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  • · Elektronischer Rechtsverkehr

    Bundeseinheitliche Verordnung jetzt bekanntgemacht

    Bild: ©Joerg Habermeier - stock.adobe.com

    | Der elektronische Rechtsverkehr hält zunehmend Einzug in den Alltag der Rechtsanwälte. Im Rechtsverkehr mit den Gerichten und Gerichtsvollziehern, etwa bei Anträgen an das Insolvenz- oder Vollstreckungsgericht, sind die normativen Vorgaben hierfür zu beachten. Die Details finden sich in der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung ‒ ERVV). Sie wurde am 29.11.17 veröffentlicht (BGBl. I, 3803). Der folgende Beitrag fasst die wichtigsten Gesichtspunkte für zusammen. |

    1. Anwendungsbereich

    Die Verordnung löst die bisher in den Ländern und im Bund vorhandenen Verordnungen ab. Sie vereinheitlicht so die technischen Voraussetzungen der elektronischen Kommunikation. Gleichzeitig fallen damit allerdings die bisher teilweise verwendbaren Formate von Daten weg.

     

    Die Neuregelung gilt zunächst immer, wenn nach § 130a ZPO in der ab dem 1.1.18 geltenden Fassung prozessual kommuniziert wird. Besondere Vorschriften können allerdings ‒ auch teilweise ‒ der allgemeinen Verordnung vorgehen:

     

    • § 4 Abs. 1 S. 2 GVFV: Formular GV-Auftrag
    • § 4 S. 2 ZVFV: PÜB-Formulare

    2. Anforderungen an elektronische Dokumente

    Sollen mit dem Anliegen bestimmte Dokumente übermittelt werden, schreibt die Verordnung vor, dass das Dokument ein PDF sein muss. Damit nicht genug, muss es

    • druckbar,
    • kopierbar,
    • spätestens ab dem 1.1.19 durchsuchbar und
    • nach § 130a Abs. 2 S. 1 ZPO zur Verarbeitung geeignet sein. Die Datei darf also weder kennwortgeschützt noch mit einer Schadsoftware infiziert sein.

     

    PRAXISHINWEIS | Achten Sie auf die notwendigen Eigenschaften beim Scannen oder Speichern, denn die Sicherheitseinstellungen können diese Funktionen beschränken.

     

    Ist das Dokument in dieser Weise nicht zur Verarbeitung geeignet, muss die Empfängerstelle hierauf hinweisen. Wird dann ein geeignetes Dokument unter Verweis auf die Beanstandung unverzüglich erneut eingereicht, gilt es als zum ersten Zeitpunkt eingereicht. Es ist also ähnlich wie bei der Zustellung nach § 167 ZPO. Das ergibt sich unmittelbar aus § 130a Abs. 6 S. 2 ZPO.

     

    Wird ein Dokument in ein PDF umgewandelt kann sich das Problem ergeben, dass es bei bildlichen Darstellungen zu Verlusten kommt. Um dem Rechnung zu tragen kann die Datei dann zusätzlich (!) als TIFF-Datei eingereicht werden. Andere Formate sind dagegen ausgeschlossen.

     

    PRAXISHINWEIS | Anders als es bisher auf Landes- und Bundesebene ‒ etwa beim BGH ‒ möglich war, können also keine ZIP-, JPEG-, TXT- oder RFT-, DOC- oder DOCX- oder OFT-Dateien mehr versandt werden.

     

    Die Anforderungen werden aber nach §§ 2 Abs. 1, 5 ERVV noch weiter dynamisch konkretisiert. Die jeweils zulässigen Versionen von PDF und TIFF werden ebenso wie die Höchstgrenzen für die Anzahl und das Volumen der Dokumente jeweils auf der Internetseite www.justiz.de unter der Rubrik „Elektronischer Rechtsverkehr“ bekannt gemacht. Das soll sichern, dass die Justiz die Dateien auch tatsächlich verarbeiten kann. Sie müssen also auf die versionsgerechte Dateierstellung und die später ggf. notwendige Umformatierung bei mehrfach verwendbaren Dateien (etwa Vollmachten) achten.

     

     

    PRAXISHINWEIS | Es dürfen derzeit nicht mehr als 100 Dateien und nicht mehr als 30 MB übermittelt werden. Machen Sie glaubhaft, dass die bekanntgemachten Höchstgrenzen für die Zahl oder das Volumen elektronischer Dokumente nicht eingehalten werden können, können Sie den Schriftsatz nach den allgemeinen Vorschriften übermitteln. Fügen Sie dabei möglichst den Schriftsatz und die Anlagen als elektronische Dokumente auf einem nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 bekanntgemachten zulässigen physischen Datenträger bei, § 3 ERVV.

