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  • 06.06.2014 · IWW-Abrufnummer 141670

    Amtsgericht Stuttgart: Urteil vom 20.03.2014 – 1 C 4057/12

    Eine anwaltliche Gebührenbestimmung für die gegenüber einem Verbraucher entstandene Vergütungsansprüche einer Erstberatung entspricht nicht der Billigkeit, wenn sie rein zeitabhängig und ohne Berücksichtigung des Gegenstandswerts erfolgt.


    AG Stuttgart

    20.03.2014 - 1 C 4057/12

    In dem Rechtsstreit pp.
    wegen Honorarforderung
    hat das Amtsgericht Stuttgart durch den Richter am Amtsgericht am 20.03.2014 auf die mündliche Verhandlung vom 20.02.2014
    für Recht erkannt:
    Tenor:

    1.

    Das Versäumnisurteil des AG Stuttgart vom 16.10.2012, Az.: 1 C 4057/12 wird aufgehoben.
    2.

    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 18,75 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 29.07.2012 zu bezahlen.
    3.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
    4.

    Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
    5.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110,00% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
    6.

    Die Berufung wird zugelassen.

    Streitwert: EUR 249,90
    Tatbestand

    Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger eine weitere Vergütung für dessen anwaltliche Tätigkeit zu bezahlen.

    Mit E-Mail vom 11.06.2012, welche die Beklagte von ihrer geschäftlichen E-Mail-Adresse versandte (Anl K1, Bl. 18 d. A.), nahm die Beklagte Kontakt zu dem Kläger auf. In der E-Mail schilderte die Beklagte, dass sie Probleme mit einer Fluggesellschaft hatte, weil sie an diese EUR 331,00 zusätzlich für einen Rückflug bezahlen musste, nachdem die Fluggesellschaft die Beklagte wegen eines nicht wahr genommenen Hinflugs auch von der Passagierliste für den Rückflug gestrichen hatte. In dieser Angelegenheit bat sie den Kläger um Rat sowie darum, vorab mitzuteilen, ob diese Auskunft Gebühren, gegebenenfalls in welcher Höhe, koste.

    Noch am gleichen Tag nahm der Kläger telefonisch Kontakt zur Beklagten auf. Im Zuge dieses Telefonats, dessen Dauer und genauer Inhalt streitig sind, wurde über das Anliegen der Beklagte gesprochen, wobei der Kläger jedenfalls einige Fachbegriffe verwendete und sich zu den Erfolgsaussichten eines außergerichtlichen Vorgehens äußerte. Der abschließend geäußerten Aufforderung des Klägers ein Gedächtnisprotokoll zu erstellen und dieses zusammen mit den weiteren Unterlagen hereinzureichen kam die Beklagte mit E-Mail vom 12.06.2012 (Anl. K3, Bl. 23 d. A.) nach. In dieser E-Mail teilte die Beklagte die Kontaktdaten ihrer Rechtsschutzversicherung mit.

    Nachdem die Beklagte mit E-Mail vom 20.06.2012 (Anl. K6, Bl. 35 d. A.) anfragte, ob der Kläger bereits etwas für sie habe erreichen können, antwortete der Kläger mit E-Mail vom gleichen Tag (Anl. K5, Bl. 31 d. A.), in welcher er der Beklagten eine Vergütungsvereinbarung über EUR 249,00 (brutto, einschließlich Auslagenpauschale) nebst Vollmachtserklärung übersandte. Ebenfalls mit E-Mail vom gleichen Tag (Anl. K7, Bl. 36 d. A.) antwortete die Beklagte und teilte mit, die Sache nicht weiter verfolgen zu wollen. Unter dem 21.06.2012 stellte der Kläger der Beklagte für seine Tätigkeit EUR 249,00 (brutto, einschließlich Auslagenpauschale) in Rechnung.

    Auf diese Rechnung bezahlte die Beklagte einen Betrag in Höhe von EUR 29,45.

