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  • 19.09.2017 · IWW-Abrufnummer 196559

    Bayerischer Verwaltungsgerichtshof: Beschluss vom 24.07.2017 – 20 ZB 17.984

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Verwaltungsgerichtshof Bayern

    Beschl. v. 24.07.2017

    Az.: 20 ZB 17.984

    Tenor:

    I. Das mit Schriftsatz vom 16. Mai 2017 gestellte Ablehnungsgesuch wird verworfen.
    II. Die Anhörungsrüge wird zurückgewiesen.
    III. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

    Gründe

    1

    Der im Schreiben des Klägers vom 16. Mai 2017 gestellte Befangenheitsantrag "gegen die sachbefassten Richter" ist unzulässig, weil er rechtsmissbräuchlich und daher unbeachtlich ist.

    2

    Ein Ablehnungsgesuch kann unter Mitwirkung der abgelehnten Richter als unzulässig verworfen werden oder überhaupt unberücksichtigt bleiben, wenn sich der Befangenheitsantrag als offenbarer Missbrauch des Ablehnungsrechts darstellt. Davon ist auszugehen, wenn ein zur Annahme der Besorgnis der Befangenheit geeigneter Grund weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht wird, vielmehr das Vorbringen des Klägers von vornherein ersichtlich ungeeignet ist, die Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen (BVerwG, B.v. 14.12.2012 - 2 KSt 1.11 - NVwZ 2013, 225 [BVerwG 14.11.2012 - BVerwG 2 KSt 1.11]). Der Ablehnungsgrund muss durch nachvollziehbaren Bezug zum konkreten Rechtsstreit wenigstens ansatzweise substantiiert werden; bloße Wertungen ohne Tatsachensubstanz genügen hierfür nicht (BVerwG, B.v. 7.8.1997 - 11 B 18.97 - BayVBl 1998, 59).

    3

    Diese Voraussetzungen einer Verwerfung des Ablehnungsgesuchs als rechtsmissbräuchlich sind hier gegeben, da die Begründung des Ablehnungsgesuchs keinen konkreten Anhaltspunkt für die Besorgnis enthält, dass die abgelehnten Richter voreingenommen sein könnten. Allein die Rüge der unrichtigen Sachbehandlung ist nicht in der Lage, die Befangenheit eines ganzen Spruchkörpers eines Gerichtes zu rechtfertigen. Soweit der Kläger meint, sein Antrag auf Beiordnung eines Notanwaltes nach § 78b ZPO sei bewusst unzutreffend als Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ausgelegt worden, bestehen hierfür keine Anhaltspunkte; der Kläger macht auch keine geltend. Er zieht lediglich den Schluss, dass eine unrichtige Sachbehandlung bewusst, also vorsätzlich vorgenommen wurde.

    4

    Dem Kläger ist allerdings zuzugeben, dass sein Antrag auf Beiordnung eines Notanwaltes nach § 78 b ZPO irrtümlich als Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Anwalts behandelt wurde. Dadurch hat der erkennende Senat gegen das Recht des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs verstoßen. Allerdings führt die vom Kläger erhobene Anhörungsrüge nach § 152 a VwGO nicht zum Erfolg, weil der Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt worden ist. Entscheidungserheblichkeit erfordert im Zusammenhang des § 152 a VwGO nur, dass ausgeschlossen sein muss, dass bei Gewährung des rechtlichen Gehörs in gleicher Weise zu entscheiden gewesen sein würde. Es ist nicht der Sinn der Anhörungsrüge, das Verfahren selbst unter Heilung des Gehörsverstoßes bis zur Entscheidungsreife zu bringen, um sie dann gegebenenfalls zurückzuweisen (Happ in: Eyermann, VwGO, 14. Auflage, § 152a Rn 11).

    5

    So liegt der Fall hier, weil der Antrag des Klägers auf Beiordnung eines Notanwalts nicht begründet ist. Nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 78b ZPO ist einem Verfahrensbeteiligten auf dessen Antrag hin, soweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist (wie hier gemäß § 67 Abs. 4 VwGO), durch Beschluss für den Rechtszug ein Rechtsanwalt zur Wahrung seiner Rechte beizuordnen, wenn er einen zu seiner Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint. Ungeschriebene Tatbestandsvoraussetzung ist weiter, dass der Verfahrensbeteiligte nicht mittellos ist (andernfalls wäre sein Antrag nach den Vorgaben des Prozesskostenhilferechts gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 114 ff. ZPO zu behandeln; vgl. BGH, B.v. 25.1.1966 - VZR 166/63 - MDR 1966, 308); dass er mittellos sei, macht der Kläger nicht geltend.

