07.01.2014 · IWW-Abrufnummer 141314
Bundesgerichtshof: Urteil vom 25.11.2013 – AnwZ (Brfg) 10/12
Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat auf die mündliche Verhandlung vom 25. November 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richterin Lohmann, den Richter Seiters sowie die Rechtsanwälte Prof. Dr. Stüer und Dr. Martini
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12. Dezember 2011 ergangene Urteil des I. Senats des Hessischen Anwaltsgerichtshofs (1 AGH 7/11) abgeändert:
Der Widerrufsbescheid der Beklagten vom 9. Mai 2011 wird aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten um den Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen unvereinbarer Tätigkeit (§ 14 Abs. 2 Nr. 8 BRAO).
2
Der Kläger ist seit 1999 als Personalberater tätig und seit dem 10. Februar 2000 als Rechtsanwalt zugelassen. Seit dem 1. Januar 2008 ist er als Geschäftsführer der N. GmbH tätig. Gegenstand des Unternehmens ist laut Gesellschaftsvertrag die Personal- und Unternehmensberatung und die Personalvermittlung sowie alle damit direkt oder indirekt zusammenhängenden Dienstleistungen, mit Ausnahme der Rechts- und Steuerberatung. Neben der Geschäftsführung nimmt der Kläger die Tätigkeit eines Personalberaters wahr und ist dabei auch mit der Akquise befasst. Er hat laut Arbeitsvertrag folgende Aufgabengebiete: rechtliche Beratung der Gesellschaft, Entwurf und Prüfung von Verträgen, Verhandlung mit Kunden, Auftraggebern und Behörden, Vertretung der Gesellschaft und ihrer Arbeitnehmer im förmlichen Verfahren, soweit standesrechtlich zulässig. Hierbei beschränkt sich die im Vordergrund stehende Personalvermittlung nahezu ausschließlich auf Juristen, die an Kanzleien oder andere Arbeitgeber vermittelt werden; dies geschieht sowohl auf Ersuchen der Arbeitnehmer- als auch der Arbeitgeberseite. Der Kläger berät die Klienten nicht in Fragen des Personalmanagements. Ob und inwieweit sich diese personell aufstellen, indem sie Stellen schaffen, abbauen oder umbesetzen, ist nicht Gegenstand seiner Tätigkeit. Vielmehr hilft er bei der Besetzung offener Stellen, indem er nach geeigneten Fachkräften sucht (sog. Headhunting). Die Rechtsberatung der Kunden gehört weder zum Tätigkeitsfeld des Unternehmens noch des Klägers.
3
Die Beklagte hat die Zulassung des Klägers mit Bescheid vom 9. Mai 2011 wegen Unvereinbarkeit seiner Tätigkeit für die N. GmbH mit dem Beruf des Rechtsanwalts gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 8 BRAO widerrufen. Die hiergegen gerichtete Klage hat keinen Erfolg gehabt. Auf Antrag des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 12. Dezember 2012 die Berufung gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs zugelassen.
Entscheidungsgründe
4
Die Berufung des Klägers ist zulässig und führt unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung zur Aufhebung des Widerrufsbescheids.
I.
5
Nach § 14 Abs. 2 Nr. 8 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt eine Tätigkeit ausübt, die mit seinem Beruf, insbesondere seiner Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege nicht vereinbar ist oder das Vertrauen in seine Unabhängigkeit gefährden kann; dies gilt nur dann nicht, wenn der Widerruf für ihn eine unzumutbare Härte bedeuten würde.
6
1. Die Regelung des § 14 Abs. 2 Nr. 8 BRAO greift in die Freiheit der Berufswahl (Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG) ein, die grundsätzlich auch das Recht umfasst, mehrere Berufe zu wählen und nebeneinander auszuüben (vgl. nur BVerfGE 21, 173, 179; 87, 287, 316; BVerfG, BB 1993, 463 [BVerfG 18.01.1993 - 1 BvR 47/92]; NJW 2009, 3710