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  • 15.04.2009 · IWW-Abrufnummer 091232

    Oberlandesgericht Dresden: Urteil vom 10.02.2009 – 5 U 1336/08

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Dresden

    Aktenzeichen: 5 U 1336/08
    5-O-1147/08 LG Leipzig

    Verkündet am 10.02.2009

    IM NAMEN DES VOLKES

    URTEIL

    In dem Rechtsstreit XXX

    wegen Beseitigung von Lärmimmissionen in einer gemieteten
    Rechtsanwaltskanzlei

    hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 06.01.2009 durch XXX

    für Recht erkannt:

    1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 18.07.2008, Az. 5 O 1147/08, wird zurückgewiesen.

    2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

    3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch die Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aus dem Urteil beitreibbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages leisten.

    4. Die Revision wird nicht zugelassen.

    Streitwert des Berufungsverfahrens: 39.326,85 EUR

    Gründe:

    I.

    Der Kläger nimmt die Beklagten als Vermieter auf Beseitigung von Gebrauchsbeeinträchtigungen durch Lärmemissionen in Anspruch.

    Durch Vertrag vom 16.07.1997 mietete der Kläger von der p.. ............................................ mbH Büroflächen im Erdgeschoss sowie weitere Räume im Souterrain in dem Gebäude .......................... .. in ....... zum Betrieb seiner Rechtsanwaltskanzlei. Das Gebäude wurde jedenfalls vor 1945 in großbürgerlichem Stil errichtet. Das Treppenhaus ist im unteren Teil mit Marmor ausgestattet. Die Fassade weist Jugendstilelemente auf. Die vom Kläger gemieteten Kanzleiräume befinden sich im Erdgeschoss bzw. Hochparterre; in den darüber liegenden Stockwerken befinden sich Wohnungen.

    Aufgrund Kaufvertrages vom 28.11.1995 haben die Beklagten das Grundstück mit dem aufstehenden Gebäude von der Vermieterin gekauft. Die Parteien sind darüber einig, dass die Beklagten als Vermieter in den Mietvertrag eingetreten sind. Sie einigten sich in einem Vergleich vor dem Landgericht Leipzig auf eine Verlängerung des ursprünglich auf den 31.07.2007 befristeten Mietvertrages bis zum 31.07.2012 mit der Möglichkeit für den Kläger, das Vertragsverhältnis durch Option um 5 Jahre zu verlängern.

    In der Mitte des Gebäudes, das inzwischen die postalische Anschrift ............. .. trägt, befinden sich Hauseingang und Treppenhaus. Die Kanzleiräume des Klägers liegen sowohl auf der linken wie auch auf der rechten Seite des Treppenhauses.

    Während der Dauer des Mietvertrages zwischen den Parteien war die auf der linken Seite des Gebäudes über den Kanzleiräumen gelegene Wohnung teilweise vermietet, teilweise nicht vermietet. Zu Beanstandungen über Lärmbelästigungen kam es zunächst nicht. Gegen Ende des Jahres 2007 bezogen die Eheleute R..... mit ihren drei Kindern die auf der linken Gebäudeseite über der Rechtsanwaltskanzlei gelegene Wohnung.

    Erstmals mit Schreiben vom 20.12.2007 zeigte der Kläger Lärmbeeinträchtigungen aus der über seinen Räumen gelegenen Wohnung an. Erneute Anzeigen erfolgten durch Schreiben vom 25.01. (Anlage K 2) und 13.02.2008 (Anlage K 3). Der Kläger beschrieb die Geräusche als Klavierspiel, Stapfgeräusche, Trampeln, Rollgeräusche, Poltern, Scharrgeräusche ("als würden Möbelstücke verschoben"), Poltergeräusche ("als würden Gegenstände auf dem Boden gerollt und mehrfach hintereinander fallen gelassen"), verstärktes Getrappel ("als würden sich Personen jagen"), Bässe von Musik, klassische Musik, Springen, Klopfgeräusche ("als schlägt jemand mit einem Gegenstand auf den Boden"), Poltern ("als springt jemand aus größerer Höhe ständig auf Böden"), Geklimper u.a.

