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  • · Influencer-Marketing

    So müssen werbende Social Media-Beiträge gekennzeichnet sein

    Bild: ©Sondem - stock.adobe.com

    von RA Dr. Robert Kazemi, Bonn (www.medi-ip.de)

    | Das sogenannte Influencer-Marketing, bei dem Unternehmen die Reputation von reichweitenstarken Meinungsmachern nutzen, um Kommunikations- und Markenziele zu erreichen, erfreut sich in Zeiten von Twitter, Instagram u. a. zunehmender Beliebtheit. Studien belegen einen größeren Einfluss persönlicher Empfehlungen auf das Konsumentenverhalten und -vertrauen im Vergleich zu allen anderen Werbeformen. Wo die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Influencer ein entgeltliches Gepräge hat, ist der Influencer auch an die Bestimmungen des UWG gebunden. Dies hatte erstmalig das OLG Celle (8.6.17, 13 U 53/16) entschieden. Das LG Hagen folgt jetzt dieser Auffassung (13.9.17, 23 O 30/17). |

    Sachverhalt

    Die Verfügungsbeklagte weist im Rahmen ihres Internetauftritts bei der Plattform Instagram auf die Produktnamen „Z“, „E“ und „B“ hin, indem sie Fotos postet, d. h. ins Netz stellt, auf dem sie mit einem Produkt der genannten Marken zu sehen ist. Auf den jeweiligen Produkten (Uhr, Handtasche, Getränk) ist ein Link zu sehen, der bei Benutzung direkt auf die Homepage des jeweiligen Unternehmens führt. Gleichzeitig sind rechts neben den Fotos die Kommentare der sogenannten Follower abgelichtet. Ein Hinweis in der Form, dass in einer Ecke des Textes oder Bildes das Wort „Anzeige“ oder „Werbung“ erscheint, fand sich nicht.

    Entscheidungsgründe

    Das LG Hagen sieht diese Form der Empfehlungswerbung als unzulässig an. Es hat der Beklagten aufgegeben, es zu unterlassen, für die streitbefangenen Produkte über ihr Instagram-Profil zu werben, ohne den geschäftlichen Zweck der Werbung kenntlich zu machen.

     

    Instagram-Blog ist Werbung

    Die Verfügungsbeklagte verstößt nach dieser Ansicht gegen § 5a Abs. 6 UWG. Danach handelt unlauter, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Das sei hier anzunehmen gewesen.

     

    Ein Nichtkenntlichmachen des kommerziellen Zwecks liegt vor, wenn das äußere Erscheinungsbild der geschäftlichen Handlung so gestaltet wird, dass der Verbraucher ihren kommerziellen Zweck nicht klar und eindeutig erkennen kann. Dabei ist auf den konkreten Fall abzustellen und es sind alle tatsächlichen Umstände sowie die Beschränkungen des verwendeten Kommunikationsmittels zu berücksichtigen. Maßgebend ist die Sicht des durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers oder des durchschnittlichen Mitglieds der angesprochenen Verbrauchergruppe.

     

    Gesteigerte Informationspflichten gegenüber Kindern

    Geht es um den Schutz besonders schutzbedürftiger Verbraucher, wie z. B. Kinder, gilt § 3 Abs. 4 S. 2 UWG. Da Kinder im Vergleich zu Erwachsenen weniger aufmerksam und lesegeübt sind, sind an die Kennzeichnung als Werbung deutlich höhere und kindgerechte Anforderungen zu stellen (Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Aufl., § 5a Rn. 7.24). Bei den auf Instagram geposteten Bildern handelt es sich in ihrer Darstellung und mit dem danebenstehenden Textbalken, auf dem Follower sich äußern können, dem äußeren Anschein nach lediglich um einen Mode-Blog der Verfügungsbeklagten, wo sie sich mit ihren Followern über ihre „Outfits“ unterhält. Somit ist auf den ersten Blick nicht ersichtlich, dass vorherrschendes Ziel dieser Bilder ist, für die auf dem Bild gezeigten Produkte Werbung zu machen.

     

    Erschwerend kommt hinzu, dass es sich bei der Verfügungbeklagten um eine Person handelt, die nicht nur Erwachsenen, sondern auch jugendlichen Personen bekannt ist. Gerade für diesen Teil der Follower wird das Vermischen von werbenden mit rein textlichen Elementen nicht sofort erkennbar sein. Die hinzugefügten Zeichen wie @ oder # lassen den werbenden Charakter der Benennung der Produktnamen nicht als Werbung offensichtlich erscheinen. Insoweit liegt der Fall anders als etwa bei einer Unternehmens-Homepage, die der durchschnittlich verständige Nutzer ohne Weiteres als kommerzielle Kommunikation erkennt, die keiner gesonderten Kennzeichnung des Inhalts oder einzelner Abschnitte mit „Anzeige“ oder „Werbung“ bedarf.

