Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Arbeitnehmerschutz

    Arbeitsplatz in der Kanzlei: Gefahrensituationen

    von RA Joachim Schwede, Aichach

    | Die Kanzlei besteht als gesundes Unternehmen nur mit gesunden Mitarbeitern. Für einen guten Arbeitgeber ist der Arbeits- und Gesundheitsschutz seiner Arbeitnehmer daher ein wichtiges Thema, mit dem er sich immer wieder beschäftigt. |

    1. Auch der Büroarbeitsplatz hat Gesundheitsrisiken

    Der Arbeitsplatz in der Anwaltskanzlei ist ein Büroarbeitsplatz mit typischen Gesundheitsrisiken. Häufige Faktoren sind z.B.:

     

    • falsche Sitzhaltung,
    • nicht ordnungsgemäß eingerichtete Bildschirmarbeitsplätze,
    • unsachgemäße Aufstellung technischer Geräte wie Kopierer und Drucker,
    • Rauchen am Arbeitsplatz,
    • Mobbing,
    • Stolperfallen,
    • unzureichende Sozialräume,
    • zu kleine Büroräume und
    • hohe Stressfaktoren durch lange Arbeitszeiten und Unterbesetzung.

    2. Die wichtigsten Stichwörter für Sie zusammengefasst

    Die folgende Checkliste greift die in der Anwaltspraxis wichtigsten Stichwörter in einem kleinen Lexikon auf und sensibilisiert Sie für Gefahrensituationen. Die Liste kann aus Platzgründen nicht vollständig sein.

     

    Checkliste / Lexikon: Arbeits- und Gesundheitsschutz

    Arbeitsunfall

    Nach § 8 SGB VII handelt es sich dabei um einen Unfall („plötzlich eintretendes von außen wirkendes Ereignis“), den ein Versicherter infolge der versicherten Tätigkeit erleidet. Der Unfall ist ein einmaliges, zeitlich auf einen Tag begrenztes Ereignis (längere Einwirkungen können Berufskrankheiten auslösen), der in einem kausalen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehen muss.

    Aushangpflichtige Gesetze

    Jeder Arbeitgeber, der mindestens einen Arbeitnehmer beschäftigt, muss seinen Mitarbeitern einen Bestand sogenannter „aushangpflichtiger Gesetze“ zur eigenen Lektüre zugänglich machen. Das sollte durch einen Aushang erfolgen (Schwede, Aushangpflichtige Gesetze, 2013).

    Beauftragter

    Arbeitssicherheits- und Arbeitsschutzgesetz sehen die Bestellung von betrieblichen Beauftragten vor, die für die Sicherheit am Arbeitsplatz verantwortlich sein sollen. Das wird in Kleinbetrieben rein organisatorisch so nicht handhabbar sein. Trotzdem ist es der Idealfall. Anderenfalls ist ausschließlich der Anwalt verantwortlich.

    Berufskrankheit

    Sie ist eine Krankheit, die der Gesetzgeber in der Berufskrankheitenliste der Berufskrankheiten-Verordnung geregelt hat und die dadurch entsteht, dass der Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum gefährdenden Einwirkungen ausgesetzt war, denen er üblicherweise nicht ausgesetzt ist. Die zwei wesentlichen Voraussetzungen sind also die

    • 1. gesetzgeberische Anerkennung der Krankheit als Berufskrankheit (Listenkrankheit) Krankheiten, die nicht in der Liste stehen, können in einem sehr aufwändigen Verfahren als Quasiberufskrankheit, also auch als Berufskrankheiten, anerkannt werden, und
    • 2. kausale Verursachung der Krankheit durch die berufliche Tätigkeit.

    Betriebsarzt

    Er ist nach § 1 des Gesetzes über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit (ASiG) zu bestellen. Für Kleinbetriebe ist das zusätzlich in der zugehörigen Unfallverhütungsvorschrift (BGV A8) vorgeschrieben. Die Bestellung eines eigenen Betriebsarzts ist jedoch nicht erforderlich, wenn ein betriebsärztlicher Dienst, wie z.B. die B·A·D Gesundheitsvorsorge und Sicherheitstechnik GmbH (Informationen unter www.bad-gmbh.de) beauftragt wird.

    Betriebsärztlicher Dienst

    Siehe unter Betriebsarzt

    Bildschirmarbeitsplatz

    Es handelt sich um Arbeitsplätze, die mit Bildschirmen ausgestattet sind und an denen auch überwiegend an diesen Bildschirmen gearbeitet wird. Diese können durchaus erhebliche Gefährdungspotenziale (Fehlhaltungen, Augenbeeinträchtigungen etc.) mit sich bringen. Es gibt umfassende Informationsmaterialien zur ordnungsgemäßen Einrichtung dieser Arbeitsplätze nach der Bildschirmarbeitsplatz-Verordnung.

