· Fachbeitrag · Sonderzahlungen
Die neue Inflationsausgleichsprämie: Bis zu 3.000 Euro sind steuer- und beitragsfrei möglich
von Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage, www.steuer-webinar.de
| Arbeitnehmer sind durch die anhaltend hohe Inflation weiterhin stark belastet. Um sie zu unterstützen, wurde jüngst durch § 3 Nr. 11c EStG eine einfache und unbürokratische Möglichkeit geschaffen: Arbeitgeber können vom 26.10.2022 bis zum 31.12.2024 bis zu 3.000 Euro vollkommen frei von Steuern und Sozialabgaben an ihre Arbeitnehmer zahlen. Es profitieren sowohl Arbeitnehmer durch den Zufluss „brutto wie netto“ als auch Arbeitgeber durch die entfallenden Sozialabgaben und einer höheren Mitarbeitermotivation. LGP stellt die Details der Inflationsausgleichsprämie vor. |
Voraussetzungen für die Inflationsausgleichsprämie
Um von der steuerfreien Inflationsausgleichsprämie in § 3 Nr. 11c EStG profitieren zu können, muss
- 1. der Arbeitgeber einem seiner Arbeitnehmer
- 2. zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn
- 3. bis zum 31.12.2024
- 4. zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise
- 5. Zuschüsse oder Sachbezüge
- 6. bis zu einem Höchstbetrag von 3.000 Euro zuwenden und
- 7. im Lohnkonto aufzeichnen (§ 41 Abs. 1 S. 3 EStG)
Positiver Nebeneffekt der Steuerbefreiung ist, dass zugleich gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 SvEV eine Betragsfreiheit in der Sozialversicherung besteht. Denn es handelt sich bei der Inflationsausgleichsprämie nicht um Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 SGB IV. Der Regelungsinhalt ist damit von der Wirkweise vergleichbar mit der in § 3 Nr. 11a EStG enthaltenen Corona-Prämie in Höhe von bis zu 1.500 Euro.
1. Auszahlung durch einen Arbeitgeber an einen seiner Arbeitnehmer
Die steuer- und beitragsfreie Inflationsausgleichsprämie kann nur von einem Arbeitgeber an einen zu ihm in einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis stehenden Arbeitnehmer gezahlt werden. Unerheblich ist es dabei, ob sie in Voll- oder Teilzeit beschäftigt werden. Begünstigt sind auch Aushilfen, Azubis und Minijobber. Da die Zahlung steuer- und beitragsfrei ist, wird sie auch nicht auf die Minijobgrenze angerechnet. Auch Leiharbeitnehmer sind begünstigt. Ihnen kann der Verleiher als lohnsteuerlicher Arbeitgeber des Leiharbeitnehmers eine steuer- und beitragsfreie Inflationsausgleichsprämie gewähren.
Keine steuer- und beitragsfreie Inflationsausgleichsprämie lässt sich an freie Mitarbeiter, selbstständig tätige Handelsvertreter sowie Arbeitnehmer verbundener Unternehmen (z. B. Arbeitnehmer einer Tochter- oder Schwestergesellschaft) zahlen. Denn begünstigt sind nur die Arbeitnehmer, die zum zahlenden Arbeitgeber in einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis stehen.
PRAXISTIPP | Die Inflationsausgleichsprämie kann auch Arbeitnehmern gewährt werden, deren Arbeitsverhältnis z. B. infolge von Kurzarbeit, Bezug von Krankengeld oder Elternzeit (mit Bezug von Elterngeld) ruht. |
Soll ein angestellter Geschäftsführer die Inflationsausgleichsprämie erhalten, ist zu unterscheiden. Ist der Geschäftsführer nicht Gesellschafter, ist eine steuer- und beitragsfreie Zahlung möglich. Sollte der Geschäftsführer zugleich auch Gesellschafter (= Gesellschafter-Geschäftsführer) sein, so kommt es auf die Rechtsform der Gesellschaft an. Handelt es sich um
- eine Personengesellschaft (z. B. GbR, OHG, KG, GmbH & Co. KG), kann dem Gesellschafter-Geschäftsführer keine steuerfreie Inflationsausgleichsprämie zugewandt werden, da dann gewerbliche Einkünfte vorliegen (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 Hs. 2 EStG).
