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  • · Fachbeitrag · Interview

    Cyberpolicen auf dem Vormarsch ‒ und davon profitiert der Anwalt

    von Rechtsanwaltsfachangestellter Christian Noe B.A., Leipzig

    | Die Digitalisierung durchflutet längst alle Lebensbereiche im Alltag, daher steckt in ihr auch jede Menge Potenzial an versicherbaren Risiken: Identitätsdiebstahl, Hacker-Attacken, Datenverlust. Sog. Cyberpolicen sind daher ein großer Zukunftstrend auf dem Versicherungsmarkt. Für den Anwalt lohnt es sich aus gleich zwei Gründen, die Entwicklung zu beobachten. |

    1. Cyberversicherungen: So kann der Anwalt hier einsteigen

    Rechtsanwälten bieten sich zwei Chancen. Sie können

     

    • insbesondere gewerblich tätige Mandanten beraten, wie und wann sich eine Cyberversicherung für sie lohnt. Dazu müssen sie die Struktur der Policen kennen, welche Risiken versicherbar sind und was der Mandant konkret braucht;

     

    • im Rahmen der Entwicklung von Policen juristisch zuarbeiten, beraten oder Risiken analysieren, die künftig als zu versicherndes Risiko eine Police attraktiv machen. Insoweit würde der Anwalt einer Versicherungsgesellschaft juristisch zuarbeiten können.

     

    Bild: IWW

    2. Lohnt sich das? Und ob …

    Zwei Fachleute erläuterten „Digitalisierung und Recht“ im Interview, was sich auf dem Versicherungsmarkt gerade tut. Zunächst sprachen wir mit Peter Graß, Leiter des Bereichs Haftpflicht beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV). Er beobachtet die Entwicklung der Cyberpolicen auf dem Versicherungsmarkt sehr genau.

     

    Frage: Cyberpolicen gelten als Zukunftstrend unter den Versicherungsprodukten. Geht es hier perspektivisch vielleicht um ein neues Massenprodukt?

     

    Antwort: Wir gehen davon aus, dass sich der Markt für Cyberversicherungen zum Massenmarkt entwickeln wird. Erste Ansätze dafür sehen wir bereits jetzt, und aus Vergleichen mit dem bereits entwickelten US-Markt sehen wir diese Einschätzung bestätigt. Wir denken, dass mindestens die größeren gewerblichen Versicherer in Deutschland entsprechende Produkte entwickeln werden oder bereits entwickelt haben.

     

    Frage: Lohnt es sich für Anwälte, sich auf diesen wachsenden Rechtsbereich zu spezialisieren?

     

    Antwort: Auf jeden Fall. Gerade die Entwicklung und Anwendung von Cyberversicherungen ist derzeit ein Novum. Man kann den Bogen auch noch weiter spannen: Der gesamte Bereich des IT-Rechts und der auch bereits bestehenden IT-Versicherungen, beispielsweise auch für IT-Dienstleister, ist ein Spezialgebiet für Anwälte.

     

    Frage: Welche Entwicklungen werden ebenfalls den Cyberbereich treffen, die künftig vielleicht eine größere Rolle spielen? Stichworte: Versicherungsabschluss über Apps, Einbruch in Clouds und Datenverlust, Schadenersatzansprüche aufgrund Datenverlust oder fehlerhaften Smarthome-Funktionen.

     

    Antwort: Die genannten Szenarien sind vielfach bereits Realität. Es ist aber im Zuge der Vernetzung insbesondere damit zu rechnen, dass wir zunehmend Schäden aus vernetzter Produktion, Robotersystemen und Smart-Home-Anwendungen zu registrieren haben. Nicht unbedingt deswegen, weil diese Anwendungen unsicherer sind als analoge Systeme, wie beispielsweise Türschlüssel, sondern weil sie zunehmend an deren Stelle treten.

     

    Frage: Was macht die Entwicklungen von Cybermusterbedingungen so komplex und unterscheidet sich von den Versicherungsbedingungen anderer Policen?

     

    Antwort: Die Schwierigkeit bei der Entwicklung von Cyberversicherungen liegt darin, dass der Produktentwickler nicht nur rechtliche und versicherungstechnische Rahmenbedingungen kennen muss, sondern auch IT-technische Grundlagen beherrschen muss, um das Risiko abzubilden und einzuschätzen. Darüber hinaus sind klassische Cyberversicherungen nicht spartengebunden, sondern enthalten Elemente unterschiedlicher Versicherungssparten. Das macht die Arbeit noch komplexer.

     

    Frage: Welches Potential sehen Sie für die Policenart? Wird sie eher in Form eines Bausteins bestehen oder als eigenständige Verträge mit umfangreichen Risikoschutz geben?

     

    Antwort: Wir gehen davon aus, dass im gewerblichen Bereich Stand-alone-Cyberversicherungen den Schwerpunkt bilden werden. Zahlen können wir derzeit leider noch nicht liefern.

