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  • · Fachbeitrag · Fristen

    Nur vorübergehende beA-Störung ist keine technische Unmöglichkeit

    von Christian Noe B. A., Göttingen

    | Gerichte müssen immer häufiger entscheiden, ob ein Anwalt tatsächlich wegen einer beA-Störung eine Frist versäumt hat. Aber Vorsicht, wenn Sie in solchen Fällen mit technischen Ausfällen argumentieren. Wenn diese nur vorübergehender Natur sind, entbindet dies Anwälte nach Meinung des OVG NRW nicht von ihren „elektronischen Pflichten“. |

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    In dem zugrunde liegenden Fall hatte die Anwältin die Anträge auf Zulassung der Berufung sowie auf PKH gefaxt. Sie erklärte dazu, dass sie das beA nicht nutzen konnte und legte dem Gericht eine E-Mail des beA-Servicedesks vom Sendetag vor. Dokumente in elektronischer Form könne sie demnach nicht übermitteln, „da der hiesige Internetprovider (1&1) noch keinen Anschluss zur Verfügung stellt, der von der beA-Software ausreichend erkannt wird“. Sobald dies behoben sei, würde sie alle Schriftsätze und Anlagen auch noch elektronisch übermitteln. Das OVG NRW wies ihre Anträge zurück, denn sie habe nicht glaubhaft gemacht, dass das Scheitern auf technischen Gründen i. S. v. § 55d S. 3 VwGO beruhte (31.3.22, 19 A 448/22.A, Abruf-Nr. 229840).

     

    § 55d VwGO meint ‒ wie § 130d ZPO ‒ Übermittlungen, die aus „technischen Gründen vorübergehend nicht möglich“ sind. Die Vorschrift entbinde Anwälte aber nicht davon, die notwendigen technischen Einrichtungen vorzuhalten und bei Ausfällen sofort für Abhilfe sorgen zu können. Weder in ihrem per Telefax übermittelten Schriftsatz noch später habe die Bevollmächtigte glaubhaft gemacht, ob sie überhaupt sichergestellt hat, ihr beA seit dem 1.1.22 nutzen zu können. Hierzu zähle auch ein Internetanschluss, der von der beA-Software ausreichend erkannt wird. Insoweit liege hier keine Störung der technischen beA-Infrastruktur vor, die nicht in die anwaltliche Verantwortungssphäre fällt.

     

    Relevanz für die Praxis

    Anwälte müssen schlüssig und nachweisbar darlegen, dass sie eine funktionierende Kanzlei-IT haben und eine Störung kurzfristig und nicht vorhersehbar erfolgte. Dies ist ggf. mit Screenshots oder Kurzvideos zu dokumentieren (AK 22, 76). beA-Störungen können online in der Störungsdokumentation der BRAK recherchiert werden (https://bea.expert/bea-stoerung/). Ein Anwalt scheitert aber mit seinem Vorbringen, wenn seine Angaben auch den Schluss zulassen, dass er generell nicht über die notwendige Technik bzw. funktionierende, kompatible Software für den ERV verfügt.

     

    Weiterführende Hinweise

    • beA-Leserforum: 14 aktuelle Nutzerfragen zu Originalen, Abschriften und Signaturen, AK 22, 43
    • Ungeeignetes elektronisches Dokument kann nicht in Papierform nachgereicht werden, AK 22, 77
    Quelle: Ausgabe 07 / 2022 | Seite 113 | ID 48284087