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  • · Verfahrensrecht

    Sprach der Anwalt: Richteradresse darf an Mandanten herausgegeben werden

    Bild: © Dan Race - stock.adobe.com

    von Rechtsanwaltsfachangestellter Christian Noe, B. A., Leipzig

    | Auf ihren Profilen in Anwaltsportalen können Anwälte juristische Fachbeiträge veröffentlichen. An den Meinungen darin kann sich durchaus einmal Kritik entzünden. Aus Kritik oder der Ankündigung, den Text genauer zu prüfen, resultiert aber nicht sofort ein Unterlassungsanspruch. Daher kann der Anwalt zu diesem Zeitpunkt auch noch keine Klage erheben. Das hat aktuell das AG Duisburg (1.8.19, 71 C 3553/18) entschieden. |

    Anwalt veröffentlicht Beitrag: Anwaltskammer schaltet sich ein

    Der Kläger ist niedergelassener Rechtsanwalt in Frankfurt/Main und unterhielt ein Profil auf dem Anwaltsportal „anwalt.de“. Anwälte können auf dieser Plattform auch juristische Fachbeiträge veröffentlichen. Der Kläger vertrat in einem seiner verfassten Artikel die Ansicht, dass ein Anwalt die private Adresse eines Richters an den Mandanten herausgeben dürfe. Daraufhin bat die Interessenvertretung der Richter und Staatsanwälte in Nordrhein-Westfalen die Rechtsanwaltskammer Frankfurt/Main, sich diesen Artikel einmal genauer anzusehen. Ferner telefonierten der Kläger und Beklagte zu diesem Thema miteinander. Die Anwaltskammer wandte sich an den Anwalt und bat ihn darum, Stellung zu nehmen. Dieser erhob daraufhin Klage und beantragte festzustellen, dass der Beklagte gegenüber ihm keinen Anspruch darauf hat, dass er den Beitrag im Internet nicht veröffentlicht.

    Wo zunächst „geprüft“ wird, steht noch kein Unterlassungsanspruch im Raum

    Das AG Duisburg wies die Klage ab. Damit eine Feststellungsklage zulässig ist, muss ein besonderes Feststellungsinteresse vorhanden sein (§ 256 Abs. 1 ZPO). Ein solches Interesse liegt vor, wenn dem Recht oder der Rechtslage des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und ein Feststellungsurteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen. Eine Gefährdung liegt regelmäßig darin, dass der Beklagte das Recht des Klägers ernstlich bestreitet oder sich auf ein Recht gegen ihn beruft. Zwar ist nicht zwingend erforderlich, dass der Beklagte behauptet, bereits eine durchsetzbare Forderung gegenüber dem Kläger zu haben. Dessen Rechtsstellung sei schon dann schutzwürdig betroffen, wenn geltend gemacht wird, aus dem bestehenden Rechtsverhältnis könne sich unter bestimmten, vielleicht noch eintretenden Voraussetzungen ein Anspruch gegen ihn ergeben.

     

    Dies war vorliegend jedoch nicht der Fall. Der Beklagte hatte der Anwaltskammer lediglich schriftlich mitgeteilt, dass ihn seine Mitglieder auf den Artikel des Anwalts angesprochen hätten, und die Kammer gebeten, den Artikel zu überprüfen. Mit keinem Wort ‒ auch nicht sinngemäß ‒ war jedoch davon die Rede, dass man einen Anspruch auf Unterlassung des Artikels haben könnte. Durch die Bitte um Prüfung „in eigener Zuständigkeit“ wird vielmehr deutlich gemacht, dass die Kammer sich als zuständige Aufsichtsbehörde mit dem Vorgang auseinandersetzen soll.

    BGH hat festgestellt, wann Feststellungsinteresse vorliegt

    Vorliegend sind zwei zentrale Entscheidungen des BGH zu berücksichtigen:

     

    • 1. Zum einen geht es um die bloße Ankündigung, unter bestimmten Voraussetzungen in eine Prüfung einzutreten, ob ein Anspruch auf Unterlassung besteht. Eine solche Ankündigung stellt noch keinen ernsthaften, hinreichend bestimmten Eingriff in die Rechtssphäre des Klägers dar, der ein alsbaldiges Interesse begründet, dass ein Rechtsverhältnis der Parteien gerichtlich geklärt wird (2.10.18, X ZR 62/16, Abruf-Nr. 205848).

     

    • 2. Auch lag in diesem Fall keine Abmahnung vor, die eine Feststellungsklage begründen könnte. In einer Abmahnung ist regelmäßig die Verletzungshandlung konkret anzugeben sowie die Grundlage ihrer rechtlichen Würdigung. Darüber hinaus wird die Abgabe einer bestimmten Unterlassungsverpflichtungserklärung gefordert, eine Frist gesetzt und ein gerichtliches Vorgehen angedroht für den Fall, dass die Erklärung abgelehnt wird oder die Frist fruchtlos verstreicht (12.7.11, X ZR 56/09, Abruf-Nr. 113142). Weder die beiden Schreiben des Beklagten an die Anwaltskammer noch die Telefonate zwischen Kläger und den Mitgliedern des Beklagten erfüllen diese Kriterien. Ob berufsrechtliche Maßnahmen einzuleiten sind, ist Sache der Anwaltskammer und nicht des Beklagten.

     

    Weiterführende Hinweise

    Quelle: ID 46095730