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  • · E-Commerce

    Umsatzsteuersatz für eBooks wird auf 7 % gesenkt

    Bild: © Markus Bormann - stock.adobe.com

    von Martin Rätze, Diplom-Wirtschaftsjurist, Kanzlei Wienke & Becker, Köln

    | Die Bundesregierung hat in ihrer Kabinettssitzung vom 31.7.19 einen Entwurf zum Jahressteuergesetz beschlossen. Dieser sieht unter anderem vor, die Mehrwertsteuer auf den Verkauf von eBooks zu senken. Künftig sollen die Verkäufe nicht mehr mit dem Normalsatz von 19 % besteuert werden, sondern nur noch mit dem ermäßigten Steuersatz von 7 %. Damit werden eBooks umsatzsteuerrechtlich den gedruckten Büchern gleichgestellt. Letztlich macht es inhaltlich keinen Unterschied, ob ein Text in gedruckter oder in digitaler Form verkauft wird. Begründet wurde die Unterscheidung unter anderem damit, dass das gedruckte Buch als Kulturgut gefördert und erhalten werden müsse. |

    EU-Recht gibt Vorgaben

    Die einzelnen Mitgliedstaaten der EU konnten bisher nicht einfach den Mehrwertsteuersatz auf eBooks ändern. Hintergrund ist die Mehrwertsteuersystem-Richtlinie (RL 2006/112/EG). Deren Art. 98 schrieb verbindlich vor, dass die Mitgliedstaaten den ermäßigten Steuersatz nur auf die Lieferung von Gegenständen und Dienstleistungen anwenden dürfen, die im Anhang III der Richtlinie aufgeführt sind. Außerdem enthält die Richtlinie die Vorschrift, dass ermäßigte Steuersätze nicht auf elektronische erbrachte Dienstleistungen anzuwenden sind. Genau um solche elektronisch erbrachten Dienstleistungen handelt es sich aber beim Verkauf von eBooks.

     

    Ein Rechtsstreit in Polen führte auch zu einer Entscheidung des EuGH (7.3.17, C-390/15) in dieser Frage. Das polnische Verfassungsgericht legte dem EuGH die Frage vor, ob die entsprechende Regelung in der Richtlinie nichtig sei, da eventuell Verfahrensgrundsätze beim Erlass der Richtlinie missachtet wurden. Das hat der Gerichtshof verneint.

     

    Außerdem wollte das polnische Verfassungsgericht wissen, ob der Grundsatz der steuerlichen Neutralität verletzt sei und die Vorschrift daher ungültig sei. Auf die zweite Frage hatte der Gerichtshof zu prüfen, ob zwei vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich geregelt wurden. Und der EuGH kam zu dem Ergebnis, dass der Verkauf von eBooks und die Lieferung gedruckter Bücher vergleichbare Sachverhalte darstellen. Diese wurden also steuerlich ungleich behandelt. Damit diese ungleiche Behandlung nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstieß, bedurfte es einer Rechtfertigung.

     

    Der EuGH sah diese Rechtfertigung der Ungleichbehandlung elektronisch erbrachter Dienstleistung darin, dass diese im Steuerrecht vereinfacht abgebildet werden sollten, damit der Steuersatz immer leicht und zweifelsfrei ermittelt werden könne, damit die Handhabung durch den Steuerpflichtigen und die Finanzverwaltung erleichtert werde. Mit Blick auf die Wichtigkeit des Gleichbehandlungsgrundsatzes erschien diese Begründung des EuGH schon damals zumindest fragwürdig.

    Änderung des EU-Rechts

    Auch nach der Entscheidung des EuGH riss die Kritik an der Ungleichbehandlung von eBooks und gedruckten Büchern nicht ab. Die Kommission hat wahrscheinlich auch deshalb die rechtlichen Grundlagen angepasst. Am 14.11.18 wurde im Amtsblatt der Union (ABl EU L 286/20) eine Richtlinie veröffentlicht, die festlegt, dass der ermäßigte Steuersatz auch auf eBooks anzuwenden ist.

    Ermäßigter Steuersatz für eBooks

    Konkret schreibt die Richtlinie vor, dass der ermäßigte Steuersatz „nicht anwendbar [ist] auf elektronisch erbrachte Dienstleistungen mit Ausnahme der unter Anhang III Nummer 6 fallenden Dienstleistungen.“

     

    Und in Anhang III Nr. 6 sind dann folgende elektronisch erbrachte Dienstleistungen aufgeführt: „Lieferung von Büchern, Zeitungen und Zeitschriften auf physischen Trägern, auf elektronischem Weg oder beidem, einschließlich des Verleihs durch Büchereien (einschließlich Broschüren, Prospekte und ähnlicher Drucksachen, Bilder-, Zeichen- oder Malbücher für Kinder, Notenhefte oder Manuskripte, Landkarten und hydrografischer oder sonstiger Karten), mit Ausnahme von Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen Werbezwecken dienen, und mit Ausnahme von Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen aus Videoinhalten oder hörbarer Musik bestehen.“

    Umsetzung in deutsches Recht

    Mit ihrem Beschloss vom 31.7.19 hat die Bundesregierung nun also den Grundstein für eine Anpassung des Steuersatzes für eBooks gelegt. Der Entwurf muss nun noch das parlamentarische Verfahren durchlaufen. Sobald das Gesetz in Kraft tritt ‒ voraussichtlich gegen Ende des Jahres ‒, werden also auch eBooks und die anderen in Anhang III Nr. 6 genannten elektronischen Dienstleistungen mit dem ermäßigten Steuersatz beschlossen.

