Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Strafverfolgung im Darknet

    Auskunft über retrograde Postdaten

    Bild: © Andrey Popov - stock.adobe.com

    von RAin Diana Nadeborn, FAin für Strafrecht, Berlin, IT-Strafrecht Blog: www.iww.de/s2188

    | Straftaten anonym im Internet begehen ‒ ist das ein sicheres Ding? Mangels zurückverfolgbarer IP-Adresse lassen sich die Täter zunächst nicht identifizieren, die z. B. fremde Kontonummern für die Bestellung von Waren in Online-Shops angeben oder Drogen bequem per Post verschicken bzw. erhalten. Erfolg versprechende Ermittlungen knüpfen in der realen Welt an: beim Postdienstleister. |

    Postdienstleister verfügen über eine Menge Informationen

    Gemäß § 99 StPO kann der Ermittlungsrichter auf Antrag der Staatsanwaltschaft die Beschlagnahme von Postsendungen, die sich im Gewahrsam des Postdienstleisters befinden, anordnen. Er kann auch Auskünfte über Postsendungen verlangen, die sich in dessen Gewahrsam befinden. Tatsächlich verfügt der Postdienstleister aber über viel mehr interessante Informationen. Er speichert u. a. den Ort und Zeitpunkt der Sendungsaufgabe, Absenderdaten, Empfängerdaten, den Ort und Zeitpunkt der Einlieferung bzw. der Abholung, die Nummer und den Standort der Ziel-Packstation sowie den Namen des Entgegennehmenden im Falle der Filialabholung. Diese Daten liegen vor, noch lange nachdem das Paket zugestellt wurde. Mit diesen Informationen können Ermittler den Online-Betrügern und Darknet-Händlern deutlich näherkommen.

    So weit, so streitig

    Zwar hat der BGH noch im Jahr 2012 entschieden, der Postdienstleister müsse analog § 99 StPO Auskünfte über die bei ihm gespeicherten Postdaten ‒ auch rückwirkend ‒ erteilen, ebenso wie er Postsendungen herausgeben muss, die von einem Beschuldigten herrühren oder für ihn bestimmt sind (BGH 11.7.12, 3 BGs 211/12). Im Jahr 2016 vollzog der BGH jedoch die Kehrtwende und entschied, eine Rechtsgrundlage für die Auskunft über retrograde Postdaten existiere nicht, eine entsprechende Anordnung sei mithin unzulässig (BGH 27.10.16, 1 BGs 107/16). Unbeirrt ordneten Ermittlungsrichter beim Amtsgericht ‒ bestätigt durch das Beschwerdegericht beim Landgericht ‒ die Auskunftserteilung jedoch weiter an (z. B. LG Ingolstadt 13.2.18, 2 Qs 4/18). Schließlich verfügen die Postdienstleister häufig über die einzigen Ermittlungsansätze für die Aufklärung von Straftaten im Internet.