    Der Kläger hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, die Beklagten seien als Vermieter verpflichtet, die Geräuschbelästigungen abzustellen, die das Arbeiten der Anwälte wie auch der Mitarbeiterinnen im Sekretariat erheblich und unzumutbar beeinträchtigten.

    Der Kläger hat beantragt,

    die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, die Gebrauchsbeeinträchtigungen der Räumlichkeiten .............. .., ..... ......., EG links, welche durch Lärmemissionen aus der darüber liegenden Wohnung, .............. .., .... ......., 1. OG links hervorgerufen werden und sich in der Wahrnahme nachfolgender Geräusche zeigen:

    - Stapfgeräusche (besonders lautes Auftreten beim Gehen oder Rennen);
    - Hüpfgeräusche, als würde jemand Seilspringen oder von einem über dem Wohnungsfußboden liegenden Höhenniveau mit geschlossenen Beinen auf den Fußboden springen;
    - Rollgeräusche, als würde eine Bowlingkugel rollen;
    - Scharrgeräusche, als würden Möbel verschoben werden;
    - Poltergeräusche, als würden Gegenstände auf den Fußboden geworfen werden;
    - laute Musik

    so zu beseitigen, dass die Lärmemissionen aus der Wohnung 1. OG links in den Räumen EG links einen Wert von 53 dB nicht überschreiten.

    Die Beklagten haben beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Sie haben die Zulässigkeit der Klage bezweifelt und die Ansicht vertreten, der Mietgebrauch sei nicht beeinträchtigt. Es handele sich um Geräuschemissionen, die in einem Mietshaus mit zahlreichen Mietparteien zu dulden seien.

    Das Landgericht, auf dessen Entscheidung Bezug genommen wird (Bl. 36-44 dA), hat die Klage abgewiesen.

    Mit seiner Berufung macht der Kläger geltend, die Geräuschbelästigungen seien seit dem Einzug der Familie R..... im November 2007 aufgetreten. Es handele sich um Geräusche wie Stapfen, Hüpfen, Rollen, Scharren, Poltern und um laute Musik. Es trete eine Störung beim Arbeiten auf. Die Lampen in der Kanzlei wackelten und die Bürotüren klapperten. Es handele sich nicht um Geräusche, die nur von Kindern ausgehen müssen. Aus der in der rechten Gebäudehälfte gelegenen Wohnung, die ebenfalls über der Kanzlei liege, drängen keine entsprechenden Geräusche in die Kanzleiräume. Das Landgericht hätte seine Feststellung, dass eine ungewöhnliche Geräuschbelastung nicht vorliege, nicht ohne Inaugenscheinnahme treffen dürfen. Es seien nur zwei Ursachen denkbar, nämlich ein nicht adäquates Verhalten der Mieter in der Wohnung im 1. Obergeschoss links oder eine unzureichende Trittschalldämmung. Die Mieter hielten die Kinder nicht genügen zur Rücksichtnahme an.

    Der Kläger beantragt,

    unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Leipzig vom 27.06.2008 (5 O 1147/08) die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, die Gebrauchsbeeinträchtigungen der Räumlichkeiten .............. .., ..... ......., EG links, welche durch Lärmemissionen aus der darüber liegenden Wohnung, .............. .., ..... ......., 1. OG links hervorgerufen werden und sich in der Wahrnahme nachfolgender Geräusche zeigen:

    - Stapfgeräusche (besonders lautes Auftreten beim Gehen oder Rennen);
    - Hüpfgeräusche, als würde jemand Seilspringen oder von einem über den Wohnungsfußboden liegenden Höhenniveau mit geschlossenen Beinen auf den Fußboden springen;
    - Rollgeräusche, als würde eine Bowlingkugel rollen;
    - Scharrgeräusche, als würden Möbel verschoben werden;
    - Poltergeräusche, als würden Gegenstände auf den Fußboden geworfen werden;
    - laute Musik

    so zu beseitigen, dass die Lärmemissionen aus der Wohnung 1. OG links in den Räumen EG links einen Wert von 53 dB nicht überschreiten.