    3. So kann sich der Anwalt positionieren

    Auch Sonja Frahm von der Generali Deutschland AG hat den Markt der Cyberpolicen im Blick. Bei der Advocard, dem Rechtsschutzversicherer der Generali in Deutschland, hat man mit dem Produkt ADVOCARD-Internet-Rechtsschutz reagiert, der auch den Schutz der Identität umfasst. Eine Leistung darunter: der sog. Online-Monitor. Hier kann der Versicherte Suchdaten eingeben, nach denen im Internet gefahndet werden soll, z. B. seinen Namen, seine E-Mail-Adresse oder Kreditkartennummer etc. Der Online-Monitor überwacht und prüft rund um die Uhr, ob und wo diese Angaben im Internet auftauchen. Werden als kritisch eingestufte Suchdaten gefunden, wird der Versicherte auf Wunsch sofort informiert.

     

    „Die Versicherungsbedingungen rund um das Thema ,Internet' sind unseres Erachtens nicht komplexer, sondern verwenden lediglich auch Fachbegriffe rund um das Cyber-Thema.“, so Frahm. „Durch die stetig zunehmende Bedeutung des Internets für den Menschen, wird sich vermutlich auch das Tätigkeitsfeld der Anwälte in diese Richtung stärker entwickeln und von selbst an Bedeutung gewinnen. Konkret gesagt: Die Herausforderung, die sich hieraus auch für Anwälte ergibt, wird sein, dass sich nicht der rechtliche Rahmen verändert, jedoch das Umfeld in dem die Streitigkeiten stattfinden. <ein Beispiel: Mobbing in den sozialen Netzwerken. Die Frage, die sich hier z. B. ergibt: „Gegen wen kann ich ggf. welche Ansprüche geltend machen?“

     

    Auf solche Fragestellungen müssten sich die Anwälte vermutlich einstellen und auch ein gewisses Grundverständnis für das Internet und dessen Strukturen mitbringen.

     

    Checkliste / So kann der Anwalt sich orientieren

    Sich mit Ideen an einen Versicherer wenden: Welche Risiken werden künftig zunehmen und wie lassen sich diese in ein Produkt verwandeln (z. B. Identitäts-Diebstahl und Schadenersatz). Zusammenarbeit mit Versicherer: Gegen Honorar Ideen und mögliche Risiken darstellen, die sich für ein Versicherungsprodukt verwerten lassen.

    Mit welchen datenverarbeitenden, IT-versierten Unternehmen lohnt sich eine Zusammenarbeit für den Versicherer, um Dienstleistungen im Bereich des Cyberschutz anzubieten (empfehlen und vermitteln).

    Entwicklung konkreter Beratungsangebote für Mandanten: Seminare, Workshops und Vorträge. Kompakte Informationen für private oder gewerbliche Mandanten, welche Risiken im digitalen Alltag lauern und wie und wann eine Absicherung möglich ist.

    Sonderfall gewerbliche Mandanten: Wer große Datenbestände und innovative Produktionsprozesse im Internet vorhält oder verarbeitet wird zunächst eine individuelle Analyse seiner Cyberrisiken im Unternehmen benötigen. Suchen Sie Kooperationspartner (IT-Spezialisten), die Sie vermitteln oder mit denen sie eng zusammenarbeiten können. Auch durch diesen Austausch ergeben sich immer wieder neue Ideen, um Mandanten besser beraten oder zukunftsträchtige Risiken zu erkennen, die sich für eine Police eignen.

    Beobachten Sie digitale Trends und Start-ups, die besonders von jungen Menschen aufgegriffen werden. Neue Plattformen, Apps oder Online-Dienstleistungen werden häufig von jungen Menschen zuerst bzw. intensiver genutzt. Schauen Sie hier hin, wo die Schwachstellen oder mögliche Risiken liegen, die sich hier zeigen.

     
    • Beispiel: Firmenservices auslagern ‒ warum hier Anwälte gefragt sind

    Die Digitalisierung ermöglicht es Unternehmen auch, eine Community in ihren Firmenservice einzubinden. So übernahm das Schweizer Telekommunikationsunternehmen Swisscom vor wenigen Jahren die Plattform Mila (www.mila.com), auf der Personen vermittelt werden, die Anwender bei technischen Problemen unterstützen (z.B. ein neues Betriebssystem auf dem PC aufspielen, ein neues Smartphone einrichten). Vermittelt werden Fachkräfte aber auch Privatleute, die dann die Betroffenen besuchen und unterstützen.

     

    Es sind solche neuen Geschäftsmodelle, dank derer der Digitalisierung neue Tore aufgestoßen werden. Mit ihnen kommen aber auch juristische Fragen ins Spiel: Wie sichern sich Unternehmen bei solchen Dienstleistungen gegen Schäden ab? Wie und in welcher Form sind die Helfer zu qualifizieren, die für das Unternehmen unterwegs sind? Wie sichert man entsprechende Standards für notwendige Schulungen und sichert sich gegen Haftungsrisiken ab? Hier ist umfassender Rechtsrat gefragt ‒ von einem Anwalt, der im besten Fall auch technisches Verständnis mitbringt, die juristische Materie analysiert und Lösungen anbietet.

     
    Quelle: ID 45082967