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  • · Verbraucherschutz

    Neue Regeln für die Preiswerbung

    Bild: © Dan Race - stock.adobe.com

    von Diplom-Wirtschaftsjurist Martin Rätze, Kanzlei Wienke & Becker, Köln

    | In Zeiten immer stärkeren Wettbewerbs ‒ insbesondere im E-Commerce ‒ spielt der Preiskampf eine sehr zentrale Rolle. Es findet ein förmlicher Überbietungswettbewerb in Bezug auf Rabatte statt. Damit der Verbraucher vor Irreführungen in diesem Bereich geschützt wird, hat die EU neue Regeln für die Rabattschlacht erlassen. |

    Neue Sanktionen für Verstöße gegen Verbraucherschutz

    Die Werbung mit Rabatten und reduzierten Preisen ist ein beliebtes Marketing-Instrument und den Verbraucherschützern häufig ein Dorn im Auge. Der Grund für Letzteres ist, dass häufig mit einem Rabatt geworben wird, der sich auf die UVP des Herstellers bezieht. Diese UVP wurde jedoch nie im Shop verlangt. Das führt dazu, dass gerade an Tagen wie dem Cyber Monday oder dem Black Friday mit Rabatten von 70 Prozent und mehr geworben wird. Vergleicht man aber den an diesen Tagen verlangten Preis mit dem Preis, der unmittelbar vor diesen Tagen verlangt wurde, reduzieren sich die Rabatte auf teilweise unter 10 Prozent. Da man wohl keine Möglichkeit sah, dieser irreführenden Werbung mit den bestehenden Mitteln des Wettbewerbsrechts entgegenzutreten, wurden in einer neuen EU-Richtlinie Regeln für die Rabattwerbung eingeführt. Hierzu wird die Preisangabenrichtlinie (RL 98/6/EG) geändert. Eigentlicher Hauptregelungsgegenstand dieser Richtlinie ist die Einführung eines neuen Sanktionssystems für Verstöße gegen Verbraucherschutzvorschriften (s. auch Neue Verbraucherschutzrichtlinie: Bald drohen hohe Bußgelder).

    Neue Preisangabepflichten

    Die neuen Sanktionen werden von verschiedenen inhaltlichen Anpasungen flankiert. In der Preisangabenrichtlinie finden sich die europarechtlichen Grundlagen zur Preisangabe, die in Deutschland überwiegend in der Preisangabenverordnung (PAngV) umgesetzt sind. Aus dieser Richtlinie stammt z. B. die Pflicht zur Angabe eines Grundpreises. Mit der neuen Richtlinie wird ein Art. 6a in die Preisangabenrichtlinie eingefügt. Dieser enthält sehr konkrete Vorgaben, wie in Zukunft im Falle von Preisreduzierungen zu werben ist.

    Preisvergleich mit früherem Preis

    Art. 6a Abs. 1 Preisangabenrichtlinie bestimmt, dass bei jeder Preisermäßigung der vorherige Preis anzugeben ist, den der Händler vor der Preisermäßigung über einen bestimmten Zeitraum verlangt hat. Das bedeutet also, dass nicht nur bei einer Werbung mit Rabatten der zuvor verlangte Preis anzugeben ist, sondern auch bei einer nicht werblich hervorgehobenen Preisermäßigung.

     

    Gemäß der Definition in Art. 6a Abs. 2 der Richtlinie ist unter dem „vorherigen Preis” der niedrigste Preis zu verstehen, den der Händler innerhalb eines Zeitraums von mindestens 30 Tagen vor der Preisermäßigung angewandt hat. Mit dieser Definition soll verhindert werden, dass Unternehmer die Preise vor einem Rabattzeitraum künstlich für ein oder zwei Tage erhöhen, um dann mit einem größeren Rabatt zu werben. Diese sogenannten Mondpreise sind zwar heute schon wettbewerbsrechtlich sanktioniert, allerdings fehlte es bisher an derart konkreten und klaren Vorgaben.

     

    MERKE | Ist ein Produkt, dessen Preis reduziert werden soll, erst weniger als 30 Tage auf dem Markt, können die Mitgliedstaaten kürzere Zeiträume als die 30 Tage vorsehen.

     

    Das Ende der UVP?

    Mit den neuen Regelungen wird für die Preiswerbung das Ende der UVP eingeläutet. Diese wird in Zukunft letztlich nur noch Bedeutung für das Kartellrecht haben, da Hersteller oder Lieferanten ihren Abnehmern keine Preise direkt vorschreiben dürfen. Zwar darf man auch in Zukunft generell mit einem Preisunterschied zur UVP werben, man darf dabei aber nicht den Eindruck entstehen lassen, dass man diesen Preis jemals verlangt hätte, wenn es nicht so war. Wer zukünftig mit einem Rabatt in Bezug auf die UVP wirbt, muss nach dem neuen Art. 6a der Richtlinie den zuvor verlangten Preis angeben. Sofern sich der Rabatt dann auf die noch höhere UVP bezieht, dürfte hier immer die Schwelle zur Irreführung überschritten werden.