    Hilfsweise beantragt der Kläger,

    unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Leipzig vom 27.06.2008 (5 O 1147/08) die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, die Gebrauchsbeeinträchtigungen der Räumlichkeiten .............. .., ..... ......., EG links, welche durch Lärmemissionen aus der darüber liegenden Wohnung, .............. .., ..... ......., 1. OG links hervorgerufen werden und sich in der Wahrnahme nachfolgender Geräusche zeigen:

    - Stapfgeräusche (besonders lautes Auftreten beim Gehen oder Rennen);
    - Hüpfgeräusche, als würde jemand Seilspringen oder von einem über den Wohnungsfußboden liegenden Höhenniveau mit geschlossenen Beinen auf den Fußboden springen;
    - Rollgeräusche, als würde eine Bowlingkugel rollen;
    - Scharrgeräusche, als würden Möbel verschoben werden;
    - Poltergeräusche, als würden Gegenstände auf den Fußboden geworfen werden;
    - laute Musik

    so zu beseitigen, dass die Lärmemissionen aus der Wohnung 1. OG links in den vom Kläger gemieteten Räumen die vertragliche Nutzung nicht mehr als nur unerheblich beeinträchtigen.

    Die Beklagten beantragen,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung.

    Der Senat hat Beweis erhoben durch Einnahme eines Augenscheins in den Kanzleiräumen und der darüber gelegenen Wohnung der Familie R..... im 1. Obergeschoss links sowie durch Vernehmung der Zeugen Z......, K........, R... und L...... Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 06.01.2009 Bezug genommen, ebenso auf den von den Parteien vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze.

    II.

    Die zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet. Zwar ist die Klage im Haupt- und Hilfsantrag zulässig, doch steht der vom Kläger geltend gemachte Herstellungsanspruch dem Kläger nicht zu.

    1. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist auch der vom Kläger gestellte Hilfsantrag hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Das prozessuale Erfordernis, die Klage mit einem bestimmten Antrag zu versehen, ist kein Selbstzweck. Es dient vielmehr der sachgerechten Verwirklichung des materiellen Rechts. Dabei bestimmt der vom Kläger gestellte Antrag den Gegenstand des Prozesses und damit auch die Reichweite der Rechtskraft des späteren Urteils. Das erforderliche Maß der Bestimmtheit des Klageantrages hat sich nach dem zu verwirklichenden materiellen Recht zu richten. Soweit der Kläger aus diesem einen Anspruch auf Herstellung eines durch konkrete messbaren Größen zu bestimmenden Zustandes herleitet, ist es ihm zumutbar, im Sinne der Bestimmtheit des Klageantrages diese Größen auch konkret zu benennen. Gewährt das materielle Recht einen Anspruch auf Herstellung eines Zustandes, der nur unter Zuhilfenahme weitergehender Wertungen beschrieben werden kann, so widerspricht es nicht dem Bestimmtheitserfordernis, wenn der Kläger bei der Antragstellung auf diese Wertungen zurückgreift (vgl. Stein-Jonas-Roth, ZPO, 22. Aufl., § 253 Rn. 31). Das ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu dem Anspruch aus § 906 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 1004 Abs. 1 BGB auf Beseitigung oder Unterlassung von Einwirkungen auf ein Grundstück anerkannt, die die Benutzung des Grundstückes mehr als nur unwesentlich beeinträchtigen (BGH NJW 1958, 1776; BGH NJW 1977, 146; BGH NJW 1993, 1656, 1657). Für den hier geltend gemachten Anspruch auf Herstellung eines vertragsgemäßen Zustandes der Mietsache durch Beseitigung störender Lärmbeeinträchtigungen kann nichts anderes gelten. Ein so geschaffener Vollstreckungstitel ist auch eine hinreichende Grundlage für eine Zwangsvollstreckung (Stein-Jonas-Rehm, ZPO, 22. Aufl., § 887 Rn. 37).

