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  • · Verbraucherschutz

    Verbraucherstreitbeilegungesetz: So erfüllen Sie online Ihre Informationspflichten

    Bild: ©vege - stock.adobe.com

    | Zwar ist das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) bereits zum 2016 in Kraft getreten. Aber viele Unternehmen ‒ und auch Rechtsanwälte ‒ kommen den hieraus resultierenden Informationspflichten, die zum 9.1.17 bzw. 1.2.17 wirksam geworden sind, noch immer nicht nach. Die Folge: erhebliche und vor allem kostenintensive Abmahnungen. Dabei ließen sich diese ‒ insbesondere auf der Website ‒ leicht vermeiden. |

    1. Nationale und grenzüberschreitende Streitigkeiten

    Das VSBG ermöglicht es Verbrauchern, sich kostenlos an eine neutrale Stelle zu wenden, um Streitigkeiten mit einem Unternehmen auszutragen, wenn wegen des geringen Streitwerts oder anderer Hindernisse eine gerichtliche Auseinandersetzung gemieden wird.

     

    PRAXISHINWEIS | Vertreten Sie Gläubiger-Unternehmen, behalten Sie im Blick, dass Schuldner das Schlichtungsverfahren auch zur bloßen Verfahrensverzögerung nutzen könnten.

     

    In einem immer stärker grenzüberschreitend betriebenen Onlinehandel können sich Verbraucher mithilfe des VSBG über die nationalen Grenzen hinweg mit Unternehmen auseinanderzusetzen. Das Bundesamt für Justiz ist dabei nach § 32 ff. VSBG zentrale Anlaufstelle und koordiniert das Verfahren in Deutschland, z. B. die grenzüberschreitende Plattform (www.ec.europa.eu/consumers/odr), über die das Verfahren vor allen Dingen sprachlich und organisatorisch zu bewältigen ist. Die zuständige Verbraucherstreitbeilegungsstelle für Rechtsanwälte ist die Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft in Berlin (www.schlichtungsstelle-der-rechtsanwaltschaft.de).

    2. Optionen der Teilnahme

    Die Teilnahme am Verbraucher-Schlichtungsverfahren ist für Unternehmen grundsätzlich freiwillig. Allerdings muss ein Unternehmen, das sich nicht beteiligt, den Verbraucher darüber informieren. Dies kann ein Nachteil im Wettbewerb sein.

    3. Informationspflichten

    Das Gesetz sieht in §§ 36 und 37 VSBG seit dem 1.2.17 Informationspflichten des Unternehmers zu zwei verschiedenen Zeitpunkten vor:

     

    • Unternehmen mit mehr als 10 Mitarbeitern am 31.12. des vorangegangenen Jahres müssen präventiv, klar und verständlich auf ihrer Website darstellen, ob sie freiwillig oder verpflichtet an einer Verbraucherstreitbeilegung teilnehmen. Eine entsprechende Erklärung muss bei der Verwendung von AGB erfolgen. Es müssen dann auch nähere Angaben zu der zuständigen Verbraucherstreitschlichtungsstelle gemacht werden.

     

    • Das Unternehmen muss den Verbraucher nach dem Entstehen einer Streitigkeit auf eine für ihn zuständige (allgemeine) Verbraucherschlichtungsstelle unter Angabe von deren Anschrift und Webseite hinweisen, wenn Unternehmen und Verbraucher die Streitigkeit über einen Verbrauchervertrag nicht unmittelbar beilegen konnten. Das Unternehmen gibt zugleich an, ob es zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren bei dieser Verbraucherschlichtungsstelle bereit oder verpflichtet ist. Ist das Unternehmen zur Teilnahme am Streitbeilegungsverfahren einer oder mehrerer Verbraucherschlichtungsstellen bereit oder verpflichtet, muss es diese Stelle oder diese Stellen angeben.

     

    Von der Bereitschaft zur Teilnahme am Streitbeilegungsverfahren ist nach § 30 Abs. 5 VSBG auszugehen, wenn es gegenüber dem Verbraucher auf seiner Webseite oder in seinen AGB erklärt hat, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Universalschlichtungsstelle teilzunehmen. An einer abgegebenen Erklärung muss sich das Unternehmen also festhalten lassen.

     

    Von der Bereitschaft des Unternehmens ist auch auszugehen, wenn es zwar keine Teilnahmebereitschaft erklärt hat, aber die Teilnahme am Verfahren nicht innerhalb von drei Wochen ablehnt, nachdem ihm der Antrag des Verbrauchers von der Universalschlichtungsstelle des Landes übermittelt worden ist. Die Universalschlichtungsstellen müssen den Unternehmer auf diesen Umstand genauso hinweisen, wie auf den Umstand, dass das Verfahren allein für das Unternehmen kostenpflichtig ist.

     

    Erfüllt das Unternehmen die Informationspflichten nicht, kann dies zu erheblichen Konsequenzen führen:

     

    Checkliste / Folgen eines Verstoßes gegen die Informationspflichten

    • Es droht eine kostenintensive Abmahnung von Mitbewerbern oder Verbraucherschutzverbänden (§ 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 12 UKlaG).

     

    • Der Verbraucher hat einen Anspruch gegen das Unternehmen auf Ersatz seiner (unnötigen) Rechtsverfolgungskosten wegen einer vorvertraglichen Pflichtverletzung, wenn er statt der kostenfreien Verbraucherstreitschlichtungsstelle gerichtliche Hilfe in Anspruch genommen hat.
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    • Beachten Sie | Im Einzelfall wird es dem Verbraucher schwer fallen, den Kausalitätsnachweis zu führen, da eine außergerichtliche Streitschlichtung nicht zwingend ein gerichtliches Verfahren vermeidet. Es bleibt abzuwarten, welche Anforderungen die Rechtsprechung an den Kausalitätsnachweis stellt.

     

    • Das Unternehmen kann sich nach Treu und Glauben nicht auf die Einrede der Verjährung berufen, wenn es die Verjährungshemmung durch Anrufen einer Streitschlichtungsstelle nach § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB durch eine unterlassene Information vereitelt hat. Umgekehrt kann ein Verbraucherantrag die Verjährung nicht hemmen, wenn das Unternehmen klar erklärt hat, an einem solchen Verfahren nicht teilzunehmen.
     

     

    Die Verbraucherstreitbeilegung kann ‒ jedenfalls im Rahmen von AGB ‒ nicht ausgeschlossen werden (§ 309 Nr. 14 BGB). Angesichts der strengen Anforderungen an die Annahme einer Individualvereinbarung dürfte im Rechtsverkehr mit Verbrauchern für eine Ausnahme kaum Raum sein.

    Quelle: ID 45053409