    Der Kläger behauptet, er habe die Beklagte bereits in dem Telefonat vom 11.06.2012 darüber aufgeklärt, dass seine Tätigkeit mit EUR 249,00 zu vergüten sei. Die Beklagte habe dem unter Hinweis auf das Vorhandensein der Deckungszusage einer Rechtsschutzversicherung zugestimmt. Der Kläger habe die Angelegenheit daraufhin ausführlich mit der Beklagten besprochen und die Rechtslage unter Hinweis auf europarechtliche Vorgaben und das Montrealer Übereinkommen erläutert. Der Kläger behauptet weiter, die Bearbeitung der Angelegenheit habe insgesamt einen Zeitaufwand von 225 Minuten verursacht. Bezüglich der Teilzahlung von EUR 29,45 behauptet der Kläger, diese erst während des laufenden Verfahrens erhalten zu haben.

    Der Kläger ist der Auffassung, ihm stehe vor diesem Hintergrund die geforderte Vergütung zu. Soweit eine Gebührenvereinbarung nicht festzustellen sei, handele es sich jedenfalls um die nach § 34 Abs. 1 Satz 2 RVG geschuldete Vergütung. Dabei sei die Beklagte als Unternehmerin aufgetreten, was aber dahin stehen könne, weil die geforderte Vergütung sich ohnehin im Rahmen des § 34 Abs. 1 Satz 3 RVG halte.

    Das Gericht hat, nachdem im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 16.10.2012 für den Kläger niemand erschienen war, klagabweisendes Versäumnisurteil erlassen, welches dem Kläger am 20.10.2012 zugestellt wurde. Mit seinem - vorab per Fax - am 31.10.2012 eingegangenen - Einspruch rügt der Kläger die Gesetzmäßigkeit des Versäumnisurteils, da er nicht ordnungsgemäß geladen gewesen sei.

    Mit Schriftsatz vom 05.12.2013 hat der Kläger den Rechtsstreit in Höhe von EUR 29,45 teilweise für erledigt erklärt. Nachdem der Kläger die Klage mit dem auf Verurteilung der Beklagten in Höhe von EUR 669,38 gerichteten Hilfsantrag vom 15.10.2013 zunächst erweitert hatte (Bl. 130 d. A.), nahm er diesen Hilfsantrag im Termin vom 20.02.2014 wieder zurück (Bl. 155 d. A.).

    Der Kläger beantragt zuletzt:

    Das Versäumnisurteil vom 16.10.2012 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 220,45 nebst Zinsen in Höhe von 5% Prozentpunkten seit dem 05.08.2012 zu bezahlen und festzustellen, dass der Rechtsstreit im Übrigen erledigt ist.

    Die Beklagte - welche sich der Teilerledigterklärung nicht angeschlossen hat - beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Die Beklagte bestreitet, dass mit dem Kläger mündlich eine Vereinbarung über die Höhe der Vergütung getroffen worden sei. Sie ist weiter der Auffassung, dass sich dem Sachverhalt schon keine Beauftragung des Klägers entnehmen lasse. Jedenfalls entspreche die übliche Vergütung, welche in Ermangelung einer Gebührenvereinbarung abgerechnet werden könne, in Anlehnung an Nr. 2100 RVG (in der bis 30.006.2006 geltenden Fassung) einer 0,55 Mittelgebühr und belaufe sich daher auf die bereits bezahlten EUR 29,45. Diese Zahlung sei auch bereits am 05.07.2012 angewiesen worden, mithin deutlich vor Beantragung des Mahnbescheids am 23.07.2012, so dass ein Fall der Erledigung nicht vorliege.

    Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze und die zur Akte gelangten Unterlagen, sowie auf die Sitzungsniederschriften vom 16.10.2012, 11.12.2012 und vom 20.02.2014 Bezug genommen. Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Beklagten als Partei im Termin vom 20.02.2014 sowie durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens der RAK B.
    Entscheidungsgründe

    I.

    Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das AG Stuttgart sachlich und örtlich zuständig, nachdem sich die Beklagte, nach entsprechendem Hinweis (§ 504 ZPO), rügelos zur Sache eingelassen (§§ 23 Nr. 1 GVG, 39 ZPO), aber überwiegend unbegründet. Auf den zulässigen Einspruch (§§ 338, 339 ZPO) des Klägers war daher das Versäumnisurteil vom 16.10.2012 aufzuheben und die Beklagte lediglich zu einer weiteren Zahlung von EUR 18,75 zu verurteilen. Die Frage, ob die Voraussetzungen für den Erlass des Versäumnisurteils vorlagen, konnte insoweit dahin stehen, da sich die Einspruchsprüfung auf die inhaltliche Richtigkeit des Versäumnisurteils beschränkt (vergl. MüKo/Prütting, ZPO, 4. Auflg., 2013, § 343 Rn. 11 m. w. N.).

