Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Strategische Kommunikation

    Professioneller Außenauftritt Ihrer Kanzlei

    von Prof. Dr. Cathrin Christoph, PR-Beraterin und Professorin für angewandte Public Relations an der Hochschule Hannover

    | Rechtsanwälte sind nicht nur unabhängige Organe der Rechtspflege (§ 1 BRAO), sondern sie sind auch Unternehmer. Je enger der Markt wird, desto wichtiger ist es, sich vom Wettbewerb abzusetzen. Hierbei hilft eine strategisch geplante Kommunikation, mit der Sie und Ihre Kanzlei professionell nach außen auftreten. Die Autorin stellt dar, worauf es dabei ankommt. |

    1. So setzen Sie sich gezielt vom Wettbewerb ab

    Von 1950 bis 2014 hat sich die Anzahl der zugelassenen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in Deutschland mehr als verzwölffacht: von 12.844 stieg sie auf 163.690 an (BRAK, große Mitgliederstatistik 1.1.14). Diese Steigerung ist in Relation zur Gesamtbevölkerung deutlich überproportional: Während 1950 in der alten Bundesrepublik ein Rechtsanwalt pro 4.934 Bürger zugelassen war, lag diese Zahl 2011 bei 525 (Kilian/Dreske, Statistisches Jahrbuch der Anwaltschaft 2011/2012, 37). So wird der Wettbewerb um die Mandanten härter. Große Kanzleien haben schon längst interne PR-Abteilungen oder beauftragen Agenturen mit der externen Kommunikation. Kleine und mittlere Kanzleien ziehen jetzt nach. Beschleunigt wird die Entwicklung durch das veränderte anwaltliche Werberecht. Seit 1995 ist Kanzleiwerbung mit Einschränkungen erlaubt (§ 43b BRAO). 2013 entschied der BGH, dass auch die Werbung um das einzelne Mandat zulässig sein kann (BGH 13.11.13, I ZR 15/12).

     

    Ein Mittel, sich gut vom Wettbewerb abzusetzen, heißt strategische Kommunikation: Die Kanzlei hat ein Konzept, an dem sie sämtliche Maßnahmen der externen Kommunikation ausrichtet, z.B. klassische Werbung, Online-PR inklusive Social Media, Medienarbeit, Sponsoring, Events, Messen und Dirketmarketing-Instrumente wie Newsletter oder Broschüren. Strategisch ist die Kommunikation erst, wenn zuvor folgende Schritte absolviert werden:

     

    • 1. Konzeption inklusive sorgfältiger Analyse der Situation, Zielgruppen-Analyse, Zielbestimmung, Positionierung und Abgrenzung vom Wettbewerb,
    • 2. Ausrichtung der verschiedenen Maßnahmen an der Konzeption und Abstimmung der Maßnahmen aufeinander.

     

    Wie Sie ein wirksames und gelungenes Kommunikationskonzept entwickeln, veranschaulicht das folgendes Praxisbeispiel:

     

    • Beispiel: Wirksames Kommunikationskonzept

    Die arbeitsrechtlich spezialisierte Kanzlei K in X beschäftigt vier Rechtsanwälte. K vertritt zu 90 Prozent Arbeitnehmer. Bisher hat K einen Eintrag in den Gelben Seiten und eine Website. Jetzt möchte K überregional Mandanten akquirieren.

    Das Kommunikationskonzept stellt zunächst die Vorteile gegenüber dem Wettbewerb dar: vertiefte Expertise für Arbeitsverträge, viele positive Urteile, schnelle Bearbeitung der Mandate, weil vieles online erledigt werden kann. Nachteile sind die geringe Größe und Bekanntheit der K sowie die Lage von X abseits der Metropolen. Das Konzept empfiehlt deshalb die Positionierung als kluge, digitale Einsatztruppe, die ihren Mandanten bei Fragen zu Arbeitsverträgen schnell zur Hilfe eilt. Als kreative Leitidee wählt K einen Delfin, weil er für Hoffnung, Rettung und Intelligenz steht. Diese Leitidee unterstreicht die Positionierung. K plant folgende Kommunikationsmaßnahmen:

     