     

    MERKE | Der Sinn der UVP für die Preiswerbung war schon immer mehr als fraglich. Insbesondere bei Produkten, für die am Markt kein Akteur den empfohlenen Verkaufspreis verlangte, wurde dem Verbraucher bei entsprechenden Preisvergleichen schon immer ein Preisvorteil vorgetäuscht, den es so nicht gab.

     

    Das droht bei Verstößen

    Bei Verstößen gegen diese Regelungen drohen in Zukunft nicht nur Abmahnungen, sondern auch hohe Bußgelder von bis zu vier Prozent des Jahresumsatzes.

     

    MERKE | Da die Regulierung der Rabattwerbung schon länger eine Herzensangelegenheit der Verbraucherschützer ist, ist davon auszugehen, dass sie die Einhaltung der neuen Regelungen auch kontrollieren und durchsetzen werden, sobald diese in Kraft gesetzt sind.

     

    Ab wann gelten die neuen Regelungen?

    Die Mitgliedstaaten haben jetzt bis zum 21.11.21 Zeit, die entsprechenden nationalen Gesetze zur Umsetzung der Richtlinie zu erlassen. Diese Regelungen finden dann ab dem 22.5.22 Anwendung.

    Umsetzung jetzt schon vorbereiten

    Der Zeitrahmen scheint zunächst sehr lang und daher für Händler sehr entspannt zu sein. Dieser Eindruck entsteht häufig bei neuen EU-Richtlinien. Die Erfahrung zeigt aber, dass zwei Jahre schneller vergehen als man denkt und dass dann kurz vor Ende der Frist Systemdienstleister und Agenturen mit Aufträgen überhäuft werden und die Umsetzung in den einzelnen Shops dann nicht pünktlich gewährleistet werden kann.

     

    Wer auch in Zukunft rechtssicher mit Preisermäßigungen umgehen will, sollte sich bereits jetzt Gedanken zur Umsetzung der neuen Regelungen machen. Hier dürften sowohl Prozesse im Unternehmen umgestellt werden als auch die technischen Voraussetzungen im Shopsystem entwickelt werden müssen. So sollte das Shopsystem z. B. automatisch den „vorherigen Preis” i. S. d. Richtliniendefinition bestimmen und anzeigen können. Außerdem sollte das System auch den Rabatt immer (zuverlässig) genau berechnen und anzeigen können. Ist das System darauf angelegt, sparen sich Händler lästige händische Berechnungen und Eingaben. Man kann dann vielmehr bei einer geplanten Preisermäßigung einfach den neuen, niedrigeren Preis eingeben und das Shopsystem zeigt im Shop automatisch die neuen, gesetzlich geforderten Angaben an.

    Nicht nur auf den eigenen Shop achten

    Der Blick sollte nicht nur auf dem eigenen Shop ruhen. Noch nicht ganz klar ist, ob die neuen Regelungen, dass der zuletzt verlangte Preis angegeben werden muss, auch für Angaben in Preissuchmaschinen oder in Google AdWords gelten. Der Sinn und Zweck der Richtlinie spricht aber sehr dafür. Daher sind im Shop also auch die Meta-Angaben entsprechend aufzubereiten, sodass die gesetzlich geforderten Informationen mit Umsetzung sofort korrekt angezeigt werden können.

     

    Hinzu kommen Angebote auf Plattformen wie Amazon, eBay oder real.de. Auch für dort eingestellte Produkte gelten die neuen Vorgaben selbstverständlich. Verantwortlich für die Umsetzung ist dabei nicht der Plattformbetreiber, sondern jeder Händler selbst. Die Rechtsprechung sieht hier ‒ zu Recht ‒ eine wettbewerbsrechtliche Haftung des Händlers als gegeben an. Sie argumentiert damit, dass es sich der Händler selbst aussucht, auf welchen Plattformen er handelt. Man müsse daher vorher schauen, ob dort ein rechtssicheres Handeln möglich ist. Ist dies nicht der Fall, darf man auf solchen Plattformen keinen Handel betreiben. Wer sich dennoch entscheidet, vom wirtschaftlichen Vorteil dieser Plattformen zu profitieren, der haftet dann auch für Fehler, die von den Plattformbetreibern verursacht werden.

     

    FAZIT | Wer die Umsetzung frühzeitig plant und in Angriff nimmt, kann dies entspannt tun und noch vor der neuen gesetzlichen Pflicht vielleicht sogar verschiedene Darstellungsvarianten testen. So können schon frühzeitig die besten Wege zur Umsetzung erkannt werden, ohne dass es zu nennenswerten Umsatzverlusten oder Abmahnungen kommen muss.

     
    Quelle: ID 46360111