    6

    Die Voraussetzungen für die Bestellung eines Notanwalts sind in zweifacher Hinsicht nicht erfüllt: Zum einen hat der Kläger nicht in der gebotenen Weise dargelegt, dass er sich erfolglos um eine anwaltliche Vertretung für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde bemüht hat; zum anderen erscheint seine Rechtsverfolgung bzw.- verteidigung auch aussichtslos.

    7

    Nach allgemeiner Ansicht in der überwiegend zivilrechtlichen Rechtsprechung und Literatur muss der Verfahrensbeteiligte substantiiert darlegen und glaubhaft machen, dass er sich erfolglos darum bemüht hat, einen Rechtsanwalt für die Prozessvertretung zu gewinnen (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 78b Rn. 4; Weth, in: Musielak, ZPO, 7. Aufl. 2009, § 78b Rn. 4, jeweils m.w.N.). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss der Betroffene substantiiert dartun, dass er sich zumindest an mehr als vier (beim Bundesgerichtshof zugelassene) Rechtsanwälte gewandt hat, bei denen er erfolglos wegen einer Übernahme des Mandats angefragt hat, und dies gegebenenfalls nachweisen (vgl. BGH, B.v. 16.2.2004 - IV ZR 290/03 - NJW-RR 2004, 864 m.w.N.). Der Kläger macht geltend, dass er sich an drei Rechtsanwälte und einen Steuerberater gewendet hat, sodass es offen bleiben kann, ob die Anzahl von vier möglichen Prozessbevollmächtigten hier nicht ausnahmsweise ausreichend erscheint. Erforderlich ist nach Auffassung des Senats jedoch zusätzlich, dass der Rechtsschutzsuchende innerhalb der Einlegungsfrist substantiiert darlegt und glaubhaft macht, rechtzeitig alles ihm Zumutbare getan zu haben, um sich vertreten zu lassen. Dieser Darlegungspflicht hat der Kläger nicht Genüge getan. Sein Vorbringen erschöpft sich in der bloßen Behauptung, er habe bislang vergeblich nach einem vertretungsbereiten Rechtsanwalt gesucht, aber niemanden gefunden. Die Umstände oder die Begründung der behaupteten Absagen werden jedoch nicht genannt. Der Kläger beschränkt sich in seinem Vortrag darauf, dass er die genannten Rechtsanwälte und Steuerberater persönlich kontaktiert habe. Dies ist jedoch alleine nicht ausreichend.

    8

    Unabhängig davon erscheint die Rechtsverfolgung oder -verteidigung des Klägers auch aussichtslos. Mit dem Begriff der "Aussichtslosigkeit" stellt das Gesetz für die Beiordnung eines Notanwalts i.S.v. § 78b Abs. 1 ZPO einen - aus Sicht des Antragstellers - weniger strengen Maßstab auf als im Rahmen der Gewährung von Prozesskostenhilfe mit dem Erfordernis der "hinreichenden Aussicht auf Erfolg" (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO) verlangt wird. Dies findet seine Rechtfertigung darin, dass hier nicht die Staatskasse vor einer unnützen Inanspruchnahme wegen der Kosten einer Rechtsverfolgung oder -verteidigung geschützt werden muss, die wenig Aussicht auf Erfolg hat. Aussichtslosigkeit i.S.v. § 78b Abs. 1 ZPO besteht, wenn ein günstiges Ergebnis auch bei anwaltlicher Beratung ganz offenbar nicht erreicht werden kann (vgl. BGH, B.v. 6.7.1988 - IVb ZB 147/87 - FamRZ 1988, 1152 <1153>; Zöller/Vollkommer, ZPO, a.a.O. § 78b Rn. 5; Weth, in: Musielak, ZPO, a.a.O. § 78b Rn. 6; jeweils m.w.N.)

    9

    Diesen Anforderungen genügt das Rechtsschutzbegehren des Klägers nicht. Es erscheint aussichtslos i.S.v. § 78b Abs. 1 ZPO. Der Kläger macht in seinen verschiedenen Schreiben an den Senat zunächst die Aufrechnung wegen Gesundheitsschäden gegen den Gebührenbescheid geltend. Insoweit macht der Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend, die nicht gerechtfertigt sind. Eine Aufrechnung scheitert bereits daran, dass ein Gebührenschuldner nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 a) KAG i.V.m. § 226 Abs. 3 AO nur mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Gegenansprüchen aufrechnen kann. Beides ist hier offensichtlich nicht der Fall. Weiter macht der Kläger einen Anspruch auf Erlass der Gebührenschuld nach § 227 AO geltend. Aus dem Vortrag des Klägers ist aber bereits nicht ersichtlich, warum die Einziehung der Gebühren eine unbillige Härte darstellt. Gleiches gilt für den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung.

    10

    Die Kosten der erfolglosen Anhörungsrüge sind gemäß § 154 Abs. 1 VwGO dem Kläger aufzuerlegen. Gerichtskosten werden nach § 21 GKG nicht erhoben.

    11

    Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO).