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  • · IT-Compliance, Teil 6

    Open-Source-Compliance: Einhaltung von Lizenzpflichten

    Bild: © Rawpixel Ltd. - stock.adobe.com

    von RAin, FAin für Informationstechnologierecht Michaela Witzel, LL.M., München

    | Die Verwendung von Open-Source-Software (OSS) ist eine Chance ‒ die Etablierung der erforderlichen Compliance ist aber auch eine Herausforderung. OSS bedeutet nicht, dass „alles erlaubt“ ist, vielmehr sind die Verwertung, Vervielfältigung und Bearbeitung an Bedingungen für die ansonsten „freie“ Nutzung geknüpft. Neben den besonderen Herausforderungen, die sich aus den Copyleft-Lizenzen ergeben, gibt es Lizenzpflichten, die bei nahezu allen einschlägigen OSS-Lizenzen zum Tragen kommen: Die Verpflichtung zur Weitergabe von Urheberrechtsvermerken und Lizenztexten. Gerichtliche Entscheidungen zeigen, dass die Nichteinhaltung von Lizenzpflichten zu Sanktionen führen kann (z. B. LG Bochum 3.3.16, I-8 O 294/15, MMR 16, 553). Diese Entscheidungen völlig zu ignorieren, ist nicht vertretbar. |

    Urhebervermerke (Änderungsvermerke)

    Einer der klassischen Beweggründe, sich als Entwickler an der Erstellung von OSS zu beteiligen, ist der Wunsch, als Entwickler bekannt zu werden bzw. dass die Entwicklungsleistung entsprechend gewürdigt wird. Es verwundert daher kaum, dass sich z. B. in der GPLv.2 detaillierte Regelungen über den Umgang mit den Urheber- bzw. Copyrightvermerken finden. Ziffer 1 Abs. 1 S. 2 der GPLv.2 verpflichtet dazu, bei der Vervielfältigung und Verbreitung der OSS auf jeder Kopie einen entsprechenden Urhebervermerk zu veröffentlichen und alle Vermerke, die sich auf die Lizenz beziehen, unverändert zu lassen. Diese Vorschrift bezieht sich auf die §§ 401 ff. US Copyright Act. Nach US-amerikanischem Urheberrecht „kann“ jedes veröffentlichte Werk mit bestimmten Angaben versehen werden; die Folge sind Beweiserleichterungen im Verletzungsprozess. Wer GPLv.2 Software vervielfältigt und verbreitet, muss die Urheber- und Lizenzvermerke unverändert lassen und mit verbreiten bzw. an den erstellten Vervielfältigungsstücken einen gut erkennbaren Urhebervermerk anbringen. Diese Pflicht zur Beibehaltung von Urhebervermerken soll aber nicht zu einer Beschränkung der Bearbeitungsmöglichkeiten führen: Es steht dem Bearbeiter frei, vorhandene Urhebervermerke an eine andere Stelle des Programms zu verschieben, sofern diese mit zumutbarem Aufwand auffindbar sind. Was trivial klingt, stößt in der Praxis auf Schwierigkeiten:

     

    Bei einer Vielzahl von Urhebern können sich erhebliche praktische Probleme bei der Mitlieferung der Urhebervermerke ergeben. So haben sich an der Entwicklung von Linux mehrere tausend Entwickler beteiligt und auch die Zahl der Inhaber der ausschließlichen Nutzungsrechte dürfte erheblich sein. Während beim Vertrieb der OSS im Sourcecode die Urheber- bzw. Copyrightvermerke regelmäßig enthalten sind, müssen bei strenger Wortlautauslegung die Vermerke extrahiert und gesondert mitgeliefert werden, wenn die OSS nur im Binärcode ausgeliefert wird.