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  • · E-Commerce

    Werbung mit gekauften Kundenbewertungen

    Bild: © Poramet - stock.adobe.com

    von Martin Rätze, Diplom-Wirtschaftsjurist, Kanzlei Wienke & Becker, Köln

    | Kundenbewertungen sind im Online-Handel ein enorm wichtiges Marketing-Instrument. Insbesondere positive Bewertungen vermitteln Vertrauen. Online-Händler möchten daher so viele wie möglich (positive) Bewertungen sammeln. Einige kommen auch auf die Idee, Bewertungen einfach zu kaufen. Doch dabei ist Vorsicht geboten! |

    Amazon ging gegen Händler vor

    Das OLG Frankfurt a. M. (22.2.19, 6 W 9/19) musste einen solchen Fall entscheiden. Faktisch untersagt das OLG, gekaufte Bewertungen zu veröffentlichen, es sie denn, es wird gleichzeitig der Hinweis erteilt, dass diese Bewertungen gekauft sind. Aber der Reihe nach: Ein Tochterunternehmen von Amazon verkaufte Produkte unter dem Zusatz „Verkauf und Versand durch Amazon“ unter dem Handelsnamen „Warehousedeals“.

     

    Ein anderes Unternehmen, die Antragsgegnerin in dem Verfahren, bot Händlern, die ihre Produkte auf amazon vertrieben, die Erstellung und Veröffentlichung von Kundenbewertungen gegen Entgelt an. Hierzu betrieb sie eine eigene Website. Händler konnten sich dort registrieren und anschließend wurden Produkttester vermittelt. Diese Produkttester erhielten dann das zu bewertende Produkt und durften dies in der Regel auch behalten, anschließend bewertete der Tester das Produkt. Die so erstellten Kundenbewertungen veröffentlichte die Antragsgegnerin sodann bei amazon. Vor dem LG Frankfurt hatte der Unterlassungsantrag keinen Erfolg, das OLG Frankfurt stufte das Verhalten dagegen als wettbewerbswidrig ein.

    Gekaufte Bewertungen müssen gekennzeichnet werden

    Ein kommerzieller Zweck einer geschäftlichen Handlung muss gekennzeichnet werden, sofern dieser nicht von sich heraus erkennbar ist. Bei Bewertungen sei der kommerzielle Zweck aber nicht ohne Weiteres zu erkennen. Der Durchschnittsverbraucher gehe davon aus, dass Bewertungen ohne Gegenleistung erstellt werden. Auf dieser Grundüberlegung basiere die Idee eines jeden Bewertungsportals. Da vorliegend aber eine Gegenleistung für eine Bewertung erbracht wurde, hätte dies entsprechend gekennzeichnet werden müssen. Da diese Kennzeichnung nicht erfolgte, war die Werbung mit den Bewertungen irreführend.

    Amazon verbietet entsprechende Kennzeichnung

    Die Antragsgegnerin warf dagegen ein, dass bei amazon ein Hinweis auf „gekaufte Bewertungen“ nicht möglich sei, da amazon einen solchen Hinweis verbiete und derart gekennzeichnete Bewertungen ohne weitere Ankündigungen löscht.

     

    Mit diesem Argument drang die Antragsgegnerin allerdings nicht durch. Das Gericht stellt fest, dass amazon bei der Ausgestaltung seiner Plattform grundsätzlich frei agieren könne. Dazu gehört auch, dass amazon das Recht hat, die Nutzung gekaufter Bewertungen vollständig zu untersagen oder von einer näheren Prüfung abhängig zu machen.

     

    Kennzeichnung / Musterformulierungen

    Aktuell gehen durch die Presse zahlreiche Fälle sogenannter Influencer. Letztlich ist dieser Fall des OLG Frankfurt nicht anders zu beurteilen. Unternehmen, die für Werbung bezahlen, müssen diese Werbung entsprechend kennzeichnen. Das gilt auch für Kundenbewertungen. Eine entsprechende Kennzeichnung könnte z.B. lauten

    • „Der Bewertende hat für die Bewertung das Produkt kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen.“

     

    Wurde statt einer kostenlosen Produktprobe sogar Geld für die Bewertung bezahlt, müsste der Hinweis lauten:

    • „Der Bewertende wurde für die Abgabe der Bewertung bezahlt.“

     

    Der Werbeeffekt einer solchen Bewertung dürfte dann allerdings gegen Null gehen. Die Pflicht zur Kennzeichnung der Bewertungen als „gekaufte“ Bewertungen greift übrigens nicht nur, wenn der Kunde dafür das Produkt oder sogar ein Entgelt erhalten hat.

     

    Viele Unternehmen versprechen für die Abgabe einer Bewertung einen Gutschein für den nächsten Einkauf oder Ähnliches. Auch solche Bewertungen müssen also entsprechend gekennzeichnet werden, z.B. mit dem Hinweis:

    • „Die Bewertenden haben für die Abgabe ihrer Bewertungen ein Gutschein in Höhe von X erhalten.“

     

    Wirklich brisant wird es, wenn man als Unternehmen eine Gegenleistung nur für positive Bewertungen verspricht.

    • „Die Bewertenden erhielten für die Abgabe einer positiven Bewertung einen Gutschein, für eine negative Bewertung erfolgte keine Gegenleistung.“
     

    Fazit: irreführend, unseriös und wettbewerbswidrig

    Aus rechtlicher Sicht mag es noch einfach sein, diese Hinweise zu formulieren und bei jeder (!) Werbung mit Bewertungen unterzubringen. Der Marketing-Effekt der Bewertungen dürfte sich dann allerdings in Grenzen halten.

     

    Übrigens: Eine solche Pflicht zur Kennzeichnung von gekauften Bewertungen gilt natürlich nicht nur bei amazon, sondern auch im eigenen Shop, in Print-Werbemitteln und in den sozialen Medien. In den sozialen Medien gilt noch eine weitere Besonderheit: Wer sich Fans, Follower oder ähnliches kauft, muss auch hier klar und deutlich darauf hinweisen, dass diese gekauft sind, sonst liegt ebenfalls eine wettbewerbswidrige Irreführung vor. Unternehmen sollten auf solche Angebote von Agenturen oder anderen Unternehmen, die einem gekaufte Follower oder Bewertungen anbieten, die Finger lassen. Das Geld kann man in sinnvolle Marketing-Maßnahmen stecken. Gekaufte Bewertungen oder Follower wirken äußerst unseriös, erst recht, wenn die Sache rauskommt.

    Quelle: ID 46020248