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  • 22.02.2017 · IWW-Abrufnummer 192081

    Landgericht Berlin: Urteil vom 25.09.2012 – 29 O 681/11

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    LG Berlin

    25.09.2012

    29 O 681/11

    In dem Rechtsstreit
    1. des Herrn Rechtsanwalt xxxx,
    2. des Herrn Rechtsanwalt xxxxx,
    beide xxxx Berlin,
    Kläger,
    - Prozessbevollmächtigte:
    Rechtsanwälte xxxx Berlin,-
    g e g e n
    die xxxxx Luxembourg,
    Luxemburg,
    Beklagte,
    - Prozessbevollmächtigte:
    Rechtsanwälte xxxx Berlin,-

    hat die Zivilkammer 29 des Landgerichts Berlin in Berlin-Charlottenburg, Tegeler Weg 17-21, 10589 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 03.07.2012 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht xxxx als Einzelrichter

    für Recht erkannt:

    Tenor:

    1. Die Klage wird abgewiesen.
    2. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
    3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

    Tatbestand

    1

    Die klagenden Rechtsanwälte unterzeichneten unter dem 19.7.2007 als Mieter einen formularmäßigen Mietvertrag über Kanzleiräume im Hause xxxxx 67 nebst zwei KFZ-Stellplätzen für monatlich insgesamt 6295,10 € mit der Beklagten. Die Größe der Mieträume ist in § 1 des Vertrages mit ca. 330 qm angegeben. Ferner nimmt § 2 des Vertrages auf einen in der Anlage 1 paraphierten Grundriss Bezug, dessen Vorhandensein bei Unterzeichnung streitig ist. Dieser Grundriss sollte die von der beklagten Vermieterin herzurichtende Aufteilung /neue Wände der auf die speziellen Bedürfnisse eines Vormieter zugeschnittenen Einheit beinhalten. Die Parteien streiten darüber, ob die zum 1.2.2008 übergebenen Mieträume der Gesamtgröße von ca. 330 qm haben sollten und haben oder in minderungsrelevantem Umstand dahinter zurückbleiben.

    2

    Aufgrund einer Anfrage der Kläger übersandte die Beklagte unter dem 18.5.2010 den Mietvertrag in zweifacher Ausführung mit der Bitte, beide Exemplare zu unterzeichnen und ein Exemplar dann zurückzuschicken. Jedenfalls diesen von den Klägern dann unterzeichnen Mietvertragsexemplaren war die von der Beklagten als Anlage B 1 in Kopie eingereichte, paraphierte und als Anlage 1 beschriftete Anlage beigefügt, aus der sich der Zuschnitt und die jeweilige Größe der einzelnen Raumflächen der Mieteinheit über die Aufteilung und Größe ersichtlich sind. Diese von den planenden Architekten der Beklagten erstellten und den Klägern zwecks Billigung übersandten Grundrissplan hatten die Kläger gebilligt und ausweislich der Faxleiste auf der Anlage am 11.10.2007 per Fax an die Architekten zurückgesandt.

    3

    Mit der Klage verlangen die Kläger für die Monate Februar bis Dezember 2008 Rückzahlung der Nettokaltmiete zzgl. MwSt. für die Gewerberäume (je 515,42 €) sowie ein von ihnen wegen der Flächenabweichung errechnetes Guthaben aus der Betriebskostenabrechnung 2008 (693,85 €).

    4

    Die Kläger behaupteten, die Fläche der Mieträume betrage nach DIN 277 unter Abzug der Flächen für Betonpfeiler und Wände netto nur 296,76 qm. Die im Mietvertrag genannte Größe von 330 qm sei von Anfang an Kalkulations- und Verhandlungsgrundlage der mit 13 €/qm verhandelten Miete gewesen. Ein vermaßter Grundriss habe bei Unterzeichnung im Oktober 2007 nicht vorgelegen. Ihnen sei lediglich eine in Kopie als Anlage K 8 eingereichte grobe Skizze mit einigen Maßvorschlägen übergeben worden, die dazu dienen sollte, die Planung der Kläger zu unterstützen. Der Verhandlungsführer der Beklagten habe damals auch erklärt, zeichnungsberechtigt zu sein, jedoch würde es sich bei dem unterzeichneten Vertrag nicht um das endgültige Mietvertragsexemplar handeln, sondern dieses würde direkt bei der Beklagten in Luxemburg ausgefertigt und den Klägern zur Unterschrift zugesandt. Auch nach dem 19.10.2007 sei die Planung über die Raumausgestaltung noch weitergegangen.

    5

    Die Kläger beantragen,

    die Beklagten zu verurteilen, an die Kläger als gemeinsame Gläubiger 6363,48 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Klagezustellung zu zahlen.

    6

    Die Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    7

    Sie behauptete, die als Anlage B 1 in Kopie vorgelegte Anlage habe auch bei Unterzeichnung am 19.7.2010 vorgelegen. Die Parteien seien sich einig gewesen, dass die Flächenangabe im Mietvertrag nicht die Beschaffenheit der Mieträume habe festlegen und maßgeblich insoweit allein die Flächenangaben des Grundrisses hätten sein sollen.