     

    PRAXISTIPP | Händler sollten die Entwicklung beobachten und ihre Systeme entsprechend umstellen, sobald dies notwendig wird. Besonders wichtig ist die Änderung natürlich auch für die Umsatzsteuer-Voranmeldung, die beim Finanzamt eingereicht werden muss.

     

    Mehr Gewinn für Unternehmer

    Die Senkung der Mehrwertsteuer von 19 % auf 7 % hat Vorteile für Unternehmer, da dies eine unmittelbare Gewinnsteigerung bedeutet. Hintergrund sind die Regelungen des Buchpreisbindungsgesetzes. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 BuchPrG sind Bücher, für die die Preisbindung gilt, auch „Produkte, die Bücher, Musiknoten oder kartographische Produkte reproduzieren, wie zum Beispiel zum dauerhaften Zugriff angebotene elektronische Bücher, und bei Würdigung der Gesamtumstände als überwiegend verlags- oder buchhandlungstypisch anzusehen sind.“

     

    Die Preisfestlegung, die von Verlegern oder Importeuren vorgenommen werden muss, erfolgt dann allerdings inklusive der Umsatzsteuer (§ 5 Abs. 1 BuchPrG). Wird also die Mehrwertsteuer gesenkt, bleibt der festgesetzte Preis stabil. Ergebnis: Mehr Gewinn für den Unternehmer.

     

    • Beispiel

    Wird ein eBook zum Preis von 20 EUR verkauft, muss der Unternehmer davon 3,19 EUR Umsatzsteuer abführen. Sobald die Steuersenkung greift, muss der Unternehmer von den 20 EUR nur noch 1,31 EUR Umsatzsteuer abführen. Am Ende bleiben also 1,88 EUR mehr in der Kasse des Unternehmers.

     

    Hinweis auf MwSt im Online-Shop

    Händler, die ihre Waren im Fernabsatz ‒ z.B. im Online-Shop ‒ vertreiben, sind verpflichtet, den Verbraucher darauf hinzuweisen, dass die angegebenen Preise die Umsatzsteuer enthalten (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 PAngV). In der Regel findet man dazu den Hinweis „inkl. MwSt, zzgl. Versand“ in den Shops. Oft verwenden Online-Händler aber alternativ den Hinweis „inkl. 19 % MwSt“. Dieser Hinweis sollte aus mehreren Gründen nicht genutzt werden, insbesondere beim Handel mit elektronisch erbrachten Dienstleistungen.

     

    • Zum einen muss immer geprüft werden, ob auch wirklich ausschließlich Artikel verkauft werden, die dem Normalsatz unterliegen. Sobald ein Artikel ins Sortiment aufgenommen wird, für den der ermäßigte Steuersatz anzuwenden ist, ist der Hinweis falsch.

     

    • Zum zweiten zeigt der aktuelle Beschluss der Bundesregierung, dass sich Steuersätze ändern können. Der Unternehmer muss dann aufwendig alle Angebote durchforsten und den Hinweis anpassen.

     

    • Und zum dritten gibt es eine Besonderheit, wenn elektronische Dienstleistungen grenzüberschreitend verkauft werden. Gerade bei diesen muss man sich keine Gedanken um Lieferkosten etc. machen.

     

    Greift beim Verkauf von Waren grundsätzlich bis zum Erreichen der sogenannten Lieferschwellen ‒ zumindest beim Verkauf innerhalb der EU ‒ der heimische Steuersatz des Händler, gilt bei elektronisch erbrachten Dienstleistungen, dass grundsätzlich der Steuersatz im Wohnsitzland des Kunden anwendbar ist. Schon deswegen wäre also der Hinweis auf den deutschen Mehrwertsteuersatz falsch. Auch der Hinweis „inkl. deutscher MwSt“, den man manchmal liest, wäre dann falsch.

     

    PRAXISTIPP | Beim EU-weiten Verkauf von eBooks müssen Händler auch beachten, dass es in anderen Ländern ebenfalls Regelungen zur Buchpreisbindung gibt. Händler müssen sich dann an die im Wohnsitzland des Verbrauchers geltenden Buchpreise halten. Wer z.B. nach Österreich ein eBook verkauft, für das in Österreich ein anderer Preis festgesetzt als in Deutschland, muss den Preis verlangen, der in Österreich festgesetzt wurde.

     
    Quelle: ID 46063485