· Fachbeitrag · Wiedereinsetzung
Erst Rechtsmittel prüfen, dann Urteil angreifen
| Soll ein Anwalt ein Urteil angreifen, muss er sich vergewissern, ob gegen das Urteil auch Berufung zulässig ist. Legt er ein falsches Rechtsmittel ein und versäumt Fristen, gibt es keine Wiedereinsetzung. |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Das Urteil wurde am 28.10.16 zugestellt. Am Tag zuvor erfolgte ein Anwaltswechsel. Der neue Anwalt zeigte am 27.10.16 sein Mandat an und bat um Akteneinsicht. Am 28.11.16 (letzter Fristtag) legte er Berufung ein. Gleichzeitig bat er darum, ihm das noch nicht vorliegende Urteil zuzusenden. Das Gericht forderte eine Vollmacht an. Zudem wies es darauf hin, dass die Berufung im Urteil nicht zugelassen worden sei. Mit Schreiben vom 1.12.16 bat der neue Bevollmächtigte „wie gestern telefonisch besprochen“ darum, die eingelegte Berufung als Antrag auf Zulassung der Berufung anzusehen und beantragte dies höchstvorsorglich erneut. Das VG verwarf die Berufung als unzulässig und lehnte auch ab, diese nachträglich als Zulassungsantrag umzudeuten.
Zu Recht, wie der Bayerische VGH jetzt entschied (18.1.17, 1 ZB 16.2474, Abruf-Nr. 192080). Die eingelegte Berufung kann nicht als Zulassungsantrag gem. § 124a Abs. 4 S. 1 VwGO ausgelegt werden. Der Hinweis, dass das Urteil nicht vorgelegen habe, bezog sich ausschließlich auf die Übersendungs-Bitte. Es war nicht erkennbar, dass dem Anwalt unklar war, ob ein Rechtsmittel zulässig ist. Indem er „fristgerecht Berufung“ einlegte, drückte er klar aus, dass er keine Zweifel an dem Rechtsmittel und dessen Fristlauf hatte. Die Berufung in einen Antrag umzudeuten, die Berufung zuzulassen, war nicht möglich. Denn dies beantragte der Anwalt erst am 1.12.16, also drei Tage nach Ablauf der einmonatigen Frist (= 28.11.16, § 124a Abs. 4 S. 1 VwGO). Eine Wiedereinsetzung war abzulehnen. Denn es ist ein Anwaltsverschulden, wenn ein unzulässiges Rechtsmittel eingelegt und deshalb eine Antragsfrist versäumt wird. Der Anwalt hätte sich das Urteil rechtzeitig beschaffen müssen.
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