- um eine Kapitalgesellschaft (z. B. UG, GmbH, AG), kann der Gesellschafter-Geschäftsführer von der Inflationsausgleichsprämie profitieren. Allerdings sind dann die Grundsätze des Fremdvergleichs zu beachten, damit sich keine verdeckte Gewinnausschüttung ergibt.
Wichtig | Der Fremdvergleich ist ferner zu beachten, wenn bei einer Kapitalgesellschaft auch der Ehepartner oder Kinder des Gesellschafters beschäftigt werden und diese eine Inflationsausgleichsprämie erhalten sollen. Es empfiehlt sich, diesen Personen nicht eine höhere Prämie als „normalen“ Arbeitnehmern zukommen zu lassen.
2. Auszahlung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn
Nur zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistete Zahlungen können als Inflationsausgleichsprämie begünstigt sein. Damit ist die Steuerbefreiung insbesondere bei einem Gehaltsverzicht oder bei einer Gehaltsumwandlung ausgeschlossen. Die Zahlung muss „on top“ geleistet werden. Wann die Zahlung diese Voraussetzung erfüllt, definiert § 8 Abs. 4 EStG.
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Schädliche Beispiele | Unschädliche Beispiele |
Der Arbeitnehmer verzichtet
und erhält stattdessen eine entsprechende Inflationsausgleichsprämie. |
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Wichtig | Da die Inflationsausgleichsprämie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gezahlt werden muss, steht es grundsätzlich jedem Arbeitgeber frei, ob und, wenn ja, in welcher Höher er eine Zahlung vornimmt. Es besteht kein Anspruch der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber, dass dieser zwingend eine Zahlung vorzunehmen hat. Es ist aber zu erwarten, dass sich Gewerkschaften bei künftigen Verhandlungen mit den Arbeitgeberverbänden auf die Zahlung einer Prämie verständigen werden.
3. Auszahlung bis zum 31.12.2024
Die Bundesregierung geht davon aus, dass sich die Energiepreise mittelfristig entspannen. Die Auszahlung der steuer- und beitragsfreien Inflationsausgleichsprämie ist daher bis zum 31.12.2024 befristet.
Das hat den großen Vorteil, dass Arbeitgeber frei bestimmen können, ob, wann und in welcher Form sie die Zahlungen leisten. Sie können die 3.000 Euro in einem Betrag oder ratierlich in der Zeit zwischen dem 26.10.2022 und dem 31.12.2024 leisten.
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Ein Arbeitgeber möchte seinen Arbeitnehmern 2.000 Euro steuerfrei zukommen lassen. Er entscheidet sich dafür, jeweils am 01.12.2022, 01.06.2023, 01.12.2023 und am 01.06.2024 je 500 Euro an seine Arbeitnehmer zu überweisen.
Lösung: Der Arbeitgeber kann in vier Raten bis 31.12.2024 zahlen. Das führt unter Einhaltung der weiteren Voraussetzungen zur Steuerfreiheit der Zahlungen. |
4. Auszahlung zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise
Die Steuerbefreiung ist dafür gedacht, die infolge der anhaltend hohen Inflation stark belasteten Arbeitnehmer zu unterstützen. Deshalb muss zwischen der Zahlung und den gestiegenen Verbraucherpreisen eine Verbindung bestehen. Allerdings werden nach der Gesetzesbegründung keine besonderen Anforderungen zwischen der Leistung des Arbeitgebers und den Preissteigerungen gestellt. Es soll bereits genügen, wenn der Arbeitgeber bei der Gewährung der Prämie für den begünstigten Arbeitnehmer deutlich macht, dass diese im Zusammenhang mit den Preissteigerungen steht (Bundestag-Drucksache 20/3763, Abschnitt B, Abruf-Nr. 231980).
