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  • · Wettbewerbsrecht

    Widersprüchliche Angaben zum Widerrufsempfänger können Abmahngefahr begründen

    Bild: © Stockfotos-MG - stock.adobe.com

    von RAin Ruxandra Lupu, SSW Schneider Schiffer Weihermüller, München

    | Das OLG Hamm befasst sich in seiner Entscheidung vom 30.11.17 (4 U 88/17) mit den Anforderungen an die Informationen, die der Unternehmer dem Verbraucher nach Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und § 4 Abs. 1 EGBGB zu erteilen hat. Enthalten diese Informationen insoweit widersprüchliche Angaben, dass in der Widerrufsbelehrung und dem Muster-Widerrufsformular unterschiedliche Widerrufsempfänger angegeben sind, und lässt sich den erteilten Informationen auch nicht entnehmen, dass der Verbraucher den Widerruf „nach seiner Wahl” gegenüber einem der genannten Empfänger erklären kann, genügt dies nicht den Anforderungen der genannten Vorschriften. |

    Sachverhalt

    Die Beklagte vertrieb über eine Internetplattform Sonnenschirme, Sonnensegel und entsprechendes Zubehör. Ihre Produktangebote enthielten einen mit „Widerrufsbelehrungt“ überschriebenen Text, der den Verbraucher darauf hinwies, dass es für die Ausübung seines Widerrufsrechts einer eindeutigen, an die Beklagte adressierten Erklärung bedürfe. Als Adresse für die abzugebende Widerrufserklärung war die „Y1-GmbH, D-Straße, K“ angegeben. Außerdem wurde der Verbraucher in der „Widerrufsbelehrung“ auf die Möglichkeit aufmerksam gemacht, von dem Vertrag durch die Verwendung eines Muster-Widerrufsformulars Abstand zu nehmen. Das auszufüllende Muster-Widerrufsformular war jedoch an die „Y2 GmbH, L-Weg, O“ zu adressieren. Der Verbraucher hatte daher die Möglichkeit, seinen Widerruf in 2 unterschiedlichen Formen an jeweils unterschiedliche Adressen zu richten.

     

    Die Klägerin, die ein ähnliches Warensortiment auf der gleichen Internetplattform anbot, mahnte die Beklagte ab und forderte sie auf, ihre Widerrufsbelehrung derart zu ändern, dass der Verbraucher keinem Zweifel unterliegen könne, an wen seine Widerrufserklärung zu richten sei. Die Beklagte wies den erhobenen wettbewerbsrechtlichen Vorwurf zurück.

    Entscheidunggründe

    Das OLG Hamm bestätigte das Urteil des LG Arnsberg vom 22.6.17 (8 O 122/16), wodurch der Beklagten auferlegt worden war, den Verkauf ihrer Produkte zu unterlassen, ohne zutreffend über das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts zu informieren.

     

    Nach den Vorgaben von Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, § 4 EGBGB hat der Unternehmer den Verbraucher in klarer und verständlicher Weise über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des ihm zustehenden Widerrufsrechts zu informieren. Hierzu gehört auch, dass der Verbraucher keinem Zweifel unterliegen darf, an wen seine Widerrufserklärung zu adressieren ist. Nach Ansicht des OLG Hamm erfüllte die Widerrufsbelehrung der Beklagten diese Voraussetzung nicht. Dem Text sei nicht zu entnehmen, dass der Verbraucher die Wahl hätte, seinen Widerruf entweder an die Beklagte selbst oder an die von der Beklagten zur Entgegennahme der Erklärungen bevollmächtigten „Y2-GmbH“ zu adressieren. Vielmehr würde die Nennung zweier möglicher Erklärungsempfänger und zweier unterschiedlicher Erklärungsarten ‒ eindeutige Widerrufserklärung oder Ausfüllen eines Muster-Widerrufsformulars ‒ beim Verbraucher Zweifel hinsichtlich der von ihm zu unternehmenden Schritte aufkommen lassen. Das habe zur Folge, dass er von der Geltendmachung seines Widerrufsrechts absehen könnte.

     

    Die Beklagte argumentierte, dass die Rückabwicklung des Vertrags automatisch über das EDV-System des Internetplattformbetreibers erfolge und diese Plattform im Vergleich zu dem gesetzlich vorgesehenen Weg die einfachere und komplikationslosere Modalität der Rückabwicklung für den Verbraucher darstelle. Das OLG Hamm sah jedoch die gesetzlichen Anforderungen an Unternehmer hinsichtlich der Gewährleistung des Verbraucherschutzes als zwingend an und wies darauf hin, dass diese nicht einem Dritten überlassen werden könnten.

     

    Das OLG Hamm befand, dass der festgestellte Verstoß auch wettbewerblich spürbar i. S. v. § 3a UWG sei. Das Erfordernis der Spürbarkeit i. S. v. § 3a UWG ist grundsätzlich erfüllt, wenn Informationspflichten verletzt werden, die auf unionsrechtlichen Regelungen beruhen (vgl. BGH 14.1.16, I ZR 61/14). Des Weiteren ergibt sich die Spürbarkeit des wettbewerblichen Verstoßes auch aus der Gefahr, dass eine nicht unerhebliche Zahl von Verbrauchern angesichts der widersprüchlichen Angaben zum Widerrufsempfänger von der Ausübung des Widerrufsrechts absieht. Dies geschieht, weil sie durch die Widersprüchlichkeit der Angaben entweder nicht wissen, wie sie vorgehen sollen, oder weil sie davon ausgehen, der Widerruf müsse um wirksam zu werden gegenüber beiden angegebenen Empfängern abgegeben werden, und den hiermit verbundenen Aufwand scheuen.

    Relevanz für die Praxis

    Widerrufsbelehrungen, die widersprüchliche Angaben enthalten, sind wettbewerbsrechtlich problematisch und können eine Abmahngefahr begründen. Dies gilt auch, wenn die verkauften Produkte über eine Internetplattform angeboten werden, die den Widerruf für den Verbraucher im Vergleich zum gesetzlich vorgesehenen Weg erleichtert.

    Quelle: ID 45399418