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  • · Verbraucherschutz

    Computer hochfahren und anmelden = Arbeitszeit

    Bild: ©vectorfusionart - stock.adobe.com

    | Das Hochfahren des Computers, etwaige Anmeldungen und Programmöffnungen sind vergütungspflichtige Arbeit. Sie können mit neun Minuten und 20 Sekunden pro Arbeitstag angesetzt werden. |

     

    Sachverhalt

    Der Arbeitnehmer arbeitete in einem Call-Center. Bevor seine Tätigkeit als Arbeitszeit erfasst wurde, musste dieser zunächst seinen Computer hochfahren, Programme öffnen und eine Reihe von Anmeldeprozeduren durchlaufen. Seine Projektleiterin bestätigte ihm eine systembedingte Arbeitsvorbereitungszeit von 9 Minuten und 20 Sekunden. Vor dem Arbeitsgericht verlangte er vom Arbeitgeber die Anerkennung und Bezahlung dieser „Rüstzeiten“.

     

    Entscheidungsgründe

    Das ArbG Magdeburg gab dem Arbeitnehmer recht (26.10.16, 3 Ca 3220/15, Abruf-Nr. 195198). Danach gehören zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit alle Tätigkeiten, die für die Erbringung der Arbeitsleistung nötig seien, soweit sie einem fremden Bedürfnis dienen und nicht zugleich ein eigenes Bedürfnis des Arbeitnehmers erfüllen. Diese Voraussetzung liege hier vor, denn der Arbeitnehmer sei erst nach Abschluss der systembedingten Arbeitsvorbereitungszeiten einsatzfähig gewesen. Er sei verpflichtet gewesen, diese durchzuführen, um seine Arbeit aufnehmen zu können. Dies diene damit ausschließlich einem fremden, nämlich dem Bedürfnis des Arbeitgebers. Der Kammer erschien es angemessen, eine zusätzliche Arbeitszeit von 9 Minuten und 20 Sekunden pro Arbeitstag in Ansatz zu bringen.

     

    Relevanz für die Praxis

    Egal ob Umkleiden, Anlegen von Schutzausrüstung oder Hochfahren des Computers ‒ stets stellt sich die Frage für den Arbeitgeber, mit wie vielen Minuten sind diese Tätigkeiten anzusetzen? Hier gilt: Soweit keine anderweitige Regelung besteht, gelten die allgemeinen Grundsätze. Der Arbeitnehmer darf seine Leistungspflicht nicht willkürlich selbst bestimmen, er muss vielmehr unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit arbeiten. Nur die Zeitspanne, die danach erforderlich ist, zählt zur Arbeitszeit.

     

    Der Arbeitnehmer, der zusätzliche Arbeitszeitgutschriften bzw. die Bezahlung verlangt, muss die anspruchsbegründenden Tatsachen vortragen ‒ auch die, die dafür nötig sind, um die erforderliche Arbeitszeit korrekt zu ermitteln. Gelingt ihm dies, ist es Aufgabe des Arbeitgebers, substanziiert zu erwidern, bevor der Arbehmer dann für streitige Tatsachen gegebenenfalls Beweis anbieten muss.

     

    PRAXISHINWEIS | Beraten Sie Unternehmen dahingehend, in einer Betriebsvereinbarung die Zahlung solcher Rüstzeiten zu regeln. Hier können Durchschnittswerte ermittelt werden. In Betrieben ohne Betriebsrat ist dies über eine arbeitsvertragliche Einheitsregelung möglich.

     
    Quelle: ID 45053246