· Nachricht · Wiedereinsetzung
Anwalt darf nur einfache Routinefristen delegieren
| Anwälte dürfen keine Rechtsmittelbegründungsfristen in Verfahren vor dem BVerfG oder einem OVG an ihr Personal delegieren (OVG Schleswig-Holstein 18.8.22, 3 LB 5/22, Abruf-Nr. 234237 ). |
Abgelenkt durch ein Telefonat hatte eine Rechtsanwaltsfachangestellte die Fristen zweier Mandate verwechselt. So trug sie versehentlich eine Zwei-Monats-Frist statt der korrekten einmonatigen Frist für die Berufungsbegründung ein. Diesen organisatorischen Fehler musste sich der Anwalt zurechnen lassen. Zwar dürfen Anwälte einfache Routinefristen durch das Personal bearbeiten lassen. Dies gilt allerdings nicht für schwierig zu berechnende bzw. besondere Fristen. Dazu gehören die vom Zivilprozess abweichenden und in ihrer Berechnung daher fehleranfälligen Rechtsmittelbegründungsfristen in Verfahren vor dem BVerfG (§ 133 Abs. 3 S. 1 VwGO, § 139 Abs. 3 S. 1 VwGO) und die Berufungsbegründungsfristen in Verfahren vor dem OVG. Das OVG musste sich hier deshalb gar nicht mehr damit befassen, ob die Büroangestellte sonst immer beanstandungsfrei gearbeitet hat.
PRAXISTIPP | Wenn ein Anwalt exakt festgelegt hat, welche Fristen seine Mitarbeiter selbstständig bearbeiten dürfen und welche nicht (Arbeitsanweisung), muss er dies dem Gericht auch so darlegen. Das Gericht darf nicht durch eine kurze, missverständliche Angabe des Anwalts davon ausgehen, dass das Personal sich um „alle“ Fristen kümmert (AK 20, 76). |
(mitgeteilt von Christian Noe B. A., Göttingen)
Weiterführende Hinweise
- Ist die Frist „schwierig“, muss der Anwalt zwingend prüfen, AK 20, 76
- Keine Wiedereinsetzung, wenn die Berufungsschrift an das falsche Gericht geht, AK 23, 2