Ausgabe 05 / 2022 | Seite 2 | ID 48199346