    II.

    Der Kläger kann aufgrund der für die Beklagte erbrachten Erstberatung lediglich einen Betrag in Höhe von EUR 48,20 beanspruchen, weshalb die Beklagte - nach unstreitiger Teilzahlung in Höhe von EUR 29,45 - noch zu einer Zahlung von 18,75 zu verurteilen war. Soweit der Kläger eine Gebührenbestimmung in Höhe von EUR 249,90 vorgenommen hat, liegt darin keine billige Ermessensausübung (§§ 34 Abs. 1 Satz 3, 14 RVG i. V. m. 612, 315 BGB), weshalb die durch den Kläger vorgenommene Gebührenbestimmung durch die gerichtliche Bestimmung zu ersetzen war.

    1. Dass zwischen den Parteien zumindest ein Anwaltsvertrag bezüglich einer Erstberatung, wobei es sich um eine "Einstiegsberatung" handelt (vergl Mayer/Kroiß-Teubel/Winkler, RVG, 6. Auflg., 2013, § 34 Rn. 97), durch schlüssiges Verhalten zustande gekommen ist, steht bereits aufgrund des unstreitigen Sachverhalts fest (§§ 133, 157 BGB). Denn die Beklagte hat sich ratsuchend an den Kläger gewandt und eine erste Einschätzung am 11.06.2012 telefonisch erhalten.

    2. Dabei ist die Beklagte dem Kläger entgegen dessen Auffassung als Verbraucherin entgegen getreten. Maßgebend für die Frage, ob der Mandant als Verbraucher anzusehen ist, ist ob die Angelegenheit den privaten Lebensbereich oder den Bereich einer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit des Mandanten zuzuordnen ist (vergl. Teubel/Winkler, a. a. O., Rn. 98ff; Gerold/Schmidt-Mayer, RVG. 21. Auflg., 2013, § 34 Rn. 51ff, je. m. w. N.). Dass letzteres der Fall wäre, hat der Kläger weder substantiiert behauptet, noch ist hierfür etwas ersichtlich. Insbesondere vermag der Verwendung einer geschäftlichen E-Mail-Adresse insoweit kein entscheidendes Gewicht zuzukommen.

    3. Für die danach gegenüber einem Verbraucher erbrachte Erstberatung konnte der Kläger eine Vergütung nur nach Maßgabe der §§ 34 Abs. 1 Satz 3, 14 RVG i. V. m. 612, 315 BGB beanspruchen, denn eine Gebührenvereinbarung vermochte er nicht nachzuweisen. Die danach angemessene Gebühr beträgt EUR 48,20.

    a) Eine Abrechnung auf Grundlage einer Gebührenvereinbarung, deren Abschluss vorliegend formfrei möglich gewesen wäre (§ 3a Abs. 1 Satz 4 RVG), ist dem Kläger verwehrt, da er auch den Abschluss einer mündlichen Gebührenvereinbarung nicht nachzuweisen vermochte, nachdem die Beklagte dies auch im Rahmen ihrer Parteivernehmung gemäß § 445 ZPO glaubhaft bestritten hat.

    b) Gemäß § 14 Abs. 1 Satz1 RVG, welcher hier entsprechend anzuwenden ist (§ 34 Abs. 1 Satz 3 RVG), bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Dass seine Bestimmung der Billigkeit entspricht, hat der Rechtsanwalt darzulegen und im Streitfall zu beweisen. Unbillig ist eine Gebührenbestimmung nur dann, wenn die Bewertung des Sachverhalts nach den Bemessungskriterien des § 14 RVG unter Berücksichtigung der gebotenen gleichen Behandlung gleichartiger Fälle eine Gebühr ergibt, die von der vom Rechtsanwalt bestimmten Gebühr derartig abweicht, dass die Abweichung im Interesse der Gebührengerechtigkeit nicht mehr hingenommen werden kann (vergl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.04.2012, Az.: III-2 Ws 67/12 m. w. N.; sowie Gerold/Schmidt-Mayer, RVG. 21. Auflg., 2013 § 14 Rn. 6ff; Mayer/Kroiß-Winkler, RVG, 6. Auflg., 2013, § 14 Rn. 11ff; je m. w. N.). Insoweit wird dem Rechtsanwalt bei der Bestimmung einer angemessenen Rahmengebühr ein Spielraum von 20% Abweichung zur angemessenen Gebühr zugebilligt ("Toleranzgrenze"; vergl. BGH GRUR 2014, 206 Rn. 24 [BGH 13.11.2013 - X ZR 171/12] m. w. N.). Entspricht die Gebührenbestimmung danach nicht der Billigkeit, ist die billige Gebühr durch Urteil zu bestimmen (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB; vergl. Winkler, a. a. O., Rn. 54). Danach stellt sich die durch den Kläger getroffene Gebührenbestimmung von EUR 249,90 (brutto, einschließlich Auslagenpauschale) als unbillig dar. An ihre Stelle tritt die gerichtlich bestimmte Gebühr in Höhe von EUR 48,20 (brutto, einschließlich Auslagenpauschale gem. VV 7002, 7008 RVG).