    2. Die Klage ist nicht begründet, weil dem Kläger die geltend gemachten Ansprüche nicht zustehen. Die Ansprüche ergeben sich nicht aus der allein in Betracht kommenden rechtlichen Grundlage des zwischen den Parteien bestehenden Mietvertrages i.V.m. § 535 Abs. 1 S. 2 BGB. Danach hat der Vermieter die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Die vom Kläger gerügten Lärmbelästigungen halten sich im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs der Mietsache, so dass die Beklagten nicht zur Herstellung eines vertragsgemäßen Zustandes verurteilt werden können.

    a) Welcher Zustand des Mietobjekts als zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignet angesehen werden muss, bestimmt sich zuerst nach der ausdrücklichen Vereinbarung der Vertragspartner über den geschuldeten Standard oder die geschuldete Ausstattung des Mietobjekts. Mangels einer ausdrücklichen vertraglichen Vereinbarung wird der zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignete Zustand durch den vereinbarten Nutzungszweck bestimmt. So kann der Mieter einer Wohnung nach der allgemeinen Verkehrsanschauung erwarten, dass die von ihm angemieteten Räume einen Wohnstandard aufweisen, der der üblichen Ausstattung vergleichbarer Wohnungen entspricht. Hierbei sind insbesondere das Alter, die Ausstattung und die Art des Gebäudes, aber auch die Höhe der Miete und eine eventuelle Ortssitte zu berücksichtigen. Nicht alles, was bei Neubauten und dem modernen Wohnungsbau zwischenzeitlich üblich geworden ist, kann bei Altbauten als üblich angesehen oder zum Maßstab gemacht werden. Dementsprechend sind auch die Vorstellungen darüber, welche Ausstattungen Altbauten und Neubauten regelmäßig aufweisen, unterschiedlich (BGH NZM 2004, 736, 737 zur Wohnungsmiete). Nach der Verkehrsanschauung ist grundsätzlich der bei Errichtung des Gebäudes geltende Maßstab anzulegen (BGH NJW 2005, 218, 219 zur Wohnungsmiete). Diese Grundsätze gelten ebenso, wenn das Mietobjekt nicht zu Wohn-, sondern zu gewerblichen Zwecken vermietet ist (BGH NZM 2006, 582, 583), wie es vorliegend für den Betrieb einer Rechtsanwaltskanzlei der Fall ist.

    b) Der Hauptantrag des Klägers ist bereits deswegen unbegründet, weil es nach diesen Maßstäben keine Grundlage dafür gibt, dass der Kläger eine Beschränkung der Lärmemissionen auf 53 dB verlangen könnte.

    aa) Eine ausdrückliche Vereinbarung zwischen den Parteien des Mietvertrages ist dazu weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

    bb) Der Kläger macht auch nicht geltend, dass die Richtlinien zum Schallschutz, auf deren Einhaltung er besteht und aus denen er den angegebenen Grenzwert herleitet, insbesondere die DIN 4109, bereits zum Errichtungszeitpunkt des Gebäudes gegolten haben.

    Entgegen der Auffassung des Klägers ist auch nicht auf die Einhaltung der technischen Normen und Regeln zum Zeitpunkt der Sanierung des Gebäudes in den Jahren 1995 bis 1997 abzustellen. Die Sanierung eines Altbaus kann in sehr unterschiedlicher Intensität und mit unterschiedlicher Auswirkung auf den Schall- und insbesonder Trittschallschutz geschehen. So ist es denkbar, dass in einem denkmalgeschützten Gebäude die Deckenkonstruktion als solche nicht einmal angegriffen werden darf, um den Gebäudecharakter nicht zu verfälschen. Ebenso ist es denkbar, dass eine völlige Entkernung des Gebäudes stattfindet und nur die äußere Hülle erhalten bleibt, so dass für die Schallschutzwirkung des Deckens der Standard des Sanierungszeitpunktes erwartet werden kann. Das ist eine Frage des Einzelfalls.

