· Fachbeitrag · Kanzleiorganisation
Empfangsbekenntnisse sind nicht leicht zu entkräften
| Ein Empfangsbekenntnis ist ein Beweismittel. Stellt sich später heraus, dass offenbar nicht alle darin genannten Schriftstücke beigefügt waren, wird es schwierig. Der Anwalt muss der Beweiswirkung entgegentreten. Er kommt nicht darum herum, zu erklären, wie sein Personal mit Empfangsbekenntnissen umgeht (BayVGH 12.6.19, 11 C 19.233, Abruf-Nr. 212209 ). |
Der Rechtsanwaltsfachangestellte hatte die Gerichtspost geöffnet, worin sich ein Empfangsbekenntnis befand, mit dem ein Beschluss und ein Urteil zugestellt wurden. Er notierte die Rechtsmittelfrist für die Beschwerde gegen den Beschluss und legte das Empfangsbekenntnis ohne Unterlagen der Anwältin vor. Diese unterzeichnete das Empfangsbekenntnis ohne weiter zu prüfen und bemerkte dabei nicht, dass das Urteil nicht mit zugestellt war. Der Rechtsanwaltsfachangestellte versicherte später an Eides statt, dass er die Berufungsfrist nicht notiert habe, da kein Urteil zugestellt worden sei und er nicht bemerkt habe, dass auf dem Empfangsbekenntnis zwei Entscheidungen standen. Das genügte dem BayVGH nicht: Das Urteil sei wirksam zugestellt und rechtskräftig geworden.
Es genügt nicht allein, dass es „möglich“ ist, dass ein Empfangsbekenntnis unrichtig ist. Die Beweiswirkung des § 174 Abs. 4 S. 1 ZPO muss vollständig entkräftet und damit jede Möglichkeit ausgeschlossen werden, dass es nicht korrekt ist. Zum einen hat die Bevollmächtigte selbst erklärt, dass ihr das Empfangsbekenntnis ohne Unterlagen vorgelegt wurde und sie dies nicht weiter geprüft hat. Sie konnte also nicht erkennen, ob neben dem Beschluss auch das Urteil beigefügt war oder nicht. Zum anderen genügt auch die eidesstattliche Versicherung des Kanzleimitarbeiters nicht, denn die Anwältin erklärt nicht, wie in der Kanzlei überprüft wird, welche Unterlagen einem Empfangsbekenntnis beigefügt sind. Es ist nicht vollständig ausgeschlossen, dass der Mitarbeiter die beigefügten Unterlagen gar nicht prüfte und einfach übersah, dass zwei verschiedene Schriftstücke zugestellt wurden. Dass sich das Urteil nicht in der anwaltlichen Akte befindet, beweist ebenfalls nicht, dass es nicht zugestellt wurde. Versehentlich könnten beide Urteilsabdrucke (statt nur eines) dem Kläger übersandt worden, das Urteil schlicht abhanden gekommen oder falsch abgeheftet worden sein.
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