PRAXISTIPPS |
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Musterformulierung / Inflationsausgleichsprämie |
Die Gewährung der als Inflationsausgleichsprämie bezeichneten einmaligen Zahlung in Höhe von … Euro erfolgt durch den Arbeitgeber ... (Name) freiwillig als sonstige Leistung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn. Die Zahlung soll die anhaltend hohen Belastungen des Arbeitnehmers ... (Name) aufgrund der gestiegenen Verbraucherpreise abmildern. Ein Rechtsanspruch auf die wiederholte Gewährung einer solchen freiwilligen Zahlung für die Zukunft entsteht nicht. Die Zahlung ist nach § 3 Nr. 11c EStG steuer- und nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 SvEV beitragsfrei. |
5. Auszahlung als Zuschuss oder Sachbezug
Es liegt im Ermessen des Arbeitgebers, zu entscheiden, ob und in welcher Form er eine Inflationsausgleichsprämie gewährt. Er kann diese klassischerweise als Zuschuss auszahlen und dem Arbeitnehmer daher im Rahmen der Lohn- oder Gehaltsabrechnung eine entsprechend höhere Vergütung gewähren. Ebenso kann er sich für eine Sachleistung entscheiden und dem Arbeitnehmer bspw. Gutscheine oder eine andere Sache zuwenden.
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6. Auszahlung bis zum Höchstbetrag von 3.000 Euro
Für die Inflationsausgleichsprämie gilt ein Höchstbetrag von 3.000 Euro je Arbeitnehmer. Da es sich um einen Freibetrag und nicht um eine Freigrenze handelt, kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer auch einen niedrigeren oder höheren Betrag zuwenden. Entscheidet sich der Arbeitgeber für einen höheren Betrag, unterliegt allerdings der den Freibetrag von 3.000 Euro übersteigende Teil als Arbeitslohn der Besteuerung und den Sozialabgaben und nur 3.000 Euro sind steuer- und beitragsfrei.
Wichtig | Der Arbeitgeber trägt die Kosten der Inflationsausgleichsprämie vollkommen alleine. Ihm verbleibt lediglich der Abzug als Betriebsausgabe.
Der Höchstbetrag stellt auf das Arbeitsverhältnis ab. Aus dem Grund können Arbeitnehmer mit mehreren Arbeitgebern mehrfach profitieren. Ein Arbeitnehmer mit einem Haupt- und Nebenjob kann damit bis zu 6.000 Euro steuer- und beitragsfrei erhalten (3.000 Euro vom Arbeitgeber des Hauptjobs und 3.000 Euro vom Arbeitgeber des Nebenjobs). Gleichermaßen können Arbeitnehmer mehrfach profitieren, wenn sie bis zum 31.12.2024 ihren Arbeitgeber wechseln.
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Zahlt ein Arbeitgeber z. B. im Dezember 2022 seinen Arbeitnehmern eine Inflationsausgleichsprämie von 3.000 Euro steuer- und beitragsfrei aus und wechselt einer der Arbeitnehmer zum 01.03.2023 den Arbeitgeber, kann dieser von seinem neuen Arbeitgeber nochmals bis zu 3.000 Euro steuer- und beitragsfrei erhalten. Wechselt er danach erneut den Arbeitgeber, sind wieder bis zu 3.000 Euro steuer- und beitragsfrei drin. Ausnahme: Er wechselt wieder zurück zu seinem ersten Arbeitgeber. Da ihm dieser bereits den Höchstbetrag steuer- und beitragsfrei geleistet hat, kann er ihm nicht nochmals eine steuer- und beitragsfreie Inflationsausgleichsprämie zahlen. |
Wichtig | In den Fällen einer zivilrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge und bei Betriebsübergängen nach § 613a BGB (z. B. Einbringung eines Einzelunternehmens in eine Kapitalgesellschaft) ist nicht von einem weiteren Arbeits- oder Dienstverhältnis auszugehen. In diesem Fall tritt zivilrechtlich der neue Betriebsinhaber lediglich in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Aus diesem Grund besteht weiterhin lediglich ein Arbeitsverhältnis, sodass eine mehrfache steuer- und beitragsfreie Zahlung der Inflationsausgleichsprämie nicht möglich ist. Wurde der Höchstbetrag von 3.000 Euro bereits ausgeschöpft, unterliegen weitere Zahlungen als sonstiger Bezug den Steuern und Sozialabgaben.