    Der Kläger hat keine Umstände vorgetragen, aufgrund deren er für die Decke zwischen seinen Kanzleiräumen und den darüberliegenden Wohnungen die Einhaltung des technischen Standards der Jahre 1995 bis 1997 erwarten konnte. Die Tatsache allein, dass das Gebäude saniert werden sollte, genügt hierfür aus den dargelegten Gründen nicht. Es sind auch sonst keinerlei Anhaltspunkte vorgetragen, dass der Kläger davon ausgehen durfte, Decken mit modernem Schallschutzstandard vorzufinden. Es mag nicht ausgeschlossen gewesen sein, dass auch insoweit eine Modernisierung stattgefunden hatte. Es bestand aber zumindest mit ebenso großer Wahrscheinlichkeit die Möglichkeit, dass eine Sanierung der Decken hinsichtlich des Schallschutzes nicht erfolgt war. Wenn es dem Kläger jedoch hierauf ankam, so hätte er insoweit nachfragen und auf eine ausdrückliche Vereinbarung hinwirken müssen. Der Kläger behauptet in seinem nachgelassenen Schriftsatz vom 26.01.2009 nicht, dass die von ihm nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorgelegten Bauantragsunterlagen auch die Decke zwischen seinen Kanzleiräumen und den darüberliegenden Wohnungen betreffen. Vielmehr ist zwischen den Parteien unstreitig, dass im Zuge der Sanierung ein Dachgeschossausbau stattfand. Die Decke zwischen Dachgeschoss und den darunterliegenden Geschossen grenzt nicht an die Kanzleiräume des Klägers. Das begründet keine Erwartung des Klägers, dass auch hinsichtlich der über seinen Räumen liegenden Decke Schallschutzanforderungen nach neuem Standard eingehalten werden (vgl. BGH NJW 2005, 218, 219). Selbst wenn sich aus den Bauantragsunterlagen ein höherer Standard der Trittschalldämmung ergäbe, wäre nicht ersichtlich, wie das die vertragliche Sollbeschaffenheit prägen könnte. Auf die Antragsunterlagen wurde im Vertrag nicht Bezug genommen; über die Frage der Schallisolierung wurde bei den Verhandlungen nicht gesprochen.

    c) Auch der Hilfsantrag, mit dem der Kläger die Beseitigung von Nutzungsbeeinträchtigungen durch Lärm aus der über seinen Kanzleiräumen liegenden Wohnung unabhängig von der Überschreitung bestimmter Grenzwerte verlangt, verhilft der Klage nicht zum Erfolg.

    aa) Auch insoweit kann der Mieter im Rahmen seines Anspruchs auf Gewährung des vertragsgemäßen Gebrauchs mangels ausdrücklicher Vereinbarung nach der allgemeinen Verkehrsanschauung erwarten, dass durch von außen eindringende Geräusche in den von ihm angemieteten Räumen das nach den Umständen erwartbare Maß der Lärmbelastung nicht überschritten wird. Auch hierfür sind Alter, Ausstattung und Art des Gebäudes maßgeblich. Wenn sich in einem Haus mehrere Wohnungen oder Gewerbeobjekte befinden, gehören Geräuschimmissionen aus den benachbarten Objekten zum vertragsgemäßen Gebrauch eines in diesem Haus gemieteten Objekts. Der Mieter kann aber einerseits erwarten, dass sich andere Nutzer des Hauses im Wesentlichen im Rahmen des ihnen zustehenden, der Verkehrssitte entsprechenden Gebrauchs der Räume verhalten. Zudem kann auch erwartet werden, dass durch die Beschaffenheit des Mietobjekts selbst ein angemessenes Nutzungsverhalten anderer Bewohner des Hauses nicht zu einer unangemessenen und unzumutbaren Beeinträchtigung der Nutzung des Mietobjekts führt.

    bb) Die Beweisaufnahme durch den Senat hat aber weder ergeben, dass ein übermäßiger Gebrauch der über den Kanzleiräumen des Klägers liegenden Mietwohnung vorliegt noch dass in dem Mietobjekt eine Geräuschübertragung stattfindet, die das nach der allgemeinen Verkehrsanschauung erwartbare Maß überschreitet.