    Entscheidungsgründe

    8

    I. Die zulässige Klage ist unbegründet.

    9

    1) Die Kläger können nicht gemäß §§ 812 Abs. 1 S. 1, 536 BGB die geltend gemachte minderungsbedingte Überzahlung der Nettokaltmiete zzgl.- MwSt. von der Beklagten verlangen. Denn entgegen der Ansicht der Kläger ist die Miete nicht gemindert gewesen, sodass eine rechtsgrundlose Überzahlung nicht vorliegt.

    10

    Im Ausgangspunkt zutreffend gehen die Kläger davon aus, dass nach der Rechtsprechung des BGH (NZM 2005, 500 [BGH 04.05.2005 - XII ZR 254/01]) ein zur Minderung führender Mangel dann ohne Weiteres anzunehmen ist, wenn die vereinbarte Mietfläche um mehr als 10 % von der tatsächlichen Mietfläche abweicht. Diese Voraussetzung ist aber nicht gegeben.

    11

    Es begegnet bereits Bedenken, ob überhaupt davon ausgegangen werden kann, dass eine Mietfläche von 330 qm geschuldet war. Denn selbst wenn die Anlage 1 zum Mietvertrag seinerzeit bei Unterzeichnung im Oktober 2010 nicht vorgelegen hätte, wie die Kläger geltend machen, so war sie und ihre Bedeutung für die Herrichtung der Mietfläche den Klägern zu diesem Zeitpunkt aber jedenfalls bekannt. Denn sie haben eben diesen Grundriss unwidersprochen zwecks Billigung an das für die Planung der Räume zuständige Architekturbüro der Beklagten zurückgesandt. Aus den raumweisen Größenangaben war unschwer zu erkennen, dass die qm-Meter-Summe nur bei 300 qm lag. Letztlich kann diese Frage aber hier offenbleiben. Denn auch wenn man annimmt, die Größenangabe von ca. 330 qm im Mietvertrag sei als Beschaffenheit vereinbart, erreicht die Flächendifferenz nicht eine Abweichung von mehr als 10 %. Die Kläger kommen nur dadurch zu einem anderen Ergebnis, weil sie die reine Nettonutzfläche unter Ausschluss der Wandkonstruktionsflächen und der vorhandenen Pfeiler zugrunde legen. Derartiges haben die Parteien indes nicht vereinbart. Der Mietvertrag enthält keinerlei Angaben dazu, wie die dort genannten 330 qm ermittelt worden sind, oder dass es sich um die reine Nettonutzfläche handeln soll. Da für Gewerberäume indes keine allgemein anerkannte Berechnungsmethode existiert, muss ein Mieter, wenn er die Flächenberechnung des Vermieters nicht hinterfragt, sich gefallen lassen, dass der Vermieter ihm die Mietfläche durch eine mögliche und zulässige Berechnung nachweist (OLG Düsseldorf GE 2012, 616; KG GE 2002257 und GE 2006, 53). Das kann demnach somit auch eine Bruttofläche nach DIN 277 sein. Vorliegend erscheint dies sogar besonders nahe liegend, weil die Mieter selbst die Raumaufteilung und damit auch Lage und Anzahl von Trennwänden bestimmen können sollten. Auf diese Weise disponieren sie letztlich über die Gesamtfläche innerhalb der Außenwände. Dies ist im Termin auch mit den Parteien erörtert worden. Dass die Mietfläche unter Berücksichtigung der Konstruktionsfläche der Innenwände die für die Minderung hier maßgebliche Fläche von 297 qm (330 qm * 90 %) unterschreitet, behaupten die Kläger selbst nicht und ist angesichts des Umstandes, dass sich allein unter Abzug der Pfeilerflächen schon 296,76 qm ergeben sollen, bei einer Aufteilung in 10 Räume nebst entlang führendem Flur auch nicht ersichtlich. Es kann daher hier sogar offenbleiben, ob die Pfeiler ebenfalls zulasten der Kläger bei der Ermittlung der Mietflächen zu berücksichtigen wären. Allein diese Fläche beträgt nach Angaben der Kläger 4,45 qm, da sich die Abzüge in der raumweisen Flächenberechnung (nur) auf die jeweiligen Pfeiler beziehen sollen.