    • 1.neues Logo - stark stilisierter Umriss eines Delfins, der sich als wiederkehrendes Element durch alle Publikationen zieht
    • 2.Überarbeitung der Website - nach der neuen Positionierung sollen diese Merkmale im Vordergrund stehen: online, bundesweit, schnell und unkompliziert
    • 3. Start von Kampagnen für Suchmaschinen-Optimierung (SEO) und Suchmaschinenmarketing (SEM)
    • 4.Einrichtung eines Blogs und einer Facebook-Seite, die beide mit der Website vernetzt sind anstatt eines Newsletters
    • 5.Präsenz in überregionalen Medien, Nachrichtenfaktor Personalisierung: K platziert in Medien, die die Zielgruppe interessieren, Beiträge, die echte Fälle schildern. Hierfür holt sie zuvor die Zustimmung der Mandanten ein.
    • 6. monatlicher Versand einer Pressemitteilung, um sich bei den einschlägigen Medien als Ansprechpartner für das Thema „Arbeitsverträge“ zu etablieren, Inhalt: positive Urteile oder Expertenstatements zu aktuellen Fragen
    • 7. Angebot der Teilnahme an telefonischen Call-in-Aktionen wie „Leser fragen“
    • 8. aufgrund des kleinen Budgets keine klassische Werbung in Form von Anzeigen
    • 9. Eintrag in überregionale Online-Anwaltsverzeichnisse, um den Radius zu vergrößern und im Internet besser gefunden zu werden
    • 10.Kündigung des bezahlten Eintrags in den Gelben Seiten
    • 11. mittelfristig: Präsenz auf Karrieremessen, um dort die Zielgruppe persönlich anzusprechen
    • 12. keine Mandantenveranstaltungen und Sponsorings - sehr große Zielgruppen lassen sich durch Events nur schwer erreichen. Im Bereich Sponsoring sind große Budgets nötig, um Aufmerksamkeit zu erzielen.

     

    Nach einem Jahr hat K ihren Mandantenstamm auf das gesamte Bundesgebiet ausgedehnt und bearbeitet fast nur noch Fälle, die sich um Arbeitsverträge drehen - überwiegend im Online-Kontakt mit den Mandanten. Hierdurch vergrößern sich wiederum Bekanntheit und Expertise. Eine positive Spirale entsteht, und K erwirbt sich auch unter Berufseinsteigern einen guten Ruf.

     

    2. Entwickeln Sie Ihr individuelles Komunikationskonzept

    Wer sich vornimmt, strategisch zu kommunizieren, zwingt sich im ersten Schritt zu einer genauen Positionsbestimmung. Das ist nicht nur für die Kommunikation wichtig, sondern für das gesamte Selbstverständnis der Kanzlei: Denn die Festlegung von Zielen und Zielgruppen sowie eine klare Positionierung erleichtern viele unternehmerische Entscheidungen. Dies betrifft beispielsweise auch die Personalauswahl und die Standortfrage.

     

    Strategische Kommunikation bewirkt

    • einen professionellen Außenauftritt,
    • einen stärkeren Wiedererkennungswert,
    • eine deutliche Abgrenzung vom Wettbewerb und
    • eine erhöhte Sichtbarkeit in den Zielgruppen.

     

    Damit ist sie ein Instrument der mittel- und langfristigen Mandantenakquise. Sie empfiehlt sich vor allem für Kanzleien, die in sehr engem Wettbewerb bestehen müssen. Viele Kanzleien haben darüber hinaus Kommunikationskonzepte für das Personalmarketing entwickelt, damit sie im Kampf um die besten Talente als Sieger vom Platz gehen können. Denn auch für Bewerber ist das Image einer Kanzlei ein Entscheidungskriterium. Was zu einem guten Kommunikationskonzept gehört, fasst die folgende Checkliste zusammen:

     

    Checkliste 1 /  Kommunikationskonzept: Entwicklung

    • Marktanalyse
    • Stärken-Schwächen-Analyse (SWOT)
    • Zielgruppen und Ziele
    • Positionierung
    • Botschaften
    • Kreative Leitidee
    • Maßnahmenplanung inklusive Zeitrahmen und Budget
     

    Ist das Kommunikationskonzept umfassend entwickelt, verbessert es den Außenauftritt Ihrer Kanzlei nachhaltig. Das Konzept kann folgende Maßnahmen umfassen:

     

    Checkliste 2 /  Kommunikationskonzept: Inhalte

    • Corporate Design und Logo-Entwicklung, Bildsprache, Wording
    • Website
    • Medienarbeit
    • Unternehmenspublikationen wie
      • Flyer
      • Newsletter
      • Broschüren
      • Bücher
    • Einträge in Anwaltsrankings
    • Onlinekommunikation inklusive
      • Suchmaschinenoptimierung und
      • Social Media
    • Events und Messen
    • Sponsoring
     

    Weiterführende Hinweise

    • Kilian, Wirksamkeit anwaltlicher Werbemaßnahmen, 2011
    Quelle: Ausgabe 07 / 2014 | Seite 123 | ID 42758967