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  • · Beratungspraxis, Teil 3

    Unsachgemäßer Gebrauch von Kommunikationseinrichtungen: Wie kann das Fehlverhalten des Arbeitnehmers sanktioniert werden?

    Bild: © hacohob - stock.adobe.com

    von RA Heike Mareck, zertifizierte Externe Datenschutzbeauftragte, Dortmund, www.kanzlei-mareck.de

    Verletzt der Arbeitnehmer die Anweisungen des Arbeitgebers hinsichtlich der zur Verfügung gestellten Kommunikationseinrichtungen, kann die gesamte Klaviatur der arbeitsrechtlichen Sanktionen zum Einsatz kommen: Ermahnung, Abmahnung, fristlose und fristgemäße Kündigung, aber auch Versetzung, Sperren des Internetzugangs sowie Schadenersatzansprüche.

     

    Nachfolgend eine Übersicht interessanter Fälle:

     

    Übersicht / Kündigung bei verbotener Internetnutzung etc.

     BAG 12.1.06

     2 AZR 179/05

    Abruf-Nr. 158231

    Verhaltensbedingte Kündigung wegen privater Internetnutzung, Abmahnung wegen der Schwere des Verhaltens entbehrlich

    Durch die unerlaubte ‒ durch entsprechende Dienstvereinbarung und Dienstanweisung verbotene ‒ Installation einer Anonymisierungssoftware verletzte der Arbeitnehmer seine arbeitsvertragliche (Rücksichtnahme-)Pflicht erheblich. Eine Abmahnung ist auch unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ausnahmsweise entbehrlich, wenn eine Verhaltensänderung in Zukunft ‒ trotz Abmahnung ‒ nicht erwartet werden kann oder es sich um eine solch schwere Pflichtverletzung handelt, dass deren Rechtswidrigkeit dem Arbeitnehmer ohne Weiteres erkennbar ist und bei der eine Hinnahme des Verhaltens durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen werden kann.

    Wichtiges Urteil:

     BAG 7.7.05,

    2 AZR 501/04,

    Abruf-Nr. 052312

    Außerordentliche Kündigung bei Internetnutzung zu privaten Zwecken in erheblichem Umfang während der Arbeitszeit

    Ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung an sich kann vorliegen, wenn der Arbeitnehmer das Internet während der Arbeitszeit zu privaten Zwecken in erheblichem zeitlichen Umfang („ausschweifend“) nutzt und damit seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt. Als ausschweifend wurde hier einmal 27 Minuten und einmal 74 Minuten (Pausen bereits abgezogen) angesehen. Zudem ging es um den Besuch pornografischer Seiten.

     LAG Köln 17.2.04,

    5 Sa 1049/03,

    Abruf-Nr. 041685

    Vorherige Abmahnung erforderlich

    Die Dienstvereinbarung regelte zwar ausdrücklich die Zulässigkeit der „privaten Nutzung gebührenfreier Internetdienste“ und die „private Nutzung der Mail-Funktionen“. Sie enthielt jedoch keine ausdrückliche Verbotsregelung für eine an sich mögliche Internetnutzung während der Arbeitszeit, insbesondere waren keine Sanktionen vorgesehen. Wird daher wie im vorliegenden Fall vom Arbeitnehmer der Zugang zum Internet privat entgegen der Dienstvereinbarung auch während der Dienstzeit genutzt, ohne dass andere erhebliche Interessen des Arbeitgebers dadurch beeinträchtigt werden, rechtfertigt ein solches Verhalten des Arbeitnehmers in aller Regel keine außerordentliche oder ordentliche Kündigung des Arbeitgebers ohne entsprechende vorherige Abmahnung.

    BAG 27.4.06,

    2 AZR 386/05,

    Abruf-Nr. 158533

    Fortgesetzte grobe Verstöße gegen das Verbot der privaten Internetnutzung rechtfertigen eine außerordentliche Kündigung ohne vorherige Abmahnung. In dem Fall surfte der Arbeitnehmer zwei Monate lang fast täglich, manchmal bis zu drei Stunden. Dabei hat er vorrangig pornografische Seiten angeschaut). Dies sei eine ganz erhebliche Verletzung seiner Arbeitspflichten. Deshalb sei die Kündigung wirksam. Er habe sich am Arbeitsplatz mit privaten Dingen beschäftigt und sich diese „Tätigkeit“ als Arbeitszeit bezahlen lassen. Dass darunter seine Arbeitsleistung gelitten habe, sei naheliegend ‒ das müsse der Arbeitgeber nicht eigens beweisen. Darüber hinaus schädige der Mann auf diese Weise den Ruf des Arbeitgebers: Die beim Aufrufen von Pornoseiten hinterlassenen elektronischen Spuren könne nicht nur die Polizei zurückverfolgen. So entstehe der Eindruck, auch der Arbeitgeber befasse sich mit Pornografie anstatt mit den Dienstaufgaben.

    BAG 31.5.07,

     2 AZR 200/06

    Abruf-Nr. 072544

    Keine vorherige Abmahnung erforderlich I

    Der Arbeitnehmer war seit 1999 bei der Arbeitgeberin als Bauleiter beschäftigt. Für seine Tätigkeit stand ihm ein dienstlicher PC zur Verfügung, den er nicht allein nutzte und für dessen Nutzung die Arbeitgeberin nichts vorgab. Bei einer Kontrolle des PC stellte die Arbeitgeberin fest, dass von dem PC häufig Internetseiten mit vorwiegend erotischem oder pornografischem Inhalt aufgerufen und dass Bilddateien mit solchem Inhalt abgespeichert worden waren. Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis fristgerecht, ohne vorherige Abmahnung. Das Arbeitsgericht gab der Kündigungsschutzklage statt, das Berufungsgericht wies ab. Das BAG bestätigt die Abweisung. Eine Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen sei nach § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer seine arbeitsvertraglichen Pflichten erheblich, i. d. R. schuldhaft verletze. Auch wenn die private Nutzung des Internets im Betrieb nicht untersagt sei, könne sie eine erhebliche Pflichtverletzung darstellen und den Arbeitgeber zur Kündigung ohne vorherige Abmahnung berechtigen. Ob sie das für eine Kündigung erforderliche Gewicht habe, hänge u. a. von ihrem Umfang, der etwa damit einhergehenden Versäumung bezahlter Arbeitszeit oder einer durch die Art der Nutzung herbeigeführten Gefahr der Rufschädigung des Arbeitgebers ab.

     Arbeitsgericht Hannover 10.1.02,

     10 Ca 250/01

    NZA-RR 02, 582

    Keine vorherige Abmahnung erforderlich II

    Datenmissbrauch ist i. d. R. als eine schwerwiegende Vertragspflichtverletzung anzusehen, die die außerordentliche und fristlose Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne vorherige Abmahnung rechtfertigt. Bringt sich ein Arbeitnehmer widerrechtlich in den Besitz von User ID und Codes des Vorgesetzten, behält er diese Codes bei sich und offenbare dies dem Arbeitgeber bzw. Vorgesetzten nicht, so stellt dieses Verhalten eine schwerwiegende Vertragspflichtverletzung dar, die zur außerordentlichen Kündigung berechtigt.