7. Aufzeichnungen im Lohnkonto
Die steuerfreien Leistungen infolge der Inflationsausgleichsprämie sind im Lohnkonto der jeweiligen Arbeitnehmer aufzuzeichnen (§ 41 Abs. 1 S. 3 EStG). Damit wird sichergestellt, dass die Zahlung für den Lohnsteueraußenprüfer als solche erkennbar ist und die zugrunde liegende Vereinbarung bei Bedarf geprüft werden kann. Es empfiehlt sich daher, auch mit dem Arbeitnehmer geschlossene Vereinbarungen (siehe obige Musterformulierung) zum Lohnkonto zu nehmen.
PRAXISTIPP | Die Zahlung muss nicht auf der jährlichen Lohnsteuerbescheinigung ausgewiesen werden. Ferner muss der Arbeitnehmer sie nicht in seiner Steuererklärung angeben, sie unterliegt auch nicht dem Progressionsvorbehalt. |
Kombination mit anderen Arbeitgeberleistungen
Die Steuerfreiheit der Inflationsausgleichsprämie lässt andere Begünstigungen unberührt. So können bspw. weiterhin die Regelungen der § 3 Nr. 34a EStG (Gesundheitsleistungen bis zu 600 Euro jährlich), § 8 Abs. 2 S. 11 EStG (Sachbezugsfreigrenze von 50 Euro monatlich) und § 8 Abs. 3 S. 2 EStG (Rabattfreibetrag von 1.080 Euro jährlich) genutzt werden.
Keine Anrechnung auf Sozialleistungen
Zahlt der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer eine steuer- und beitragsfreie Inflationsausgleichsprämie, kommt diese auch bei Beziehern von Arbeitslosengeld/Sozialleistungen im Sinne des SGB II in voller Höhe an. Denn gemäß dem neuen § 1 Abs. 1 Nr. 7 Alg II-V ist die Inflationsausgleichsprämie für Zwecke des Arbeitslosengeldes und für Sozialleistungen nicht als Einkommen im Sinne des SGB II zu berücksichtigen. Damit wird die steuerliche Privilegierung der Inflationsausgleichsprämie auch im SGB II nachvollzogen. Zudem wird damit verhindert, dass aufgrund von den tatsächlichen Hilfebedarf übersteigenden Einnahmen der Leistungsbezug im Monat der Zuwendung unterbrochen wird.
Prämie und Kurzarbeitergeld
U. E. wirkt sich die Prämie auf das Kurzarbeitergeld nicht aus. Der Arbeitnehmer erhält dann ganz normal das Kurzarbeitergeld und zusätzlich die steuer- und beitragsfreie Prämie. So war es beim Corona-Bonus ja auch.
Vergleich Sonderzahlung ‒ Inflationsausgleichsprämie
Die Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie bietet immense Vorteile. Der Arbeitnehmer freut sich über ein steuer- und beitragsfreies Gehaltsextra, das zu 100 Prozent bei ihm ankommt. Der Arbeitgeber kann seine Arbeitnehmer effektiv und vergünstigt motivieren und unterstützen. Denn das, was er aufwendet, kommt zu 100 Prozent beim Arbeitnehmer an, und er ist nicht mit zusätzlichen Sozialabgaben belastet. Zudem ist die Zahlung als Betriebsausgabe abzugsfähig. Der Vorteil der Inflationsausgleichsprämie zeigt sich eindrucksvoll in einem Belastungsvergleich.
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Möchte Arbeitgeber A einem Arbeitnehmer (Steuerklasse I, keine Kinder/Konfession, Bruttolohn 2.500 Euro) mit bzw. ohne Inflationsausgleichsprämie einmalig 3.000 Euro netto extra zuwenden, ergibt sich für A ein Vorteil von 3.464 Euro.
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Einziger Wehrmutstropfen für den Arbeitnehmer: Da die Inflationsausgleichsprämie nicht den Sozialabgaben unterliegt, steigt u. a. die spätere Rente des Arbeitnehmers nicht. Denn zusätzliche Beiträge an den Rententräger werden nicht entrichtet.
Weiterführende Hinweise
- Musterformulierung „Inflationsausgleichsprämie: Inflationsbedingte freiwillige Einmalzahlung“ → Abruf-Nr. 48662473
- Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz, BGBl. vom 25.10.2025 → Abruf-Nr. 231979
- Beitrag „Sonderzahlungen: Inflationsausgleichsprämie: Ist sie an alle Arbeitnehmer und in gleicher Höhe zu zahlen?, LGP 11/2022, Seite 233 → 48675600