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Anwalt muss Zeitpunkt der Zustellung selbst prüfen
| Nach dem BGH darf sich ein Anwalt nicht blind auf den Zugangstag einer Kündigung verlassen, den der Mandant mitteilt ( AK 19, 98 ). Hieran knüpft das BVerwG an und sieht den Anwalt in derselben Pflicht, wenn es um einen Widerspruchsbescheid geht (1.3.23, 9 C 25.21, Abruf-Nr. 235762 ). Dies gilt erst recht, wenn der Mandant keinen Postumschlag mehr hat, dem der Anwalt Zustellungsdaten entnehmen könnte. |
Die Zustellung als besondere Förmlichkeit gewährleistet eine möglichst genaue Bestimmung des Zeitpunkts der Bekanntgabe behördlicher Entscheidungen. Sie ist eine Rechtstatsache, bezüglich derer sich ein Anwalt nicht darauf verlassen darf, was ihm sein Mandant mitteilt. Vielmehr muss er den Zeitpunkt des Zugangs eigenverantwortlich überprüfen (BGH 14.2.19, IX ZR 181/17, Abruf-Nr. 207637). Er darf diese Aufgabe auch nicht an sein Personal delegieren. Sich auf von Mandanten mitgeteilte Zustellungsdaten zu verlassen, bleibt aber ein wiederkehrender Fehler. Vorliegend kam hinzu, dass dem Mandanten kein Umschlag (Postzustellungsurkunde) mehr vorlag und im Bescheid nicht stand, in welcher Form zugestellt wurde. Liegt keine Zustellungsurkunde vor, muss sich der Anwalt mittels verlässlicher Quellen unverzüglich über Zustellzeitpunkte informieren (Akteneinsicht, Anruf/Anfrage bei Behörde/Gericht) und möglichst eine Kopie von Zustellungsurkunden/-nachweisen für die Handakte einholen. Ein neues Mandat verpflichtet den Anwalt, dazugehörige Akten unverzüglich selbst auf einzuhaltende Fristen zu prüfen (AK 21, 43).
(mitgeteilt von Christian Noe B. A., Göttingen)
Weiterführende Hinweise
- Was im Kalender gestrichen ist, ist nicht unbedingt auch tatsächlich erledigt, AK 22, 171