     

    Die Dateibezeichnung soll schlagwortartig den Inhalt des Dokuments wiedergeben (z. B.. „Forderungsanmeldung“). Gleichzeitig soll die Datei nummeriert werden. Allerdings kann der Antrag nicht nur deshalb zurückgewiesen werden, weil die Bezeichnung unterlassen wurde oder eine Falschbezeichnung vorliegt (BRat-Drucksache 645/17, S. 13).

     

    PRAXISHINWEIS | Die Nummerierung sollte Sie schon immer bei der Anlage des Dokuments bedenken. Entwickeln Sie ein System, dass die Nummerierung in allen Fällen gleich gestaltet. Das lässt eine einheitliche Dateiverwaltung zu.

     

    3. Datensatz zum elektronischen Dokument

    Dem elektronischen Dokument ist ein strukturierter und maschinenlesbarer Datensatz im XML-Dateiformat beizufügen. Während im besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA) die Datei schon eingearbeitet ist, gibt es für andere Übermittlungswege eine Definitions- und Schemadatei, die wiederrum im Internet unter www.justiz.de abgerufen werden kann.

     

    MERKE | Es ist davon auszugehen, dass die Softwarehersteller diese Datei sehr schnell in ihre Software integrieren werden.

     

    Der Datensatz muss folgende Daten enthalten:

    • Bezeichnung des Gerichts/des Gerichtsvollziehers
    • Aktenzeichen, soweit bekannt
    • Bezeichnung der Parteien/Verfahrensbeteiligten
    • Angabe des Verfahrensgegenstands
    • Aktenzeichen eines denselben Verfahrensgegenstand betreffenden Verfahrens und die Bezeichnung der die Akten führenden Stelle
    • weitere in der Bekanntmachung (§ 5 Abs. 1 Nr. 2) genannte Angaben (Rechtsgebiet, Eilbedürftigkeit)

     

    Der Vortrag im elektronischen Dokument wird durch diese Angaben allerdings nicht ersetzt. Prozessual maßgeblich ist allein das elektronische Dokument. Eine Zurückweisung des elektronischen Dokuments wegen der unterlassenen Beifügung des Datensatzes oder fehlenden Angaben kommt nicht in Betracht (BRat-Drucksache 645/17, S. 13).

    4. Elektronische Signatur

    Das elektronische Dokuments muss dann mit elektronischer Signatur auf einem sicheren Weg übermittelt werden. Als solche Wege gelten das beA, das besondere elektronische Behördenpostfach und DE-Mail.

     

    MERKE | Die Anbieter von DE-Mail sind auf der Internetseite des BSI veröffentlicht.

     

     

     

    Der sichere Übermittlungsweg setzt eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung voraus. Eine Übermittlung durch einen Datenträger, etwa einen USB-Stick oder eine CD/DVD ist damit ebenso wenig möglich, wie mit einfacher E-Mail, SMS oder Instant-Messaging-Diensten.

     

    Zu übersenden ist das elektronische Dokument dann an das dafür eingerichtete Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP). Die übersendende Anwendung muss auf OSCI oder einem diesem entsprechenden, dem jeweiligen Stand der Technik entsprechenden Protokollstandard beruhen.

     

    Für die Anbringung der Signatur lässt die Verordnung zwei verschiedene Möglichkeiten zu:

     

    • die Inline-Signatur (Einbettung in die Datei) und
    • die Detachted-Signatur (wird der Datei beigefügt).

     

    Ausdrücklich wird in § 4 ERVV allerdings die Container-Signatur verboten und damit die Rechtsprechung des BGH (NJW 13, 2034) korrigiert. Mehrere elektronische Dokumente dürfen also nicht mit einer gemeinsamen elektronischen Signatur versehen werden, weil nach der Trennung der Dokumente sonst keine Prüfung der Authentizität und der Integrität mehr möglich ist.

    5. Mindestgültigkeitsdauer

    Die technischen Anforderungen, die auf der Seite www.justiz.de bekanntgemacht werden, müssen

    • dem Stand der Technik entsprechen (technische Richtlinien des BSI),
    • Barrierefrei sein und
    • mit einer Mindestgültigkeitsdatum versehen werden, ab dem sie voraussichtlich frühestens durch neue Anforderungen abgelöst werden, um ein Mindestmaß an technischer Sicherheit zu gewährleisten.
    Quelle: ID 45042451