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    Mausgebucht! Darauf müssen Anwälte achten, die Online-Terminplaner nutzen

    Bild: © Andrey Popov - stock.adobe.com

    von Rechtsanwaltsfachangestellter Christian Noe, B. A., Leipzig

    | Eine praktische Sache: Mandanten rufen nicht in der Kanzlei an oder sprechen vor, sondern vereinbarten direkt online auf der Kanzlei-Website einen Termin. Das spart Zeit und entlastet das Kanzleiteam. Für z. B. Fitnessstudios oder Kinos ist das nichts Neues, Anwälte als Berufsgeheimnisträger müssen jedoch besonders auf den Datenschutz achten. Was das konkret heißt, erklärt Rechtsanwalt Christian Solmecke, spezialisiert auf die Beratung der Internet- sowie IT-Branche und Partner der Kölner Medienrechtskanzlei Wilde Beuger Solmecke, im Interview mit DR. |

     

    Frage: Welche Möglichkeiten bieten sich Anwälten für das Angebot einer Online-Terminvereinbarung?

     

    Antwort: Was bei Ärzten schon längst gang und gäbe ist, setzt sich bei Anwälten erst langsam durch: die Online-Terminvereinbarung. Für Mandanten ist eine solche Funktion natürlich extrem praktisch. Sie hängen nicht lange in der Warteschleife und können die verfügbaren Termine direkt mit dem eigenen Kalender abgleichen. Online-Software für die Terminverwaltung gibt es im Internet zuhauf. Die monatlichen Gebühren beginnen hier schon ab 19 EUR. In der Funktionsvielfalt unterscheiden sich die Dienste teilweise erheblich. Während manche lediglich die Terminvereinbarung ermöglichen, übernehmen andere Anbieter auch direkt die Kommunikation mit dem Mandanten. So sendet etwa der Dienst Calendly unmittelbar nach der Buchung eine Willkommens-E-Mail mit dem Termin im Anhang, der dann im Kalender notiert werden kann. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, automatisiert Erinnerungen verschicken zu lassen. So kann der Mandant etwa 24 Stunden vor dem Termin und beispielsweise bei einem Telefontermin noch einmal eine Stunde vorher wahlweise per E-Mail oder SMS an das Gespräch mit dem Anwalt erinnert werden.

     

    PRAXISTIPP | Wer die Terminvergabe automatisieren will, stößt auf einen großen Markt von Anbietern, die Reservierungs- und Terminplansysteme für unterschiedliche Branchen entwickeln. Dazu gehören z. B. Anbieter wie TIMIFY, Appointmind oder Termin online buchen. Darunter finden sich kostenlose und kostenpflichtige Angebote, die einen großen Funktionsumfang, integrierte Bezahlmöglichkeiten und die Synchronisation mit persönlichen Kalendern bieten. Eine Übersicht mit Leistungsbeschreibungen und Preismodellen einzelner Anbieter finden Sie hier.

     

    Frage: Abgesehen von den datenschutzrechtlichen Voraussetzungen: Inwieweit müssen Anwälte auch auf ihre berufsrechtlichen Pflichten achten, wenn sie derartige Software nutzen?

     

    Antwort: Diese beiden Aspekte müssen tatsächlich gesondert betrachtet werden: zum einen das Berufsgeheimnis der Rechtsanwälte und zum anderen die DS-GVO . Beim Berufsgeheimnis kommt es auf das Tool selbst an und die Frage, ob bzw. welche Daten eines Mandanten überhaupt an den externen IT-Dienstleister übertragen werden müssen. Nach § 203 Abs. 3 S. 2 StGB muss der Berufsgeheimnisträger zunächst prüfen, ob es überhaupt erforderlich ist, dass interne Informationen über das Mandat übermittelt werden bzw. ob technisch mit 100%iger Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass ein externer Mitarbeiter in die Daten Einsicht nehmen kann. Dies wäre z. B. der Fall, wenn alles verschlüsselt ist und der Schlüssel sich nicht auf dem Server befindet.

     

    Sollten externe Personen von den Inhalten, die das Mandatsverhältnis betreffen, Kenntnis nehmen können, dann müssen Anwälte nach dem neuen § 203 StGB sowie dem Berufsrecht mit externen IT-Dienstleistern eine vertragliche Verschwiegenheitserklärung abschließen. Diese Personen dürfen wiederum andere Hilfspersonen mit einbinden, wenn sie ihrerseits entsprechende Vereinbarungen abschließen.

     

    Frage: Das entspricht einer vertraglichen Bindung aller Beteiligten, oder?

     

    Antwort: Richtig, es muss also eine lückenlose vertragliche Kette vom Anwalt hin zu allen mit der Datenverarbeitung beteiligten Personen existieren. Verstoßen die Hilfspersonen gegen die Vereinbarung, können sie sich sogar selbst als Täter strafbar machen. Darüber hinaus müssen natürlich die allgemeinen Anforderungen der DS-GVO eingehalten werden. Berufsgeheimnisträger müssen zunächst den richtigen IT-Dienstleister auswählen und dabei prüfen, ob dieser auch die nötigen technischen und organisatorischen Maßnahmen getroffen hat, um personenbezogene Daten zu schützen. Mit diesem ist dann ein Auftragsdatenverarbeitungsvertrag abzuschließen. Handelt es sich um einen außereuropäischen IT-Dienstleister, gelten zusätzliche Anforderungen für die Datenübermittlung ins außereuropäische Ausland.

     

    Frage: Die DS-GVO ist noch jung. Insoweit fehlt es bislang an einer Rechtsprechung zu möglichen Verstößen, wenn solche Software eingesetzt wird?

     

    Antwort: Richtig, dies bleibt noch abzuwarten. Möchte man aber z. B. Kontaktformulare auf der eigenen Website einbinden, muss man allgemein Folgendes beachten: Für jede Datenverarbeitung benötigt man eine Erlaubnisnorm. Bei Kontaktformularen nimmt der Nutzer selbst den Kontakt auf, insofern kann die Datenverarbeitung auf die Notwendigkeit zur Erfüllung eines Vertrags oder auf das berechtigte Interesse gestützt werden (Art. 6 DS-GVO). Zudem muss das Prinzip der Datensparsamkeit beachtet werden: So darf der Anwalt vom potenziellen Mandanten keine Informationen als Pflichtangaben verlangen, die er nicht benötigt, um seine Anfrage zu bearbeiten. Was am Ende tatsächlich als erforderlich gilt, hängt von der jeweiligen Situation ab. Eine SSL-Verschlüsselung ist Pflicht, ebenso die Erfüllung der Informationspflichten nach Art. 13 DS-GVO in der Datenschutzerklärung. Es muss eine Erläuterung der Datenverarbeitung über Kontaktformulare in der Datenschutzerklärung enthalten sein.

     

    Frage: Und bei der Kooperation mit externen Dienstleistern?

     

    Antwort: Sollten die Daten des Mandanten an externe Dienstleister übergeben werden, müssen diese vorher darüber genau informiert werden. Vor dem Absenden des Formulars sollte auf die Datenschutzerklärung verlinkt werden. Wer mit einem externen Dienstleister zusammenarbeitet, muss die Vorschriften zur Auftragsdatenverarbeitung beachten. Bei der Einbindung externer Software-Tools sind ebenfalls insbesondere die Vorschriften zur Auftragsdatenverarbeitung und zu den Informationspflichten zu beachten.

     

    Weiterführende Hinweise

    Quelle: ID 45739975