    Aus den Aussagen der vernommenen Zeugen, von deren Richtigkeit der Senat überzeugt ist, geht hervor, dass die vom Kläger beschriebenen Geräusche in der Kanzlei auftreten und wahrnehmbar sind. Bestätigt wurde das durch die Beobachtung bei der Augenscheinseinnahme durch den Senat, bei der jeweils im Wechsel ein Teil der Senatsmitglieder die Geräuschentwicklung in der Wohnung und der andere Teil die entsprechende Auswirkung in der Kanzlei selbst wahrgenommen hat. Der Senat geht aufgrund der übereinstimmenden Angaben der Zeugen auch davon aus, dass die auftretenden Geräusche im Einzelfall auch stärker waren als die, die bei der Augenscheinseinnahme durch den Senat wahrnehmbar waren. Die von den Zeugen empfundene Störung des Arbeitsablaufs insbesondere bei Arbeiten, die hohe Konzentration und Aufmerksamkeit erfordern, beruht zur Überzeugung des Senats auch nicht auf einer übertriebenen oder unangemessenen Lärmempfindlichkeit der Zeugen und des Klägers.

    Gleichwohl vermag der Senat nicht festzustellen, dass die Geräuschbelastungen das Maß überschreiten, das im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs der Mietsache hinzunehmen ist. Denn der Kläger hat mangels abweichender Vereinbarung nicht Räume gemietet, in denen jede Störung konzentrierten Arbeitens durch Geräusche aus den darüberliegenden Wohnungen ausbleibt. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass in Räumen, die unterhalb einer Wohnung liegen, mit dem Auftreten von Geräuschen aus dieser Wohnung zu rechnen ist. Das gilt erst recht, wenn es sich um einen Altbau handelt, in dem ein moderner Standard der Geräuschdämmung nicht erwartet werden kann. Der Kläger kann an den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache auch nicht berechtigterweise die Erwartung knüpfen, dass bei der Nutzung der über seinen Räumen liegenden Wohnung im besonderen Maße auf die Geräuschvermeidung geachtet wird. Insbesondere ist der Vermieter nicht daran gehindert, die Wohnung an Nutzer zu vermieten, die in der Wohnung beispielsweise musizieren oder das Springen oder Trappeln von Kindern zulassen, und zwar dies, wie es konkret der Fall ist, auf dem Parkettboden ohne zusätzlichen Teppich o.Ä. Nicht mehr hinzunehmen hätte es der Kläger zwar, wenn die Geräuschentwicklung aus der über seinen Räumen liegenden Wohnung ein sozialadäquates Maß überschreiten würde. Das vermag der Senat aber nicht festzustellen. Von den Zeugen wurde keine Geräuschentwicklung beschrieben, die nicht nach der allgemeinen Verkehrsanschauung zu erwarten wäre, wenn Kanzleiräume unterhalb einer von einer - wenn auch lebhaften - Familie bewohnten Wohnung liegen. Das gilt auch, soweit das Schwanken von Lampen und das Klappern von Türen als gelegentliche Begleiterscheinung der Geräusche beschrieben wird. Solche Erscheinungen lassen den Schluss auf eine nicht mehr sozialadäquate und angemessene Geräuschentwicklung nicht zu, sondern können durch das Schwingungsverhalten der vorhandenen Decken und Wände erklärt werden, wobei davon auszugehen ist, dass es sich angesichts des Alters und der Erscheinung des Objektes um Holzbalkendecken handelt.

    Der Senat hat insbesondere bei der Augenscheins- einnahme durch Vergleich der in der Wohnung erzeugten und in der Kanzlei hörbaren Geräusche auch nicht feststellen können, dass das Objekt "hellhöriger" ist, als es nach der äußeren Erscheinung erwartet werden muss.