    aa) Die Frage, nach welchen Kriterien die Gebührenbestimmung für eine anwaltliche Erstberatung gegenüber einem Verbraucher im Einzelnen zu erfolgen hat, ist soweit ersichtlich bislang weder in Rechtsprechung noch in Literatur hinreichend geklärt (ebenso Mayer/Kroiß-Teubel/Winkler, RVG, 6. Auflg., 2013, § 34 Rn. 107). Ausgangspunkt für die Bestimmung der angemessenen Gebühr ist zunächst der Umstand, dass der Gesetzgeber den Gebührentatbestand gem. Nr. 2100 VV RVG (in der bis 30.06.2006 geltenden Fassung; i. d. F.: a. F.) beseitigt hat und es dem Rechtsanwalt - der den gesetzgeberischen Appell, eine Gebührenvereinbarung zu treffen, nicht umsetzt - damit überlassen hat, die angemessene Gebühr zu bestimmen. Ein schlichter Rückgriff auf den durch den Gesetzgeber abgeschafften Gebührentatbestand (Nr. 2100 VV RVG a. F.) erscheint insoweit nicht angezeigt, da sich dies schwerlich mit dem Willen des Gesetzgebers vereinbaren ließe, der diesen Tatbestand gerade abgeschafft hat (i.E. ebenso Gerold/Schmidt-Mayer, RVG. 21. Auflg., 2013, § 34 Rn. 47).

    Ebenso wenig entspräche es aber im Rahmen der hier fraglichen Bestimmung der gegenüber einem Verbraucher angemessenen Gebühr der Billigkeit, schlicht ein Zeithonorar von EUR 150,00 pro Stunde als angemessen anzusehen, auch wenn dies der übliche Stundensatz für die Vergütung eines Rechtsanwalts sein mag (vergl. Gutachten der RAK Berlin vom 18.07.2013; Bl. 115 d. A.). Denn dies ließe außer Betracht, dass gem. § 14 RVG ein maßgebendes Bewertungskriterium die Bedeutung der Angelegenheit und damit auch der Gegenstandswert ist. Dieser ist zwar regelmäßig im Rahmen der Gebührenbestimmung gemäß § 14 RVG nicht gesondert zu berücksichtigen, da er bereits über die Verknüpfung mit den Wertgebühren in die abzubrechende Gebührenhöhe einfließt (vergl. Gerold/Schmidt-Mayer, RVG. 21. Auflg., 2013, § 14 Rn. 17 m. w. N.). Da dies in Fällen der vorliegenden Art im Ausgangspunkt jedoch gerade nicht der Fall ist, kommt dem Gegenstandswert eine wichtige Rolle bei der Bestimmung der angemessenen Gebühr zu (i.E. ähnlich: Bischof/Jungbauer-Bischof; RVG, 4. Auflg., 2011, § 34 Rn. 48, der jedoch betont, dass nicht allein auf den Streitwert abzustellen ist; sowie Mayer, a. a. O., § 34, Rn. 49). Für die Berücksichtigung des Streitwerts spricht auch, dass auf diese Weise Wertungswidersprüche vermieden werden. Denn in Fällen, in denen der Auftrag nach der Erstberatung auf die außergerichtliche Vertretung ausgeweitet würde, wäre die Gebühr für die Erstberatung in Ermangelung einer Gebührenvereinbarung gem. § 34 Abs. 2 RVG anzurechnen. Es erschiene aber gebührenrechtlich nicht stimmig, wenn eine angemessen bestimmte Gebühr für die - regelmäßig weniger umfangreiche - Erstberatung die vorgerichtliche Geschäftsgebühr für die - regelmäßig umfangreichere - Tätigkeit im Rahmen der außergerichtlichen Vertretung übersteigen würde. Zudem kann nicht außer Betracht bleiben, dass die Einführung der Erstberatungsgebühr - die im Grundsatz beibehalten werden sollte (vergl. BT Drcks. 15/1971, S. 238) - den Schritt zum Anwalt erleichtern sollte (Teubel/Winkler, a. a. O., Rn. 94). Die Bestimmung der Erstberatungsgebühr allein an Hand eines Zeithonorars, würde dieses ursprüngliche gesetzgeberische Ziel bei niedrigen Streitwerten aber konterkarieren. Dafür, dass der Gesetzgeber derartiges mit der Abschaffung der Nr. 2100 VV RVG a. F. bezweckte, ist nichts ersichtlich.

