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  • · E-Commerce

    Kein Medikamentenverkauf über Amazon, weil datenschutzrechtliche Voraussetzungen fehlen

    Bild: © fotoknips - stock.adobe.com

    von Martin Rätze, Trusted Shops GmbH, Köln

    | Beim Branchen-Primus Amazon bekommt der Verbraucher so ziemlich alles, was er will. Das liegt u. a. daran, dass Händler über den Marketplace ihre Waren anbieten können. Das gilt allerdings nicht für apothekenpflichtige Medikamente, denn dafür fehlt es an datenschutzrechtlichen Voraussetzungen. Ein Apotheker versuchte es dennoch und verkaufte über den Marktplatz von Amazon auch apothekenpflichtige Medikamente. Das LG Dessau-Roßlau (28.3.18, 3 O 29/17) gab einer dagegen gerichteten Unterlassungsklage statt. Zur Begründung führte das Gericht die fehlende Einwilligung zur Erhebung und Verarbeitung von besonderen Daten an. |

    Einwilligung bei besonderen Arten personenbezogener Daten

    Online-Händler kennen das Erfordernis der Einwilligung vorrangig aus dem Bereich Newsletter-Werbung. In diesem Bereich muss der Empfänger ausdrücklich erklären, dass er mit der Verarbeitung seiner Daten zu Werbezwecken einverstanden ist. Diese Werbezwecke müssen dabei noch näher beschrieben werden. Aber das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) kennt auch noch die Einwilligung in die Verarbeitung sogenannter „besonderer Arten personenbezogener Daten“. Diese sind in § 3 Abs. 9 BDSG definiert als Angaben über

    • die rassische und ethnische Herkunft,
    • politische Meinungen,
    • religiöse oder philosophische Überzeugungen,
    • Gewerkschaftszugehörigkeit,
    • Gesundheit oder
    • Sexualleben.

    Direkte Angabe nicht erforderlich

    Damit es sich bei Angaben um solche besonderen Daten handelt, ist es nicht erforderlich, dass diese Angaben unmittelbar und direkt erfasst werden. Vielmehr ist es auch ausreichend, dass man aus Angaben auf die in dem Katalog von § 3 Abs. 9 BDSG genannten Dinge schließen kann. Dabei, so das Gericht, ist es allerdings nicht erforderlich, dass die aus den gemachten Angaben gezogenen Schlüsse zwingend richtig sind. Es reiche ‒ im Falle des Medikamentenverkaufs ‒ vielmehr, dass man Rückschlüsse auf die Gesundheit des Bestellers ziehen kann.

     

    Bei einer Bestellung von Medikamenten lassen sich aufgrund der Angaben im Bestellprozess Schlüsse auf mögliche Krankheiten oder die gesundheitliche Situation des Bestellers ziehen. Daher handelt es sich bei diesen Angaben um besondere Arten von personenbezogenen Daten i. S. d. § 3 Abs. 9 BDSG.

    Besondere Einwilligung erforderlich

    Will man als Unternehmer diese besonderen Arten von Daten verarbeiten, benötigt man eine Einwilligungserklärung des Betroffenen, die strenge Anforderungen erfüllt. So muss der Betroffene einer solchen Einwilligungserklärung ganz genau entnehmen können, um welche der in § 3 Abs. 9 BDSG genannten Arten von Daten es sich bei der Erhebung und Verarbeitung handelt und in welchem Kontext sie unter welchen Bedingungen zu welchen Zwecken verarbeitet werden. Eine solche Einwilligung kann auch nicht über die AGB, sondern muss separat und ausdrücklich eingeholt werden. Genau dies wird aber beim Verkauf von Medikamenten über Amazon nicht erfüllt. Weder der Verkäufer, der über den Marktplatz seine Waren verkauft, noch Amazon selbst holt eine solche Einwilligung ein.

     

    Der Apotheker verteidigte sich damit, dass der Käufer bei Amazon ein Kundenkonto eröffnen müsse und nur dann bestellen könne. Auch hierin sah das Gericht keine ausreichende Einwilligung.

    Ausnahme vom Erfordernis der Einwilligung

    Das BDSG sieht aber auch Ausnahmen vom Erfordernis dieser gesondert einzuholenden Einwilligung vor. Die einzige hier in Betracht kommende Ausnahme ist die Erhebung und Verarbeitung dieser Daten zum Zwecke der Gesundheitsvorsorge, sofern die Erhebung und Verarbeitung von einem Berufsgeheimnisträger vorgenommen wird. Der Beklagte selbst gehörte als Apotheker zu den Berufsgeheimnisträgern und durfte die sensitiven Gesundheitsdaten auch ohne die Einwilligung verarbeiten. Die Ausnahme greife vorliegend aber nicht, so das Gericht, weil der Kunde seine Daten im Laufe des Bestellprozesses nicht an den Apotheker gebe, sondern an Amazon. Amazon leitet die Daten erst anschließend an den Beklagten weiter.

     

    Daher ist der Ausnahmetatbestand beim Vertrieb über Amazon für die Erhebung der Daten nicht eröffnet. Denn bei diesem Vertriebsweg kommen Personen mit gesundheitsbezogenen Daten in Kontakt, die eben keine Berufsgeheimnisträger sind und nicht den Verschwiegenheitspflichten eines Apothekers unterliegen bzw. in den Organisationsablauf einer Apotheke eingebunden sind. Der Vertrieb von verschreibungspflichtigen Medikamenten über den Marketplace von Amazon ohne Einholung einer gesonderten Einwilligung verstößt somit sowohl gegen die datenschutzrechtlichen als auch gegen die berufsrechtlichen Vorgaben.

     

    PRAXISTIPP | Amazon ist für viele Unternehmer ein sehr attraktiver und reichweitenstarker Vertriebsweg. Wie das Urteil des LG Dessau-Roßlau allerdings zeigt, ist der Marktplatz nicht für alle Produkte geeignet, sofern Amazon seinen Bestellprozess nicht für diese umprogrammiert und die Einholung einer gesonderten Einwilligung vorsieht. Insbesondere Produkte aus dem Gesundheitsbereich sollten derzeit nicht über den Marktplatz gehandelt werden, da sonst teure Abmahnungen drohen.

     
    Quelle: ID 45293099