    Büroarbeitsplatz

    Schwerpunktprobleme dieser Arbeitsplätze sind Bildschirmarbeitsplätze, die richtige Beleuchtung und die Klimatisierung. Die Größe dieser Arbeitsplätze sollte mindestens acht bis zehn Quadratmeter betragen. Der Lärmpegel (Lärm) darf nicht über 55 dB(A) liegen, was oft problematisch wird, wenn zu viele elektronische Geräte im Raum stehen. Das sollte vermieden werden. Auch die ergonomische Gestaltung des Arbeitsplatzes selbst (Stuhl, Fußstützen, ausreichend großer Tisch etc.) ist von Bedeutung.

    Durchgangsarzt

    Er ist zuständig, wenn es um den Verdacht von berufsbedingten Erkrankungen oder die Aufnahme von Arbeitsunfällen geht. Die örtlich zuständigen Ärzte werden dem Unternehmer von der Berufsgenossenschaft benannt und müssen den Mitarbeitern, z.B. durch Aushang, bekannt gegeben werden.

    Erste Hilfe

    Der Unternehmer ist nach der Unfallverhütungsvorschrift BGV 5 zu entsprechenden Vorkehrungen der Ersten Hilfe verpflichtet: So müssen Verbands- und andere Hilfsmittel vorhanden sein, ein Notruf muss sofort möglich sein, und es muss ein Ersthelfer benannt sein, der über entsprechende Fachkenntnisse verfügt.

    Feuerlöscher

    Ein funktionierender und den Raumgrößen angemessener Feuerlöscher muss vorhanden sein. Dieser muss durch ein vorgeschriebenes Symbol erkennbar sein. Mindestens ein Mitarbeiter sollte im Gebrauch unterwiesen sein.

    Fortbildung

    Nimmt der Anwalt als Unternehmer seine Überwachungs- und Unterweisungspflichten (Unterweisung) selbst wahr, sollte er die Fortbildungs- und Informationsmöglichkeiten (Informationsmaterialien) der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) nutzen. Delegiert er diese Aufgabe an einen Mitarbeiter, muss dieser entsprechend ausgebildet werden. Hierzu gibt es Seminare der VBG.

    Gefahrtarif

    Dient der Einstufung der Unternehmen, um den Beitrag zur Gesetzlichen Unfallversicherung zu ermitteln.

    Gefahrtarif

    Dieser dient der Einstufung der Unternehmen, um den Beitrag zur Gesetzlichen Unfallversicherung zu ermitteln.

    Gefährdungsbeurteilung

    Diese ergibt sich aus § 5 ArbSchG. Danach muss der Arbeitgeber gesundheitsgefährdende Potenziale erkennen und beseitigen, die sich unter anderem aus eingesetzten Geräten, aus der Lage des Arbeitsplatzes selbst, aber auch aufgrund mangelnder Ausbildung von Mitarbeitern ergeben können. Es gibt von der VBG hierzu hilfreiche Formulare (Überblick auf der Website www.vbg.de).

    Heben von Lasten

    Das Heben von Lasten ist als besonders gesundheitsschädliche Körperbelastung gesondert in der LastenhandhabungsVO geregelt. Hier gibt es wertvolle Hinweise zum richtigen Umgang mit schweren Lasten, die auch in Kanzleien relevant sind (etwa Kopierpapier, Büromöbel, Getränke).

    Informationsmaterialien

    Die VBG als zuständiger Träger der Gesetzlichen Unfallversicherung stellt ihren Mitgliedsunternehmen neben den gesetzlich vorgeschriebenen Unterlagen eine Vielzahl weiterer Materialien bis hin zu Videos und ähnlichem zur Verfügung. Einen Überblick gewinnt man auf der Website unter www.vbg.de.

    Informationsüberflutung

    Als stetig zunehmenden Stressfaktor und damit arbeitsmedizinisch bedenklichen Faktor hat die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BauA, nähere Informationen unter www.baua.de) die Informationsüberflutung untersucht. Die ständige Zusendung von E-Mails und Informationen über das Internet kann danach durchaus gesundheitsbelastende Faktoren haben. Hier empfiehlt sich unter anderem eine Filterung, z.B. durch die frühzeitige Verteilung der Post/E-Mails oder die standardisierte Abfrage und Bearbeitung von E-Mails im Rahmen der üblichen Postbearbeitung.

    Jugendarbeitsschutz

    Das Jugendarbeitsschutzgesetz sieht weitergehende Schutzmechanismen für Jugendliche vor, die zusätzlich zu beachten sind. Das wird relevant, wenn Auszubildende unter 18 Jahren beschäftigt werden.

    Klimaanlage

    In vielen Büroräumen erfolgt die einzige Klimatisierung über eine Klimaanlage, die einer genauen Einstellung und Überprüfung bedarf, um Erkrankungen zu verhindern. Es darf keine Zugluft herrschen, die Raumtemperatur sollte bei 21 bis 22 Grad Celsius liegen und die relative Luftfeuchte bei 50 bis 65 Prozent.

    Laserdrucker

    Siehe unter Toner

    Lärm

    Lärmschwerhörigkeit ist die am häufigsten anerkannte Berufskrankheit. Gesundheitsbeeinträchtigungen durch dauernde Lärmbelastungen sind auch an reinen Büroarbeitsplätzen nicht zu unterschätzen.

