· Nachricht · Rechtliches Gehör
Videokonferenz: Sind alle Prozessbeteiligten ins rechte Bild gesetzt?
| Wer an einem Verhandlungstermin nach § 91a FGO per Videoschalte teilnimmt, muss zeitgleich die Richterbank und alle anderen Prozessbeteiligten sehen und hören können. „Umgekehrt“ geht es auch nicht, dass sich eine Partei im Gerichtssaal ständig umdrehen oder ihre Position ändern muss, um Richter bzw. Bildschirme zu sehen (BFH 18.8.23, IX B 104/22, Abruf-Nr. 237768 ). |
Bei Videoübertragungen gilt der Grundsatz (des rechtlichen Gehörs), dass alle Prozessbeteiligten zeitgleich die anderen Beteiligten visuell und akustisch wahrnehmen können, als säßen sie selbst im Sitzungssaal. Auch nonverbale Gesten oder Mimik müssen wahrnehmbar sein. Unzulässig ist, dass beispielsweise nur der Richter im Bildausschnitt zu sehen ist. Muss ein Beteiligter außerdem immer wieder hin- und herschauen, um alle Beteiligten sehen und hören zu können, kann dies ablenken und es erschweren, sich auf den Prozess bzw. den Verlauf der Verhandlung zu konzentrieren. Möglicherweise entgeht einer Partei so die nonverbale Kommunikation zwischen einem Beteiligten und der Richterbank.
Das OLG Celle hatte aus den gleichen Gründen festgestellt, dass eine Teilnahme per Smartphone an einer Verhandlung nicht den Anforderungen des § 128a Abs. 1 ZPO genügt. Die Bildschirme seien zu klein, um zeitgleich mehrere Beteiligte in allen Details wahrnehmen zu können (15.9.22, 24 W 3/22, Abruf-Nr. 238719).
(mitgeteilt von Christian Noe B. A., Göttingen)
Weiterführende Hinweise
- „Die Neuregelung ist nur mit einem Recht auf Videoverhandlung sinnvoll!“, AK 23, 2
- Gerichtsverhandlung per Video: Unter bestimmten Umständen genügt auch die Tonübertragung, AK 22, 55