    12

    Ergänzend sei noch darauf hingewiesen, dass den Klägern selbst dann die Berufung auf eine Minderung verwehrt wäre, wenn man entgegen den vorstehenden Ausführungen annehmen wollte, dass eine Nettonutzfläche von 330 qm als Beschaffenheit der Mieträume vereinbart gewesen sei. Denn in diesem Fall wäre den Klägern vorzuhalten, dass sie bei Vertragsschluss zumindest grob fahrlässig den Mangel der kleineren Fläche nicht erkannt haben, und daher Gewährleistungsansprüche gemäß § 536 b BGB ausgeschlossen wären. Wie bereits erwähnt, war der vermaßte Grundriss zur Herstellung der von der Beklagten geschuldeten Zuschnitts der Mietfläche, dessen Beifügung bei Unterzeichnung des Mietvertrages im Oktober 2007 streitig ist, den Klägern jedenfalls bekannt. Daraus ergab sich leicht erkennbar, dass die Nutzfläche maximal 300 qm betragen konnte. Dem steht nicht die von den Klägern zitierte Rechtsprechung des BGH entgegen (VIII ZR 302/78= NJW 1980, 777 [BGH 28.11.1979 - VIII ZR 302/78]; XII ZR 139/05= NJW-RR 2007, 1021 [BGH 18.04.2007 - XII ZR 139/05]), wonach den Mieter grundsätzlich keine Untersuchungs- und Erkundigungspflicht trifft. Da dies nur grundsätzlich gilt, bleibt Raum für eine abweichende Beurteilung im Einzelfall. Zu einer grob fahrlässigen Unkenntnis im Sinne des § 536b BGB gehört, dass die Umstände, die auf bestimmte Hindernisse hindeuten, den Verdacht eines dadurch begründeten Mangels besonders nahe legen, und dass der Mieter dennoch ihm ohne weiteres zumutbare Nachforschungen unterlassen hat (BGH a.a.O.). Hier lag die Besonderheit darin, dass die Mieter nicht bereits fertig hergerichtete Räume gemietet haben und sich auf die Angaben des Vermieters über deren Beschaffenheit im Mietvertrag verlassen mussten und konnten. Hier sollten vielmehr die Mieter aktiv an der Gestaltung und Herrichtung der Mietfläche, namentlich Größe und Aufteilung der einzelnen Räume mitbestimmen und mitplanen. Dafür war den Klägern vor Vertragsschluss eine vermaßte Grundriss mit raumweisen Größenangaben übermittelt worden, mit denen sie sich naturgemäß auseinandersetzen mussten. Der daraus ohne Weiteres erkennbare Umstand, dass die Flächensumme von der Angabe im nachfolgenden und zuvor aus Basis von 330 qm verhandelten Mietvertrag abwich, legte besonders nahe, dass diese mietvertraglichen Angaben unzutreffend sein konnten, und hätten den Klägern hinreichenden Anlass zu konkreten Nachfragen bzw. zur Aufklärung der Diskrepanz vor Unterzeichnung des Mietvertrages gegeben. Dass sich die Kläger dieser leicht erkennbaren Diskrepanz nicht nachgegangen sind, sondern den Mietvertrag ohne Weiteres und sogar ihren Angaben nach ohne Beifügung des dort in Bezug genommenen Grundrisses unterzeichnet hätten, begründet einen als grobe Fahrlässigkeit zu wertenden Sorgfaltsverstoß, der Gewährleistungsansprüche insoweit ausschließt. Entgegen der Ansicht der Kläger kann nicht für diesen Fall von arglistigem Verschweigen des Mangels durch die beklagte ausgegangen werden, die gleichwohl im Mietvertrag eine Mietfläche mit ca. 330 qm angegeben habe. Von Arglist kann abgesehen davon, dass nicht vereinbart war, dass sich die Angabe auf die Nettonutzfläche bezieht, ergab sich aus der vom Architektenbüro der beklagten übersandten Grundrisses ja gerade erkennbar die Abweichung.

    13

    2) Die Kläger können auch nicht Auskehrung eines Überschusses ihrer Nebenkostenvorauszahlungen über den letztlich von ihnen abrechnungsgemäß zu tragenden Anteil aus dem Mietvertrag verlangen. Der geltend gemachte Überschuss besteht nicht, und zwar auch dann nicht, wenn berücksichtigt wird, dass den Klägern anteilige kosten für das gesamte Jahr 2008 belastet wurden, obwohl die Mieträume erst zum 1.2.2008 übergeben wurden. Denn der Überschussermittlung der Kläger liegt wiederum die unzutreffende Annahme einer geringeren zu berücksichtigen Mietfläche zugrunde. Denn auch hinsichtlich der Nebenkostenabrechnung kommt eine Minderung bzw. Berücksichtigung einer tatsächlich kleineren Mietfläche erst in Betracht, wenn die Abweichung die 10 % -Grenze überschritten hat (BGH NZM 2008, 35 [BGH 31.10.2007 - VIII ZR 261/06]). Im Übrigen lassen die Kläger außer Betracht, dass sich die Berücksichtigung einer tatsächlich geringeren Mietfläche notwendig auch auf die Gesamtfläche auswirken müsste, sodass der Divisor ebenfalls kleiner und der Kostenanteil pro qm daher insoweit höher wird. Schon wenn man unter Vernachlässigung des eben genannten Punktes nur die Zuvielbelastung für einen Monat berücksichtigt, ergäben sich statt 6936,81 € netto zzgl. Aufzugskosten von 633,21 € und Lastenaufzugskosten von 209,50 € anteilige Betriebskosten von 6358,74 € und für den Lastenaufzug statt 209,50 € (insgesamt netto 7779,52 €) nur 11/12 davon, also 7131,23 €. Diesen anteiligen Kosten stehen ausweislich der eingereichten Abrechnung Vorschusszahlungen in Höhe von 7040 € netto gegenüber.

    14

    II. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

    RechtsgebietBGBVorschriften§ 536b BGB