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  • · E-Commerce

    Angabe der Lieferzeit mit n„Artikel bald verfügbar“ ist unzureichend

    Bild: Rawpixel Ltd., sester1848

    von Martin Rätze, Trusted Shops GmbH, Köln

    | Die Angabe der Lieferzeit in einem Online-Shop mit „Artikel bald verfügbar. Sichern Sie sich jetzt Ihr Exemplar.“ ist nicht ausreichend (LG München 17.10.17, 33 O 20488/16). |

     

    Sachverhalt

    Ein Online-Händler bot in seinem Shop ein Samsung Smartphone zur Bestellung an. Im Laufe des Bestellprozesses erschien der Hinweis „Der Artikel ist bald verfügbar. Sichern Sie sich jetzt Ihr Exemplar!“ Weitere Angaben zur Lieferzeit gab es nicht. Der Kläger, ein Verbraucherschutzverein, war der Auffassung, diese Angabe verstoße gegen § 312d Abs. 1 S. 1 BGB i. V. m. Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 EGBGB, wonach im Fernabsatzhandel mit Verbrauchern der Termin anzugeben ist, bis zu dem die Ware geliefert wird. Der Online-Händler trat dem entgegen und meinte, eine Angabe des Liefertermins sei nicht notwendig. Der Anwendungsbereich von Art. 246a EGBGB sei schon gar nicht eröffnet. Die Angabe entspreche den Vorgaben des § 312j Abs. 1 BGB, wonach Informationen darüber zu erteilen sind, ob Lieferbeschränkungen bestehen.

     

    Entscheidungsgründe

    Das Gericht sah die Klage als begründet an. Nach Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 EGBGB ist der Unternehmer verpflichtet, dem Verbraucher Informationen u. a. über den Termin zur Verfügung zu stellen, bis zu dem der Unternehmer die Waren liefern muss. Durch diese Informationen soll der Verbraucher in die Lage versetzt werden, eine informierte Entscheidung im Hinblick auf den Vertragsschluss zu treffen. Die Angaben müssen alle Informationen enthalten, die die Entscheidung eines durchschnittlichen und vernünftigen Verbrauchers über den Vertragsschluss beeinflussen können. Hierzu zählt insbesondere der (späteste) Liefertermin. Abweichend vom Wortlaut kann der Unternehmer auch einen Lieferzeitraum angeben, wenn er sich nicht auf einen bestimmten Zeitpunkt festlegen will.

     

    Der von der Beklagten erteilte Hinweis „Der Artikel ist bald verfügbar. Sichern Sie sich jetzt Ihr Exemplar!“ genügt diesen gesetzlichen Anforderungen nicht. Die Angabe „bald“ ist kein bestimmter oder bestimmbarer Zeitraum, wie ihn das Gesetz verlangt.

     

    Die Informationspflichten aus § 312d Abs. 1 S. 1 BGB i. V. m. Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 EGBGB sind auch auf im Zeitpunkt der Bestellung nicht verfügbare Artikel anzuwenden. Etwas anderes lässt sich dem klaren und einschränkungslosen Wortlaut der genannten Vorschriften nicht entnehmen und ergibt sich auch nicht aus dem Zusammenspiel von § 312j Abs. 1 BGB einerseits und § 312d BGB i.V.m. Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 EGBGB andererseits.

     

    Zwar ist dem Online-Händler zuzugeben, dass sich der Verbraucher unter bestimmten Voraussetzungen durch Ausübung seines gesetzlichen Widerrufsrechts vom Vertrag lösen kann; dies setzt allerdings ein erneutes Tätigwerden des Verbrauchers voraus. Ein solches Tätigwerden wird aber bei verbreiteten alternativen Gestaltungen gerade nicht erforderlich, wie etwa bei unverbindlichen Reservierungen.

     

    Relevanz für die Praxis

    Die Entscheidung des Gerichts ist nachvollziehbar und verdient Zustimmung. Die gesetzlichen Regelungen zur Angabe der Lieferzeit sind eindeutig. Bietet ein Online-Händler Waren an, die aktuell nicht vorrätig sind und bei denen keine Lieferzeit absehbar ist, so muss er den Warenkorb- bzw. Bestellbutton bei diesen Produkten durch einen „unverbindlich reservieren“-Button tauschen. Diesem Button kann eine Funktion hinterlegt werden, mit deren Hilfe der Verbraucher informiert wird, wenn das Produkt wieder verfügbar ist. Sobald dies der Fall ist, kann der Verbraucher erst eine Bestellung auslösen.

     

    Eine solche Reservierungsfunktion muss vollkommen unverbindlich für den Verbraucher bleiben. D. h., der Verbraucher darf nicht zur Zahlung (auch nicht indirekt) aufgefordert oder etwa auf die Seiten von Zahlungsdiensteanbietern wie PayPal, Amazon Pay oder Sofortüberweisung weitergeleitet werden. In diesen Fällen wäre nämlich bereits der Vertragsschluss erfolgt und der Online-Händler hätte dann sowohl gegen die Pflichten der Button-Lösung (§ 312i BGB) also auch gegen die Pflicht, den Liefertermin zu nennen, verstoßen. Beide Verstöße können durch wettbewerbsrechtliche Abmahnungen geahndet werden.

     

    PRAXISHINWEIS | Die bloße Reservierungsfunktion hat auch Vorteile für den Händler. Kann er eine durch verbindliche Vorbestellungen entstandene hohe Nachfrage am Ende doch nicht bedienen, würde er sich schadenersatzpflichtig machen. Gerade bei beliebten Produkten wie Smartphones können sehr hohe Forderungen auf den Unternehmer zukommen. Liegen dem Händler dagegen nur unverbindliche Reservierungen vor, kann er mit einer zu knappen Belieferung durch seinen Lieferanten besser umgehen und vermeidet Schadenersatzansprüche gegen sich selbst.

     
    Quelle: ID 45074109