    Dass die Geräuschbelastung ein sozialadäquates Maß nicht überschreitet, ergibt sich insbesondere auch aus der von den Zeugen beschriebenen Häufigkeit und Dauer der Immissionen. Aus den Aussagen der Zeugen und aus den Aufzeichnungen, die die Zeugen in Bezug genommen haben, ergibt sich, dass die Geräusche üblicherweise punktuell aufgetreten sind, und dass es immer wieder längere Unterbrechungen zwischen den Geräuschen gab. So wurden in der Arbeitswoche vom 19. bis 23.05.2008 an einem Tag drei, an drei Tagen zwei und an einem weiteren Tag ein Geräusch notiert und festgestellt. Eine längere Dauer als einige Minuten ergibt sich jeweils nicht. Der Senat kann sehr gut die Aussage des Zeugen L..... nachvollziehen, dass man im Laufe der Zeit bei Auftreten derartiger Geräusche "vielleicht genervter wird als zu Anfang", doch vermag dies auch zusammen mit dem Protokoll der Lärmbelästigungen nicht die Feststellung einer Beeinträchtigung des vertragsgemäßen Gebrauchs zu tragen. Ähnlich verhält es sich bei der Arbeitswoche vom 26. bis 30.05.2008. Dort sind für den 26. und 27.05.2008 jeweils zwei Geräusche notiert, für den 28.05.2008 eine und für den 30.05.2008 wiederum zwei. Für den 29.05.2008 findet sich keine Eintragung, obwohl es sich nicht um einen Feiertag gehandelt hat. Für die Woche vom 02. bis 06.06.2008 sind insgesamt fünf Geräusche eingetragen. Die auf Bitten des Senats vom Kläger nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichte vollständige Aufzeichnung veranlasst nicht zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, weil sich aus diesen Aufzeichnungen kein anderes Bild ergibt.

    Es bedarf keiner Entscheidung, ob jenseits der gleichsam objektbezogenen, also an Art, Alter und Erscheinungsbild des Mietobjekts ausgerichteten Bestimmung des vertragsgemäßen Gebrauchs auch eine lediglich nutzerbezogene, also allein am Nutzungszweck ausgerichtete Bestimmung eines Mindesstandards des vertragsgemäßen Gebrauchs erfolgen sollte, wie sie der Bundesgerichtshof für die Elektroinstallation in einer Altbauwohnung vorgenommen hat (BGH NZM 2004, 736). Ebenso bedarf es keine Entscheidung, ob diese Rechtsprechung auf die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten eines gewerblichen Mietobjekts ausgedehnt werden kann. Der Senat vermag nämlich nicht festzustellen, dass die vom Kläger bewiesenen Geräuschbelästigungen das Mindestmaß einer vertragsgemäßen Nutzung der Räume als Anwaltskanzlei unterschreiten. Die Geräusche mögen störend sein; einem adäquaten Betrieb einer Anwaltskanzlei stehen sie nicht entgegen.

    III.

    Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO, die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10 i.V.m. § 711 ZPO. Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Revision nicht zuzulassen, weil die Gründe des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtslage ist durch die Entscheidungen des Bundesgerichtshofes geklärt und wird nach Beweisaufnahme im Einzelfall angewendet. Soweit der Senat weiteren Klärungsbedarf insbesondere zur Frage des Mindeststandards zeitgemäßen Wohnens bzw. zeitgemäßer Gewerbenutzung sieht, gibt der Fall aus tatsächlichen Gründen keine Gelegenheit zur weiteren Klärung der Rechtsprechung.

    Der Streitwert entspricht dem 36-fachen Betrag der von dem Kläger in Betracht gezogenen Minderung von 25 %, § 48 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. § 9 ZPO, ausgehend von einer monatlichen Miete i.H.v. 4.369,65 EUR einschließlich Betriebskostenvorauszahlung und Umsatzsteuer.

    RechtsgebietMietrechtVorschriften§ 535 BGB