· Fachbeitrag · Mandatsverhältnis
Verteidiger darf über Haftbefehl informieren
von OStA a.D. Raimund Weyand, St. Ingbert
| Der Verteidiger darf nach Ansicht des OLG Jena seinen Mandanten über einen von der Staatsanwaltschaft beantragten Haftbefehl unterrichten, wenn er diese Information im Rahmen einer antragsgemäßen Akteneinsicht versehentlich erhält. |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Die Staatsanwaltschaft hatte der Pflichtverteidigerin antragsgemäß eine vollständige Kopie der Ermittlungsakte übersandt. Diese enthielt Kopien des Entwurfs eines Haftbefehlsantrags. Die Verteidigerin gab die Akte an den Mandanten weiter. Der Antrag der Ermittlungsbehörde, die Berufsangehörige wegen versuchter Strafvereitelung (§ 258 StGB) als Verteidigerin auszuschließen (§ 138a Abs. 1 Nr. 3 StPO), blieb erfolglos.
Teilweise wird die Auffassung vertreten, einem Verteidiger sei es schlechthin verboten, seinen Mandanten über drohende Zwangsmaßnahmen zu informieren und ihm entsprechende Aktenteile in Kopie zu überlassen. Das OLG lehnt diese Meinung explizit ab, weil sie in der StPO keinen Niederschlag gefunden hat. Dies gilt jedenfalls in den Fällen, in denen ‒ wie hier ‒ der Rechtsbeistand über angedachte Maßnahmen unbeabsichtigt informiert wird (OLG Jena 18.1.22, 1 Ws 487/21, Abruf-Nr. 229841).
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