     

    Verstoß gegen Verbraucherschutz

    Die Beklagte verstößt mit ihrem Instagram-Auftritt gegen §§ 5a Abs. 2, Abs. 4 i. V. m. § 6 Abs. 2 TMG, der als verbraucherschützend einzustufen ist (Köhler/Bornkamm, a. a. O., § 5a Rn. 5.28), soweit sie in den Blog-Texten die Zeichen #Z oder @Z verwendet. Bei dem Weblog (Blog) der Verfügungsbeklagten handelt es sich um eine kommerzielle Kommunikation per elektronischer Post, da sich die Verfügungsbeklagte lediglich dem Anschein nach mit ihren Followern über ihre Outfits unterhält, während sie tatsächlich durch die Verlinkung mit den Produktnamen für diese Unternehmen wirbt. Durch das Anklicken beider Textbestandteile ihrer Unterhaltung mit den Followern wird man auf die Homepage des Unternehmens weitergeleitet, was allein durch die Verwendung der Zeichen # oder @ nicht ersichtlich ist. Auf diese Weise verschleiert sie den kommerziellen Charakter des Blogs.

     

    Auch weitergehende Informationspflichten sind zu beachten

    Durch die Verwendung des Begriffs „detox“ verstößt die Verfügungsbeklagte zudem gegen Art. 10 Abs. 1 HCVO (Health-Claims-Verordnung). Die speziellen Werbeverbote der HCVO sind Marktverhaltensregelungen i. S. v. § 3a UWG. Der Anwendungsbereich der HCVO ist eröffnet, da es sich bei dem abgebildeten Gegenstand um eine Getränkeflasche mit Inhalt handelt, den die Beklagte durch einen Strohhalm zu sich nimmt. Ein Getränk ist ein Lebensmittel i. S. d. Art. 2 Abs. 1 Buchst. a HCVO. Die Bezeichnung „“ für ein Lebensmittel stellt eine gesundheitsbezogene Angabe i. S. d. Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 HCVO dar. Eine Angabe ist gesundheitsbezogen, wenn mit ihr erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht. Der Begriff „Zusammenhang“ ist dabei weit zu verstehen. Für die insoweit vorzunehmende Beurteilung ist es nach Erwägungsgrund 16 S. 3 HCVO entscheidend, in welchem Sinne der normal informierte, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher die Angaben über Lebensmittel versteht. Es gilt dabei kein statistischer, sondern ein normativer Maßstab. Nach ihm sind die nationalen Gerichte und Verwaltungsbehörden gehalten, von ihrer eigenen Urteilsfähigkeit unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH auszugehen (Erwägungsgrund 16 S. 5 und 6 HCVO; OLG Düsseldorf 15.3.16, 20 U 75/15).

    Relevanz für die Praxis

    Nach dem LG Hagen kann es dahinstehen, ob der Durchschnittsverbraucher die englischen Worte „detoxicate“ oder „detoxication“ („entgiften“ bzw. „Entgiftung“) kennt und das Wort „detox“ als deren Abkürzung sieht. Denn unabhängig von speziellen Fremdsprachenkenntnissen sind dem Durchschnittsverbraucher die vorangestellte Silbe „de“ im Sinne einer Verneinung oder Aufhebung und „tox“ als Hinweis auf giftig („toxisch“ oder „toxikologisch“) bekannt, sodass er das Kunstwort „detox“ ohne weiteres im Sinne von „Entgiftung“ verstehen wird (OLG Düsseldorf, a. a. O., Rn. 21). Auch wenn es einen gewissen Trend gibt, „Entgiften“ auf alle möglichen (angeblich) störenden Stoffe zu beziehen und so für eine bestimmte Lebensführung zu benutzen, die sich durch eine Kombination aus ausgewogener Ernährung, Bewegung und Entspannung definiert und frei von „giftigen“ Einflüssen im übertragenen Sinne ist, verbindet der Durchschnittsverbraucher mit dem für ein Lebensmittel benutzten Begriff „detox“ nach wie vor eine „Entgiftung“ des Körpers und darauf folgende Verbesserung des Gesundheitszustands.

     

    Eine solche gesundheitsbezogene Angabe i. S. d. Art. 10 Abs. 1 HCVO ist verboten, sofern sie nicht den allgemein Angaben in Kap. II der HCVO und den speziellen Anforderungen in Kap. IV HCVO entspricht, gemäß dieser Verordnung zugelassen und in die Liste der zugelassenen Angaben gemäß Art. 13, 14 HCVO aufgenommen ist. Da unstreitig keine Zulassung für die gesundheitsbezogene Angabe „detoxisch“ besteht, liegt ein Verstoß gegen Art. 10 Abs. 1 HCVO vor, so das LG (OLG Düsseldorf, a. a. O.).

     

    Weiter verstößt die Abbildung mit dem Link „B“ gegen § 11 Abs. 1 Nr. 1 (Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch [LFGB] i. V. m. Art. 7 Abs. 1 Buchst. b) Verordnung zur Information der Verbraucher über Lebensmittel (LMIV). Danach dürfen Informationen über Lebensmittel nicht irreführend sein, insbesondere indem dem Lebensmittel Wirkungen oder Eigenschaften zugeschrieben werden, die es nicht besitzt. Der Verbraucher wird aber davon ausgehen, dass er mit der Einnahme dieses Getränks Gifte aus dem menschlichen Körper entfernen kann. Eine „Entgiftung“ bzw. „Entschlackung“ des Körpers über die körpereigene Funktion hinausgehend hat aber keine schulmedizinische Basis.

     

    Weiterführender Hinweis

    Quelle: ID 45077088