    bb) Die angemessene Gebühr ist daher nach Auffassung des Gerichts in Anlehnung an den Gebührentatbestand der Nr. 2100 VV RVG (in der ab 01.07.2006 geltenden Fassung; i. d. F.: "n. F.") zu bestimmen. Ausschlaggebend hierfür ist zunächst, dass nach dem oben Gesagten auf eine Verknüpfung der Gebührenhöhe mit dem Streitwert nicht verzichtet werden kann. Soweit in der Literatur befürwortet wird, den Streitwert im Rahmen einer wertenden Einzelfallbetrachtung einfließen zu lassen und jeweils mit den übrigen Kriterien des § 14 RVG abzuwägen (Bischof, a. a. O. Rn. 49), erscheint dies problembehaftet und streitanfällig. Praxistauglicher erscheint es dem Gericht auf den aktuellen Gebührentatbestand, der einer Erstberatung am ähnlichsten ist (Nr. 2100 VV RVG n. F.), zurückzugreifen, da die dort enthaltene Rahmengebühr die Berücksichtigung der übrigen Wertungskriterien des § 14 RVG ebenfalls ermöglicht.

    Eine Überschreitung der sich hieraus ergebenden Mittelgebühr (0,75) ist im vorliegenden Fall nicht angezeigt. Zwar ist dem Kläger nicht abzusprechen, dass zur sachgerechten Bearbeitung der streitgegenständlichen Angelegenheit Spezialkenntnisse im Bereich der Fluggastrechte erforderlich waren. Dieser Umstand wird jedoch dadurch aufgewogen, dass es sich um einen einfach gelagerten Sachverhalt handelt. Die angemessene Gebühr beträgt demnach EUR 48,20 (0,75 Gebühr aus einem Gegenstandswert von EUR 331, zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer). Da die durch den Kläger bestimmte Gebühr weit außerhalb der sich hieraus ergebenden Toleranzgrenzen liegt, kann seine Gebührenbestimmung keinen Bestand haben und war durch die gerichtlich bestimmte Gebühr zu ersetzen.

    4. Soweit der Kläger mit seiner einseitig gebliebenen Teilerledigterklärung die Feststellung begehrt, der Rechtsstreit habe sich hinsichtlich der Teilzahlung in Höhe von EUR 29,45 - die der Kläger angenommen hat und welcher folglich Erfüllungswirkung zukommt (zutreffend Palandt/Heinrichs, BGB, 72. Auflg., 2013 § 266 Rn. 10) - erledigt, kann er damit nicht durchdringen, da er für den Zeitpunkt des Zahlungseingangs auch auf richterlichen Hinweis keinen Beweis angeboten hat.

    III.

    Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 286 Abs. 1 Satz 2; 288 Abs. 1 BGB, die Kostenentscheidung aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11; 711 ZPO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG, wonach der Hilfsantrag unberücksichtigt zu bleiben hatte, nachdem er nicht zur Entscheidung gestellt wurde.

    Die Berufung war gemäß § 511 Abs. 4 ZPO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.

    RechtsgebieteRVG, BGBVorschriften§ 14 RVG; § 34 Abs. 1 S. 3 RVG; § 315 BGB; § 612 BGB