· Fachbeitrag · Berufsausübung
Anwaltskanzlei und Immobilienverwaltung dürfen unter gleicher Anschrift betrieben werden
| Ein Anwalt darf eine Rechtsanwaltssozietät sowie eine Immobilienverwaltung in den gleichen Räumen betreiben und dabei dieselben Kommunikationsanschlüsse nutzen. Das hat jetzt der AGH München entschieden. Dies ist ein mit der Anwaltstätigkeit grundsätzlich vereinbarer Zweitberuf. Mandanteninformationen und damit auch die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht werden hierdurch nicht gefährdet. |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Ein Anwalt betrieb mit einem Sozius eine Kanzlei. Unter derselben Adresse betrieb er auch eine Immobilienverwaltung. Beide waren unter demselben Telefonanschluss mit unterschiedlichen Nebenstellen erreichbar.
Zwar muss nach Ansicht des AGH München (24.10.16, BayAGH III-4-1/16, Abruf-Nr. 192078) die Anwaltskanzlei i. S. des § 27 BRAO eine geschützte räumliche Sphäre darstellen. Nach § 59a Abs. 3 BRAO ist sicherzustellen, dass die im gleichen Büro tätigen Angehörigen anderer Berufe in gleicher Weise wie der Anwalt zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Sie müssen den damit zusammenhängenden Aussageverweigerungsrechten und Beschlagnahmeverboten unterfallen. Dies zielt aber darauf ab, dass ein Angehöriger eines nicht sozietätsfähigen Berufs durch die Nähe zum Anwalt dessen Berufsgeheimnisse oder Mandanteninformationen erfahren könnte, die er dann preisgeben könnte, weil er selbst nicht schweigepflichtig ist. Diese Gefahr bestehe aber eben nicht, wenn ein Anwalt auch als Immobilienverwalter in der Kanzlei tätig ist, da die anwaltliche Schweigepflicht stets vorrangig ist, so der AGH.
Gleiches gälte für das Beschlagnahmeverbot: Gegenstände, die sich im Mitgewahrsam eines Anwalts in den Kanzleiräumen befinden, sind auch vor staatlichen Zugriffen geschützt, wenn sie sich im unmittelbaren Besitz oder Mitbesitz eines nichtanwaltlichen Sozius befinden (vgl. BVerfG 12.1.16, 1 BvL 6/13). Dies muss erst recht gelten, wenn Anwalt und Immobilienverwalter dieselbe Person sind.
Relevanz für die Praxis
Die Berufsfreiheit für Anwälte kennt Grenzen. Sie liegen klar dort, wo die zweitberufliche Tätigkeit ggf. die anwaltliche Unabhängigkeit beeinträchtigt oder Interessenkollisionen möglich sind (BGH 11.1.16, AnwZ (Brfg) 35/15). Diese Gefahr besteht vor allem, wenn ein kaufmännischer Beruf möglich macht, Informationen aus der rechtsberatenden Tätigkeit zu nutzen (vgl. detaillierter hierzu Schäfer, AK 16, 57). Darauf müssen Sie achten, wenn Sie einen Zweitberuf ausüben wollen.
Weiterführende Hinweise
- Anwalt darf nicht als Unternehmensvorstand agieren, AK 16, 57
- Kann der Betrieb einer „Wohnzimmerkanzlei“ ein Kündigungsgrund sein?, AK 16, 172
- Headhunting durch Anwalt erlaubt, wenn Unabhängigkeit gewahrt bleibt, AK 14, 74