· Nachricht · Versagungsgrund
Unwürdiges Verhalten verhindert die (Wieder-) Zulassung zur Anwaltschaft
von OStA Raimund Weyand, St. Ingbert
| Zeigt der Bewerber ein Verhalten, das ihn nach seiner Gesamtpersönlichkeit als für den Anwaltsberuf untragbar erscheinen lässt, kann nach dem BGH die (Wieder-)Zulassung zur Anwaltschaft versagt werden. |
Sachverhalt
Der Anwalt war im Jahr 2004 wegen Untreue und Beitragsvorenthaltung zu einer Bewährungsstrafe von 18 Monaten verurteilt worden und hatte auf seine Zulassung als Anwalt verzichtet. Drei Jahre später wurde gegen ihn ‒ ebenfalls wegen Untreue ‒ eine weitere Bewährungsstrafe von sieben Monaten verhängt. Im Jahr 2018 stimmte er der Einstellung eines neuen Strafverfahrens wegen verschiedener Insolvenzdelikte gegen die Zahlung einer Auflage (§ 153a StPO) zu. Als er seine erneute Berufszulassung anstrebte, lehnte die Anwaltskammer diesen Antrag ab. Eine Klage hiergegen blieb beim Anwaltsgericht ebenso erfolglos wie der Antrag beim BGH, die Berufung gegen das nachteilige Urteil zuzulassen (BGH 20.8.20, AnwZ [Brfg] 12/20, Abruf-Nr. 218094).
Relevanz für die Praxis
Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist zu versagen, wenn sich der Bewerber eines Verhaltens schuldig gemacht hat, das ihn unwürdig erscheinen lässt, den Beruf des Rechtsanwalts auszuüben (§ 7 Nr. 5 BRAO). Bei der Beurteilung des Fehlverhaltens wegen einer Straftat kommt es u. a. auch darauf an,
- wie viele Jahre zwischen der Verfehlung des Bewerbers und dem Zeitpunkt der Wiederzulassung liegen,
- wie der Bewerber mit seinem Fehlverhalten umgegangen ist und ob er den Schaden (z. B. bei einer Untreuehandlung) vollständig wieder gut gemacht hat oder
- ob sich der Bewerber auch ansonsten untadelig geführt hat oder in jüngster Vergangenheit erneut auffällig geworden ist.
Auch eine durch ein besonders schwerwiegendes Fehlverhalten begründete Unwürdigkeit kann durch Zeitablauf und Wohlverhalten des Bewerbers derart an Bedeutung verloren haben, dass sie seiner Zulassung nicht mehr im Wege steht. Bindende feste Fristen gibt es hierbei nicht. Bei gravierenden Straftaten hält die Rechtsprechung indes einen Abstand von in der Regel 15 bis 20 Jahren zwischen Tatbegehung und Wiederzulassung für erforderlich (st. Rspr.; s. nur BGH 19.2.20, AnwZ (Brfg) 66/19).
Bei dieser Entscheidung sind stets das berechtigte Interesse des Bewerbers nach beruflicher und sozialer Eingliederung und das durch das Berufsrecht geschützte Interesse der Öffentlichkeit an der Integrität des Anwaltsstandes einzelfallbezogen gegeneinander abzuwägen (grundlegend BVerfG 22.10.17, 1 BvR 1822/16).