    Listenkrankheit

    Siehe unter Berufskrankheit

    Mobbing

    Mobbing ist massiver Psychoterror, den kleine Gruppen von Beschäftigten meist gegen Einzelne ausüben. Mobbing verläuft prozesshaft und lässt dem Betroffenen in den fortgeschrittenen Stadien kaum eine Chance, sich ohne fremde Hilfe hieraus zu befreien. Hier gibt es mittlerweile umfangreiche Literatur und diverse Gruppierungen, die Unterstützung bieten. Das Thema Mobbing ist gerade auch in Kleinunternehmen ein sehr wichtiges.

    Mutterschutz

    Das Mutterschutzgesetz sieht einen über den normalen Arbeitnehmerinnenschutz hinausgehenden Schutz vor.

    Notausgang

    Ein solcher muss in jedem Unternehmen mit dafür vorgesehenen Beschilderungen ausgewiesen sein.

    Ozonbelastung

    Siehe unter Laserdrucker

    Prävention

    Dies ist der Fachbegriff für alle Maßnahmen, die der Vorbeugung von Gesundheitsgefährdungen am Arbeitsplatz dienen.

    Quasiberufskrankheit

    Siehe unter Berufskrankheit

    Rauchen am Arbeitsplatz

    Für den Nichtraucherschutz am Arbeitsplatz ist nach § 5 ArbStättV der Arbeitgeber zuständig. Rauchfreie Kanzleien dürften heutzutage eine Selbstverständlichkeit sein. Sollte in den Räumen trotzdem geraucht werden, muss für nicht rauchende Mitarbeiter eine rauchfreie Zone vorhanden sein.

    Sicherheitsbeauftragter

    Siehe unter Beauftragter

    Tonerstaub

    Toner kommen immer wieder in den Ruf, gesundheitsschädigend zu sein. Der Fachausschuss Verwaltung der VBG hat gemeinsam mit dem Berufsgenossenschaftlichen Institut für Arbeitssicherheit (BIA) alle gas- und staubförmigen Absonderungen durch den Betrieb von Farbkopierern und Farblaserdruckern erfasst und fachgerecht beurteilt. Danach bringt der bestimmungsgemäße Umgang mit den Geräten bei einwandfreier Wartung keine Gesundheitsgefährdungen mit sich.

    Unfall

    Siehe unter Arbeitsunfall

    Unfallanzeige

    Das Formular ist auszufüllen und an die Berufsgenossenschaft zu geben, wenn ein meldepflichtiger Unfall (Arbeitsunfähigkeit über mehr als drei Tage) oder ein tödlicher Unfall erfolgt ist.

    Unterweisung

    Der Anwalt hat die Möglichkeit, beziehungsweise nach § 12 Abs. 1 ArbSchG die Pflicht zur Unterweisung: „Der Arbeitgeber hat die Beschäftigten über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit während ihrer Arbeitszeit ausreichend und angemessen zu unterweisen. Die Unterweisung umfasst Anweisungen und Erläuterungen, die eigens auf den Arbeitsplatz oder den Aufgabenbereich der Beschäftigten ausgerichtet sind. Die Unterweisung muss bei der Einstellung, bei Veränderungen im Aufgabenbereich, der Einführung neuer Arbeitsmittel oder einer neuen Technologie vor Aufnahme der Tätigkeit der Beschäftigten erfolgen. Die Unterweisung muss an die Gefährdungsentwicklung angepasst sein und erforderlichenfalls regelmäßig wiederholt werden.“

    Verbandskasten

    Siehe unter Erste Hilfe

    Versicherte Tätigkeit

    Für die Anerkennung eines Unfalls als Arbeitsunfall ist Voraussetzung, dass dieser kausal mit einer versicherten Tätigkeit im Zusammenhang steht. Ist die Tätigkeit dagegen eigenwirtschaftlich (z.B. Essen am Arbeitsplatz) kann ein Unfall kein Arbeitsunfall sein. Liegt eine Tätigkeit vor, die dem Unternehmenszweck dient, die aber auch als eigenwirtschaftlich anzusehen ist („gemischte Tätigkeit“), wird diese als versicherte Tätigkeit anerkannt.

    Wegeunfall

    Ein Wegeunfall ist ein Sonderfall des Arbeitsunfalls. Arbeitnehmer sind auf dem Weg von und zur Arbeit gegen Unfälle geschützt. Abweichungen von diesen Wegen sind nur in wenigen Ausnahmefällen gestattet, so für Fahrgemeinschaften oder wenn Kinder in den Kindergarten gebracht werden müssen. Auch länger währende Wegunterbrechungen, z.B. wegen eines eingeschobenen Besuchs, können dazu geeignet sein, das Vorliegen eines Wegeunfalls zu verneinen.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Erster Teil des Beitrags in der vorherigen Ausgabe: AK 14, 33
    Quelle: Ausgabe 03 / 2014 | Seite 50 | ID 42501406